Mord und Wahnsinn komprimiert

In der Box bringt das Vorarlberger Landestheater eine kompakte Theaterfassung von Shakespeares „Hamlet“ auf die Bühne.
Wie Statuen stehen Isabella Campestrini, Luzian Hirzel, Nico Raschner und Josepha Yen schwarzgekleidet und anfangs noch figurenlos auf der Bühne. Denn erst mit den Kostümen (Natascha Maraval), die wirkungsvoll vor dem Publikum an- und ausgezogen werden – verwandeln sie sich in ebenjene im 16. Jahrhundert angesiedelten Charaktere, deren innere Konflikte und tragische Schicksale in „Hamlet“ erzählt werden.
Verständlich
Mit vier Darstellern hat die Vorarlberger Regisseurin Lisa-Maria Cerha die bekannte Tragödie um Mord und Wahnsinn von William Shakespeare auf 70 Minuten verdichtet und damit vermutlich die ideale Länge gefunden, um die komplexen Zusammenhänge rund um den Brudermord und die Rache des dänischen Prinzen Hamlet – die auf eine Sage über einen gewissen Amleth aus dem zwölften Jahrhundert zurückgehen – nachvollziehbar herunterzubrechen und auch für Schülerinnen und Schüler in den Vormittagsvorstellungen humorvoll durchschaubar zu machen.
Und zwar mit simplen Mitteln: reduzierte Musik, die die Handlungen aneinanderreiht, ein dünner Vorhang, durch den einzelne Hände und Arme die Kostüme den Schauspielern auf die Bühne reichen, und einer Bodenklappe, aus der (nicht nur) Hamlet herausklettert, wo der tote Polonius hineingeschoben wird und aus der der Totengräber die Erde herausschaufelt, während er nüchtern philosophiert (Josepha Yen).

Über kleine Gesten werden die Beziehungen zwischen den Figuren deutlich gemacht. Die junge Liebe zwischen Hamlet und Ophelia kommt so auch ganz ohne Worte aus – bis sie zerbricht.
Sinneswandel
Das Stück fokussiert sich aber sowieso mehr auf Hamlets Sinneswandel, und so können die Zuschauer beobachten, wie der stolze Sohn, der nach dem Tod seines Vaters mit der erneuten Heirat seiner Mutter zu kämpfen hat, nach und nach von den bleichen Geistererscheinungen seines toten Vaters völlig verunsichert wird.
Die anfängliche Angst entwickelt sich bald in Ruhelosigkeit. Zynisch zeigt Hamlet seinen wachsenden Hass auf Claudius, der nach dem Mord am Bruder nun dessen Frau und Krone an sich gerissen hat. Weniger aus Zorn, sondern mehr aus seinem eigenen Wahnsinn heraus tötet Hamlet schließlich Ophelias Vater Polonius anstelle des Königs, womit er weitere Rachepläne in Gang setzt.
Authentisch
Nico Raschner überzeugt als Hamlet vor allem durch seine Besessenheit, die sich schrittweis verstärkt, und die Leichtigkeit, mit der er zwischen den Emotionen hin- und herwechselt. Auch Isabella Campestrini glänzt als Ophelia in ihrer sehr authentischen Verrücktheit am Ende. Luzian Hirzel ist ein König durch und durch, aber auch als Horatio, Laertes, Polonius und Gertrude zu erleben. Josepha Yen zeigt sich ironisch und als Claudius fast unangetastet vom Geschehen.