Poetisch mitreißend im Puls der Musik

Udo Mittelberger (3)
Mit drei Stücken war das Nederlands Dans Theater (NDT 2) am Samstag im Festspielhaus Bregenz zu erleben.
Von Katharina von Glasenapp
Für einige Damen aus dem Publikum wird dieser Abend unvergesslich bleiben, nicht nur allein durch die herausragende Qualität, die das NDT 2 (Nederlands Dans Theater) den ganzen Abend bot: Als dritten Teil hatte die Truppe „Minus 16“ gewählt, jene vielschichtige Choreographie, die Ohad Naharin vor 25 Jahren für das NDT geschaffen hatte und die die Tänzerinnen und Tänzer als Individuen ebenso wie als symbiotisch agierende Truppe zeigt und die das Publikum miteinbezieht.

Im raschen Tempo
Einzelszenen bringt das erste Stück, „Bedtime story“ des jungen israelischen Choreographen Nadav Zelner: Im Halbdunkel, nur von Spots akzentuiert, heben sich einzelne Tänzerinnen und Tänzer empor, stellen sich kurz vor, dehnen und krümmen sich in rascher Folge – Sprünge, Drehungen sind perfekt auf die Musik abgestimmt. Kleinere Gruppen bilden sich, rennen, verbinden sich zu Paaren, das Ganze wirkt getrieben vom Puls und raschen Tempo der Musik. Im diffusen Gegenlicht erzählt Nadav Zelner vom Suchen und Finden, von Dominanz und Kraft, vielleicht auch von Ängsten und Albträumen, die sich in den Schlaf mischen. Starker Beifall schon für dieses erste Stück des NDT 2, in dem sich so viele Nationen und Hautfarben vereinen.

Im ruhigeren Mittelstück „Ten Duets on a Theme of Rescue“ lässt die kanadische Choreographin Crystal Pite drei Frauen und zwei Männer aufeinander treffen, in einer langen Reihe von Anziehung und Wegstoßen, von Ziehen und Umkreisen, von Stürzen und Fliegen. Poetische Anmut trifft auf Aggression und Kampf, Vergeblichkeit auf Symbiose und Spiegelung. Zuletzt wirken die im Halbkreis aufgestellten Scheinwerfer wie stumme Zuschauer, der Reigen der Begegnungen endet still, zärtlich.
Lebensfreude
Schließlich „Minus 16“ von Ohad Naharin, das mit seiner ungeheuren Lebensfreude, seiner Energie und seinem Witz mitreißt. Schon in der Pause konnte man eine Soloperformance in der charakteristischen zuckend schlenkernden Körpersprache sehen, die jedes Gelenk, jedes Fingerglied und jedes Hüftschwingen einzeln einzusetzen scheint. Zuletzt findet sich die ganze Truppe, in lockere schwarze Anzüge, Hut und weiße Hemden gekleidet, ein: Im Halbkreis auf gefährlich labil wirkenden Klappstühlen sitzend springen sie nacheinander in einer großen Welle auf, singen eine Zeile, setzen sich wieder, einer rechts außen fällt regelmäßig auf den Bauch.
Nach und nach reißen sie sich Hut, Sakko, Schuhe, Hemden vom Leib, immer angefeuert vom gnadenlosen Tempo der israelischen Musik. In einem ruhigeren Teil bleiben zum Ticken eines Metronoms fünf Frauen zurück, spielen mit den klassischen Ballettposen und aus der Hüfte gekippten Bewegungen. Einzelne stellen sich vor, mit ihren Vorlieben, Familiengeschichten oder Zwängen und ihrem herrlich individuellen Tanzstil.
Schließlich, zu „Somewhere over the rainbow“, werden Besucherinnen auf die Bühne geholt und sie machen mit viel Freude und Improvisationsgabe mit – so ein Tänzchen mit einem der so geschmeidigen androgynen Wesen, wie sie im NDT versammelt sind, muss wunderbar sein! Das NDT spielt mit allem, auch mit Gruppenbildern oder den klassischen Exercices zur sanften Chopinmusik, und lässt das begeisterte Publikum jubeln!
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