Kultur

In der Zeit des moralischen Verfalls

12.10.2023 • 23:00 Uhr
Schauspieler Aaron Hitz (rechts) und Max Merker (links) in der Inszenierung mit Maximilian Kraus. <br><span class="copyright">Anja Koehler</span>
Schauspieler Aaron Hitz (rechts) und Max Merker (links) in der Inszenierung mit Maximilian Kraus.
Anja Koehler

Ab heute ist „Fabian“ nach dem Roman von Erich Kästner im Landestheater zu sehen. Aaron Hitz spricht über die Inszenierung und seinen Zugang zur Figur.

Unentschlossen und des­orientiert lässt sich Jakob Fabian in Berlin treiben. Die Gesellschaft ist im Umbruch und die Wirtschaft in der Krise. Es ist eine Zeit des politischen und moralischen Verfalls, in der der Germanist Fabian schon längst den Glauben an eine positive Veränderung verloren hat. „Trotzdem will er in sich selbst an dem Guten festhalten“, beschreibt der Schauspieler Aaron Hitz, Erich Kästners Figur, die er heute Abend auf die Bühne des Vorarlberger Landestheaters bringt. „Man schaut eigentlich als Zuschauer einem Verkehrsunfall zu.“

Parallelen zum Autor

Der Regisseur Max Merker hat das Stück nach dem Roman von Erich Kästner (in Koproduktion mit dem Tobs Theater Biel Solothurn) entwickelt, das heute erstmals in Bregenz zu sehen ist. Die Handlung spielt kurz vor der Machtergreifung Hitlers. 1931 ist die erste Ausgabe erschienen, zwei Jahre später wurde das Buch von den Nazis verbrannt. Kästner war selbst bei der Bücherverbrennung dabei.

Es gibt viele Parallelen im Roman, beschreibt Hitz seine Figur. So habe Fabian autobiografische Züge zu dem 1899 geborenen Schriftsteller. „Erich Kästner hat geschrieben, Fabian schreibt auch.“ So wie Fabian ist auch Kästner in Dresden aufgewachsen und genau wie der Autor zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist auch Fabian 32 Jahre alt. Parallelen zu Fabian habe Hitz auch bei sich selbst gefunden. „Über Charakterzüge konnte ich mir die Figur zu einem gewissen Grad annähern.“ Vor allem in seiner Denkweise und seinen Handlungen könne er Fabian sehr gut nachvollziehen. „Er hat ein Ziel, das er aber gleichzeitig als nicht realisierbar empfindet“, so Hitz. „Die Schwierigkeit liegt dann eher darin, das, was man bei sich findet, auf eine theatrale Art auf die Bühne zu übertragen.“

Tragischer Stoff

Bereits seit fünfzehn Jahren arbeitet Aaron Hitz mit Max Merker zusammen – als Schauspieler, aber auch in der Regie. Beide verbindet ihr Sinn für körperintensives Theater. Mit viel Slapstick und surrealen Momenten haben sie sich zuletzt in „Kafka in Farbe“ dem Werk und der Biografie von Franz Kafka angenähert. Bei der Produktion „Fabian“ ist die Geschichte von Erich Kästner jedoch klar vorgegeben. „Es ist ein tragischer Stoff“, es liege aber auch eine Komik darin, die in der Inszenierung zum Vorschein komme. „Was Max Merker immer sucht, sind die wirklichen Theatermomente. Das ist immer eine theatrale Situation, die geschaffen wird, über die der Text dann laufen kann. Manchmal ist das abstrakt, manchmal wird’s über die Musik erzählt, über Bilder oder über Bewegungen …“, erklärt Hitz. „Wir erzählen diese Geschichte mit fünf Schauspielern, ich spiele immer dieselbe Figur, aber die anderen spielen jeweils zwischen fünf und acht Figuren, was dem Ganzen auch ein Tempo gibt.“

In der Inszenierung hätten Hitz und Merker versucht, Kästners Roman in die Moderne rüberzuziehen, und trotzdem am Inhalt der Geschichte nah dranzubleiben. Denn an der Art und Weise, wie Kästner über Fabian redet, merke man, dass der Roman fast 100 Jahre alt sei. „Manchmal hatte ich beim Lesen das Gefühl, es geht so in Richtung Macho-Gehabe, wenn Fabian oder sein Freund Labude ihre Sprüche klopfen. Eigentlich kann und will man das heute nicht mehr machen, weil sich das Bild des „Helden“ verändert hat. Wir haben dann gewisse Texte auch aufgeteilt und auch manche Sätze dann anderen Figuren gegeben, um wirklich ein Gleichgewicht herzustellen, in dem alle Figuren auf Augenhöhe miteinander sprechen.“

Premiere „Fabian“: Heute, 19.30 Uhr, Vorarlberger Landestheater.