Traum und Leben in Live-Version

Mit ihrer jüngsten Produktion „living in funny eternity_L.I.V.E“ eröffnete die Tanzkompanie Liquid Loft mit der Band Bulbul am Donnerstag das „Tanz ist“-Festival im Spielboden Dornbirn.
Mit zwei Kameras filmen sich die Tänzerinnen und Tänzer während der Performance. Ihre in Echtzeit projizierten Körper landen auf den Leinwänden, die sich auf der eckig zusammenlaufenden Bühne treffen. „living in funny eternity“ ist eine Performance, die langsam beginnt, sich über Wiederholungen intensiviert und dabei die Wahrnehmung des menschlichen Körpers und des Lebens an sich fokussiert.

Reale Menschen begeben sich in digitale Bilder, die sie selbst im Dialog mit dem Medium erst erschaffen. In der mit einfachen Mitteln hergestellten Illusion verschwimmen die Körper in der Verzerrung zu traumhaften Gestalten, die in der Projektion nochmal ganz andere Formen und Größenverhältnisse annehmen. Das neue Stück der Tanzkompanie Liquid Loft untersucht die Überlagerungen zwischen echten Körpern und deren projizierten Teilen, die in Verbindung mit den Tänzerinnen und Tänzern wieder neue Bedeutungsebenen auslösen.
Liquid Loft tanzt Andeutungen, die nicht allein durch Bewegung wirken, sondern von Live-Musik (Bulbul), Geräuschen oder kurzen Textbausteinen geleitet werden. Das Ganze kommt ohne konkrete Handlung aus und setzt in den Köpfen des Publikums vermutlich ganz unterschiedliche Gedankengänge frei. Es sind Assoziationen zu Situationen aus dem Leben, die man inhaltlich gar nicht verstehen muss, damit das Stück am Ende doch in sich geschlossen Sinn ergibt.

Unmittelbarkeit
Die in der Performance erschaffene Atmosphäre einer Traumlandschaft ist nicht nur „live gemacht“, sondern erzeugt durch die tiefgehenden Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer – die auf der Bühne oft gleichzeitig und in mehreren Kanälen verdichtet stattfinden – auch eine starke Unmittelbarkeit. In exakt durchgeplanten Momenten, die diese Echtzeitprojektion möglich machen, ist das Publikum mittendrin im schmalen Grat zwischen der Wirklichkeit und den künstlich erschaffenen Welten.
Das ursprünglich für das Burgtheater inszenierte Bühnensetting musste an die räumlichen Gegebenheiten im Spielboden Dornbirn angepasst werden. Die Idee sei gewesen, einen „kleinen Kinematographen“ zu bauen, in dem die Darsteller zwischen Realität und Virtualität eine Geschichte erzählen, sagt Choreograf Chris Haring im Gespräch nach der Vorstellung. Genauso wie im Burgtheater sei das Spannende aber der Live-Charakter der Show. „Was live ist, was echt lebt und was künstlich ist, was wirklich live ist und was nicht live ist“ sei in der Zeit, in der wir leben „nicht oder ganz schwer und kaum zu unterscheiden“, beschreibt Dramaturg Thomas Jelinek das Thema und auch den Bezug zu unserem Medienzeitalter.

über die künstler
Liquid Loft
Die Performance-Company Liquid Loft wurde 2005 vom Choreografen Chris Haring gemeinsam mit dem Musiker Andreas Berger, der Tänzerin Stephanie Cumming und dem Dramaturgen Thomas Jelinek gegründet. Inspiriert von Science-Fiction-Literatur und Cyborg-Theorie befassen sich die Arbeiten damit, wie sich unsere Wahrnehmung und Körper durch visuelle Medien und den alltäglichen Gebrauch von Technik verändern.