Kultur

Landschaften mit Ecken und Kanten

27.03.2024 • 23:00 Uhr
Stefan Rüesch_Galerie Sechzig
Stefan Rüesch und seine Werke in der Galerie Sechzig in Feldkirch. Sieglinde Wöhrer

Der Schweizer Künstler Stefan Rüesch zeigt in der Galerie Sechzig in Feldkirch Landschaftsbilder im handgemachten Pixel-Art-Stil.

Landschaften müsste man eigentlich nicht mehr machen, sagt der Künstler. Davon gibt es genug. Angefangen habe Stefan Rüesch sein künstlerisches Schaffen auch mit einem „Männchen“ – dem „Kopfbeinfüßler“. „Am Anfang ist er noch gesprungen, nach ein, zwei Jahren hat er sich nicht mehr bewegt.“ Dann war das Männchen immer irgendwo versteckt in einer Wolke oder einem Haus, bis es irgendwann verschwunden sei. Dageblieben sind Rüeschs Landschaften, die in leuchtenden Farben Berge, Sonnenuntergänge und Bäume von ihrer besten Seite zeigen.

Stefan Rüesch_Flawless_Galerie Sechzig
Rüeschs LandschaftbilderMarkus Tretter

Zur Beruhigung

Angelehnt an reale Orte in der Schweiz, Norwegen oder anderswo nimmt sich Rüesch die künstlerische Freiheit, die Bilder „besser“ zu machen, Hügel oder Berge, die ihn stören, werden rausgeschnitten und eventuell durch Bäume ersetzt, mit dem Ziel, perfekte Landschaften zu erschaffen. Die Bilder sollen Tiefe haben, die Menschen beruhigen und „runterholen von der Hektik“, beschreibt der Künstler im Interview. „In der heutigen Zeit möchte ich keine nervösen Bilder machen. Die ganze Welt ist schon nervös.“

Stefan Rüesch hat seine Bilder ganz bewusst und konsequent an unser „Computerzeitalter“ angepasst. Motive entstehen ausschließlich aus senkrechten und waagrechten Winkeln – aus Pixeln, die im Schaffensprozess von Rüesch jedes Jahr kleiner wurden und sich mittlerweile zu flüssigen Bildern zusammensetzten und Orte versprechen, die fast künstlich wirken.

Stefan Rüesch_Flawless_Galerie Sechzig
Rüeschs Landschaftsbilder sind an reale Orte angelehnt, mit ein paar Verfeinerungen. Markus Tretter

Rüeschs einzigartige Darstellung

Wie durch ein Fenster können Betrachter in Rüeschs weite Landschaften blicken, die durch die subtilen Farbkontraste lebensecht erscheinen. In völliger Windstille spiegeln sich Berge und Bäume im glasklaren Wasser, was den Bildern eine eindrucksvolle Ruhe und Friedlichkeit verleiht. Anstelle von gewohnten Farbverläufen hat der Künstler die Bildbereiche mit Pixeltreppen unterteilt und die Farben auf ein Minimum reduziert, um die Essenz der Lichtstimmung einzufangen. „Rüesch beweist, dass Wolken und Sonnenuntergänge auch problemlos kantig sein können, ohne dabei an Wirkkraft einbüßen zu müssen. Ein stilistisches Mittel, welches sicherlich auch der Klarstellung dienen soll, dass die Welt zwar schön, aber gleichzeitig voller Höhen und Tiefen, voller Ecken und Kanten ist“, beschreibt Leonie Hirn die Werke im Ausstellungstext.

Stefan Rüesch_Flawless_Galerie Sechzig
Blick durch eine Fensterfront auf die Landschaft. Markus Tretter

Pixel-Art handgemacht

Den stilistisch einzigartigen Charakter erhalten die Bilder durch die grafische Darstellung. Auf den ersten Blick machen Rüeschs Werke tatsächlich den Anschein von überarbeiteten Fotografien oder gedruckten Arbeiten, die am Computer entstanden sind. Rüesch sei aber „überhaupt nicht computerfähig“, und so hat er seine Pixel-Art-Werke alle mit der Hand gemacht. In den letzten 25 Jahren hat er dafür eine eigene Technik entwickelt, in der er die Bilder erst vorzeichnet und dann durch kleine Punkte und Striche in Pixel überträgt. Der Künstler arbeitet mit Lineal, Klebeband und Cuttermesser. Einzeln werden die Motive „wie beim Scherenschnitt“ ausgeschnitten und dann Schicht für Schicht bemalt. „Erst am Schluss, wenn ich eigentlich fertig bin, nehme ich das ganze Klebeband weg.“, erklärt Rüesch. Und Effekte gibt es auch: Doch statt Diamantenstaub verwendet Rüesch aus Kostengründen zerriebene Holzkohle, die den dunklen Bäumen im Nachthimmel einen träumerischen Glanz verleiht.

Stefan Rüesch_Flawless_Galerie Sechzig
Markus Tretter

Geboren 1963 in Luzern, hat Stefan Rüesch erst spät mit Mitte Dreißig zur Kunst gefunden. Nach einer Kochlehre, elf Jahren Gleisbau und einer Sportkarriere in drei verschiedenen Disziplinen ist er seit dem Jahr 2000 als freischaffender Künstler tätig.

Stefan Rüesch, „Flawless“: Bis 18. Mai, Galerie Sechzig, Feldkirch; www.galeriesechzig.com