Kultur

Große Frauen, die „geliebt und gelebt“ haben

20.06.2024 • 23:00 Uhr
Schubertiade
Christiane Karg und Gerold Huber begeisterten das Publikum in Schwarzenberg.
Schubertiade

Mit Liedern von Schubert und Schumann waren die deutsche Sopranistin Christiane Karg und der Pianist Gerold Huber am Mittwochabend bei der Schubertiade in Schwarzenberg.

Großen Frauengestalten, die „geliebt und gelebt“ haben, hat die deutsche Sopranistin Christiane Karg ihr beziehungsreich gefügtes Programm mit Liedern von Schubert und Schumann gewidmet: An der Seite des wunderbar differenziert gestaltenden Pianisten Gerold Huber durchlebte sie die schaurige „Löwenbraut“ nach Adalbert von Chamisso und den Zyklus „Frauenliebe und Leben“, der bei ihr so natürlich und unsentimental wirkt.
Aus fünf Gedichten von Königin Maria Stuart hat Schumann ein kleines Portrait der schicksalsergebenen starken Persönlichkeit geformt. Und bei Kompositionen des jungen Schubert konnte man einmal mehr über dessen dramatisches Gespür staunen, wenn er etwa „Minona“ nach einem gewissen Friedrich Adam Franz Bertrand als liebendes Mädchen auf der Suche nach ihrem verwundeten Geliebten zeichnet.

Große Hingabe

Frauengestalten, Lebenserfahrungen, Schicksale gestaltet die Sängerin aus dem fränkischen Feuchtwangen mit großer Hingabe und der Differenzierungskunst ihres funkelnd fließenden Soprans: Dramatisch aufgewühlt klingt das etwa in „Des Mädchens Klage“ nach Schillers „Wallenstein“ auch durch die Intensität von Gerold Hubers Klavierpart, der die Klänge impulsiv ansetzt und dann doch so rund ausformt. „Die Löwenbraut“, ein tragisch endender Abschied von der Kindheit, lebt bei den beiden durch Ostinatofiguren und ihre subtilen Verwandlungen, die sich wild aufbäumen wie der zornige Löwe, der das Mädchen zer­fleischt: Mit schlanker Stimmführung und der gebotenen Dramatik vertieft sich Christiane Karg in diese Figur.

Schubertiade
Schubertiade

In „Frauenliebe und Leben“, ebenfalls nach Chamisso, macht sie auf kleinem Raum die Wandlung vom staunenden ersten Blick über den Überschwang der großen Gefühle bis hin zum trauernden Abschied lebendig. Die Texte mögen uns heute merkwürdig anmuten, doch die Lieder sind, so weich, innig, jubelnd oder zurückgenommen interpretiert und von Hubers liebevoll phrasierender Gestaltung getragen, von zeitloser Schönheit.

Tiefe Melancholie

Schumanns „Fünf Lieder“ nach Gedichten der Königin Maria Stuart runden sich zu einem Zyklus von tiefer Melancholie, warm leuchtend und vertrauensvoll schicksals­ergeben. In Schuberts „Gretchen am Spinnrad“ spiegeln die wirbelnde Oberstimme und die Akzente der linken Hand zugleich die Bewegung des Spinnrads wie die innere Bewegung des verliebten Mädchens – wie immer überzeugend!

Nicht immer hat Schubert gute Texte vertont, aber wie dramatisch und flammend er die Geschichte des Mädchens erzählt, das gemeinsam mit einer winselnden Dogge bei Nacht seinen tödlich verletzten Verlobten sucht und sich dann verzweifelt tötet, hat dank Gerold Huber und Christiane Karg Krimispannung. Passend dazu setzen sie mit der ruhig schwebenden „Thekla (Eine Geisterstimme“, wieder nach Schiller, fort, in der Zugabe „Ave Maria“ nach Walter Scott verströmt die Sängerin ihre Silberfäden über den fein ausgeleuchteten Begleitfiguren des Pianisten.

Umbesetzung

Beim Liederabend heute Nachmittag (16 Uhr) ist erneut eine Umbesetzung nötig: An Stelle von Sophie Rennert, die für Katharina Konradi einspringen sollte und nun an einer Kehlkopfentzündung leidet, kommt die Sopranistin Erika Baikoff. Sie war 2019 Preisträgerin des Helmut-Deutsch-Liedwettbewerbs und ist derzeit im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper.

Von Katharina von Glasenapp