„ein bisschen wie Kopfkino“

Über 200 Kinder besuchten gestern das Symphonieorchester Vorarlberg im Festspielhaus bei der Probe zur „Alpensinfonie“.
Im großen Saal des Festspielhauses lauschten gestern Vormittag um die 200 Kinder den theatralischen und bildreichen Tönen von Richard Strauss’ „Alpensinfonie“. Ein Stück, das sie nun live bei der Generalprobe vom Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) erleben konnten, nachdem sie bereits in zwei Workshops mit der Komposition bekannt gemacht wurden. An drei Schulen – der Musikmittelschule Dornbirn Bergmannstraße und den Mittelschulen in Bürs und Braz – haben die Musikvermittler des SOV letzte Woche das Orchester, die Instrumente und die Musik der Alpensinfonie vorgestellt.
Wie die Musik klingt
„Wir klären ab, ob die Kinder schon wissen, was ein Orchester ist und was es für Instrumente gibt und haben immer auch unsere eigenen Instrumente dabei, damit sie natürlich auch gleich sehen, wie man spielt“, beschreibt die Musikvermittlerin und Violinistin Judith Tiefenthaler.
Welche Inhalte im Workshop vermittelt werden, variiere von Projekt zu Projekt. Bei der „Alpensinfonie“ lernen die Kinder „genauer zuzuhören“ und zu beschreiben, „wie die Musik klingt“, wofür sich „die Alpensinfonie“ besonders gut eigne, „weil der Richard Strauss die Nacht einfach in Musik reinverpackt hat“, sagt Tiefenthaler. „Diese Musik ist natürlich leise und langsam und düster und ein bisschen mysteriös. Also da können die Kinder sehr viel raushören.“
Das Stück zeichnet die Bilder einer Wanderung, die Richard Strauss als 15-Jähriger erlebt und dann Jahre später nachkomponiert hat. „Eine Alpensinfonie“ ist wohl die bekannteste Tondichtung des bayerischen Komponisten und feierte Jahrzehnte später die Natur mit eindrucksvollen Klangfarben. Sie beginnt in der Nacht, beschreibt Tiefenthaler. „Dann kommt der Sonnenaufgang: Das ist natürlich von der Musik her dann gleich viel strahlender und die Musik ist viel höher und lauter.
„Diese Musik ist natürlich leise und langsam und düster und ein bisschen mysteriös. Also da können die Kinder sehr viel raushören.“
Judith Tiefenthaler, Geigerin und Musikpädagogin

Donnerblech und Kühe
Der Weg dieser Gebirgstour führt durch Wald und Blumenwiese, vom Bach zum Wasserfall, über den Gletscher ins Gipfelglück. „Beim Anstieg hört man richtig, wie die Burschen quasi raufmarschieren.“ Was man auch hört, sind Wind, Donner und Kühe – das wohl stürmischste Gewitter der Konzertgeschichte tobt. „Strauss verwendet auch Instrumente, die jetzt nicht klassischerweise in einem Sinfonieorchester dabei sind.“ Neben Donnerblech und Windmaschine gibt es einen Schlagwerker, der dafür zuständig ist, „mit den Kuhglocken zu bimmeln“, die Strauss ins Werk hineinkomponiert habe.
Durch diese außermusikalische Inspiration, die der Komponist in die Musik verpackt, könne man in Gedanken mit auf die Wanderung gehen. „Für die Kinder war es im Prinzip dann ein bisschen wie Kopfkino“, erklärt Tiefenthaler. Bei den gefahrenvollen Augenblicken hätten sie richtig mitgefiebert. „Ein Kind hat gesagt: ‚Boah, das ist mir gerade kalt den Rücken runtergelaufen.‘ Man hat schon das Gefühl, dass diese Musik sie berührt in irgendeiner Form.“

Mit viel Fantasie
Trotzdem sei die Musik gar nicht leicht zu hören, weil sie sich von typischer Radiomusik extrem unterscheide. Daher wurden die Kinder im Vorfeld darauf geschult, was sie heraushören können. „Wir haben zum Beispiel besprochen, warum klingt jetzt die Alm wie die Alm? – Wir hören die Kuhglocken und die Musik klingt gemütlich und ruhig. Oder beim Wasserfall geht die Musik immer ganz schnell von oben nach unten und ist quirlig. Also die Kinder hören schon sehr viel und können es auch in Worte fassen.“

Zum Teil seien die Vorstellungen sogar noch viel fantasievoller gewesen, als die Violonistin es selbst rausgehört hätte. Da merke man, dass die eigene Imagination schon noch da ist. Kinder seien auf jeden Fall offen und würden sich auf die Musik einlassen. „Die Mitarbeit war überragend“, lobt Tiefenthaler.
Zu den 80 Kindern der Mittelschulen in Bürs und Braz kamen noch 120 Schülerinnen und Schüler aus Dornbirn. Zudem hätten andere Musikerinnen und Musiker aus dem Orchester ebenfalls Schulen rekrutiert. „Super cool, dass da das Interesse auch so groß ist.“ Aber immerhin ist es ein riesengroßes Werk mit über 110 Musikern auf der Bühne.

SOV Konzert+, Thomas Larcher „A Padmore Cycle“, Richard Strauss, „Eine Alpensinfonie op. 64“. Morgen 19.30 Uhr, Sonntag 17 Uhr, Festspielhaus Bregenz.