Kultur

Er rappt über Fraggles, VHS und Opus-Platten

07.09.2024 • 07:00 Uhr
Diggerue
Ein Rapper mit Heimvorteil. privat

Sein Debütalbum „Kassettenkinder“ war eine Sensation. Heute spielt der Rapper Diggerue in seiner Heimatstadt Feldkirch.

“Mit vier Jahren lag mein Fokus auf der Opus-Platte. Es flimmerte die Kiste, wenn Enrico Hokus Pokus machte. Zauberei war für mich damals die Showview-Taste. Es waren Dokus, die mich rund um den Globus brachten”, lauten die ersten Zeilen von “Kassettenkinder”. Sie wirken wie ein Trailer für das gleichnamige Debütalbum des Rappers Diggerue. Dessen cool-nostalgische Songs handeln von Fraggles, VHS und Kaugummi-Tschiks – Artefakte einer vergangenen Zeit. Mit der Produktion hat sich der Feldkircher von rückwärtsgewandter Wehmut und einer 17 Jahre anhaltenden Schaffenspause befreit. Auf dem Schaffarei-Festival in seiner Heimatstadt stellt er heute Abend sein Können unter Beweis.

Mit Ferris MC von Deichkind im Rauch Club

Am Anfang standen die Absoluten Beginner, Samy Deluxe und andere Hip-Hopper der Hamburger Schule. “Mich hat das Deutsche gecatcht und dazu gebracht, selber Texte zu schreiben”, erinnert sich der 40-Jährige zurück. Um die Jahrtausendwende begann der Rapper mit den ersten, spärlichen Auftritten. Etwa im Rauch Club, wo er mit seiner Crew Flowmotion Click vor Ferris MC von Deichkind auftreten durfte. Eigene Songs aus dieser Zeit sind fast keine erhalten geblieben: “Es gab noch kein YouTube. Ich habe sie in Foren gepostet oder Freunden auf den MP3-Player überspielt. Damals gab es niemanden, der Beats machen konnte.” Daher legte er 2006 eine Schaffenspause ein, die spätestens durch die Töne Zaza Manks beendet wurde.

Diggerue
Diggerue und Zaza Mank im Wiener Prater.Ludschl

Wie der Rapper zu seinen Beats kam

Während der Pandemie fand der Grafikdesigner die nötige Ruhe, um das Schreiben wieder aufzunehmen. Was ihm noch fehlte, waren Sound und Produzent. Bei einem Rap-Contest in Wien wurde der Suchende fündig: “Zaza hat ihn organisiert, ich habe ihn gewonnen. Wir haben uns dann zwei Tage lang auf eine Hütte in Übersaxen eingesperrt und alles gemixt.”

Oli Schulz und Jan Böhmermann

Schon einen Monat vor dem Release von “Kassettenkinder” im März ging für Diggerue ein Traum in Erfüllung. Er durfte einen der wechselnden Intro-Tracks für “Fest & Flauschig”, den Podcast von Oli Schulz und Jan Böhmermann, beisteuern. “Es ist mein Lieblingspodcast. Viele Fans und bekannte Bands haben das schon gemacht. Irgendwann habe ich Zaza vorgeschlagen, er soll das Original-Intro in unserer Variante nachbauen, während ich etwas schreibe. Eine Woche später hat es schon geklappt. Als ich es zum ersten Mal hörte, hab ich es gar nicht gepackt”, schwärmt der Feldkircher stolz.

Diggerue
Gemeinsam mit der Rapperin Spilif bei einem Aufritt in Innsbruck. Privat

Bibi Blocksberg

Sein Debüt war auch ein Abschluss, eine Aufarbeitung des Erlebten: “Jetzt widme ich mich eher der Gegenwart und Zukunft.” Als der Musiker einem Jüngeren eine Kassette seines Albums in die Hand drückte, holte ihn die Vergangenheit doch wieder ein. “Er wusste gar nicht, wie man es aufmacht. Grundsätzlich kriegen es die Kids aber schon noch mit”, erzählt der 40-Jährige. Für seine Tochter hat er sogar Bibi-Blocksberg-Kassetten und einen alten Rekorder gekauft. “Sie findet es lustig, wenn ich schneller vorspule und es wie bei den Chipmunks klingt”, lacht der Vater.