Kultur

Wie mietet man in Vorarlberg?

05.04.2024 • 19:43 Uhr
Neue Spielräume, Mieten
Die Runde am Podium (ohne Moderator Christoph Osztovics): Johannes Herbruger, Much Untertrifaller, Verena Konrad und Tobias Forer-Pernthaler (v.l.). Daniel Furxer

Das Diskussionsformat „Neue Spielräume“ im Dornbirner Spielboden widmete sich im dritten Teil seiner Serie „Vorarlberger Wohnungsgeschichte(n)“ dem Thema Mieten

Von Daniel Furxer

Vorarlberg hat in den letzten 100 Jahren bekanntermaßen die Tradition des Eigentums in Form eines Einfamilienhauses gepflegt – allein das war lange der Standard für „köriges“ Wohnen. Umso spannender war es, wie in der Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Dornbirner Spielboden die Besonderheiten des Mietens in Vorarlberg genauer beleuchtet wurden. Denn im Land vollzieht sich durch den gewaltigen Preisdruck ein unfreiwilliger Wandel vom Eigentum hin zu mehr Mieten. Die Glorifizierung des „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ bröckelt schon lange. Politikwissenschaftler Christoph Osztovics moderierte den Abend.

Johannes Herburger, Humangeograf und Postdoc an der Universität Liechtenstein, betonte in seinem einleitenden Input, dass Mieten nicht gleich Mieten ist. Das österreichische Mietrecht sei komplex und für einen Mieter oft undurchschaubar. Vorarlberg fällt im Österreichvergleich außerdem mit einigen Besonderheiten auf, da zum Beispiel der gemeinnützige Wohnbau mit 13 Prozent die niedrigste Quote in ganz Österreich aufweist. Dementsprechend schwieriger ist es für weniger betuchte Menschen, billigeren Wohnraum zu finden.

Exemplarische Mietgeschichten

Anhand von sechs exemplarischen Mietgeschichten setzten sich die Diskutantinnen und Diskutanten am Podium mit dem Thema auseinander. Zwei junge Freundinnen, die aus Wien zurückkommen, und eine Wohngemeinschaft suchen, eine Familie mit drei Kindern, die eine große Wohnung benötigt oder Migranten der ersten Generation, die ein Leben lang in einer Betriebswohnung gelebt haben und nun in der Pension eine neue Bleibe suchen müssen. „Der Wunsch nach einem Einfamilienhaus ist in den Köpfen noch immer sehr stark verankert“, merkte Verena Konrad, Direktorin des Vorarlberger Architektur Instituts (vai) an.

Dabei war das Zusammenleben unter einem Dach mit mehreren Generationen bis 1910 der Regelfall. Aus eigener Erfahrung aber wisse sie, wie schwer es sein kann, eine adäquate Wohnung zu finden. Fehlende Transparenz auf dem Wohnungsmarkt brachte auch Herburger ins Spiel. Außerdem seien viel zu wenig geeignete und leistbare Wohnungen in Vorarlberg verfügbar. Den Leerstand sieht er dabei gar nicht als Hauptproblem. Eine Leerstandsabgabe sei kein Allheilmittel, da Leerstand gerade in Vorarlberg meist baufällig und in unattraktiven, peripheren Lagen sei.

ABD0008_20230322 – WIEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zum Thema “Wohnen / Mieten / Mietvertrag / MietpreisbremseÒ. Im Bild: Ein SchlŸssel und ein Mietvertrag aufgenommen am Dienstag, 21. MŠrz 2023, in Wien. – FOTO: APA/EVA MANHART
Mieten ist in Vorarlberg teuer. apa/Manhart

Tobias Forer-Pernthaler, Vorstand der F.M. Hämmerle Holding AG betonte, dass ihm eine langfristige Kundenbindung wichtig sei. Eine automatische Erhöhung der Miete, wenn ein dreijähriger Mietvertrag ausläuft, sei nicht ihre Strategie. Durchstandardisierte Wohnungen seien leider marktwirtschaftlich nötig, obwohl Wohnraum immer individuell gestaltet werden sollte. „Es gibt nicht den Einheitsmenschen mit einem Einheitsmietbedürftnis“, strich auch Architekt Much Untertrifaller heraus. Es müsse aber eine Vision entwickelt werden, was außerhalb des Standards möglich ist. In München oder in Frankreich, wo er auch tätig ist, sei man da schon einen Schritt weiter.

Die Quartiersentwicklung und wie Gemeinschaftsräume gut kuratiert werden können, waren in der anschließenden Publikumsdiskussion zentrale Themen. Ein Resümee zu ziehen, fiel an diesem Abend schwer. Wenn dann vielleicht, dass Mieten in Vorarlberg mittlerweile ein großes Thema ist und es für die sehr unterschiedlichen Mietbedürfnisse Lösungen braucht.