Der Nabelschau des Schreckens entgegen spielen

Theater Mutante lädt angesichts 100. Todestages Franz Kafkas zur Reflektion in die Festhalle Lochau. Einem kleinen Festival gleichend, bietet die Produktion ALP(T)RAUM Theater, Diskussion, Konzerte und Performance. Vom 19.-28. September bietet es die Möglichkeit, über Ohnmachtshaltung und Machtgefüge nachzudenken.
In der Lochauer Festhalle stehen silbergepinselte Bäume samt Wurzeln auf Laminat. Zwischen ihnen probt des Theater Mutante Stücke, die ihrer eigenen Entfremdung entwachsen sind. Mit Theater, filmgestützter Performance, Chor und Tanz, wollen die Kunstschaffenden einer Ohnmacht Ausdruck verleihen, die unter dem Begriff Kafkaesk vermeidlich allbekannt ist.
“Ein anderer Atem weht”
Inspiriert aber nicht angelehnt an das Leben des Autors, entwarfen die Kunstschaffenden in drei Monaten ein Stück, dass die Frage nach dem gesellschaftlichen System und ihre Werden in diesem zur Ausgangslage hat. “Wo stehen sie und sind die Vorstellungen, mit denen sie einmal angefangen haben eingelöst? Was bedroht einen? Wie steht es um unsere Sehnsüchte und Hoffnung?”, berichtet Regisseur Andreas Jähnert. Das Werk soll keine Nabelschau des Schreckens werden. Vielmehr ist es das Ziel, dass durch Einbindung von Musik, Schauspiel, Tanz und Gesang eine fremde Welt entstehen, in der “ein andere Atem weht.” Das Stück hat am 19. September Premiere und wird von der Tänzerin Natalie Fend, dem Musiker Arno Waschk und den Schauspielern Sascha Jähnert und Lisa Perner aufgeführt.

Performance vor der Albtraumlandschaft
Der zweite Programmschwerpunkt ist eine filmbegleitete Performance auf Grundlage eines Textes von Mathias Müller. Erst letztes Jahr gewann der in Wien lebende Autor den Literaturpreis des Landes Vorarlberg. “Ich kann schwimmen wie die andern, nur habe ich ein besseres Gedächtnis als die andern, ich habe das einstige Nicht-schwimmen-können nicht vergessen. Da ich es aber nicht vergessen habe, hilft mir das Schwimmen-können nichts und ich kann doch nicht schwimmen”, lautet ein Zitat Kafkas, auf dem sein Stück aufbaut. Begleitet wird die Aufführung durch eine filmgewordene Fassung der Alptraumlandschaft des Dornbirner Künstlers Michael Salvadori. Der Autodidakt bannte in mehrjähriger Arbeit eine 107 Meter lange Albtraumlandschaft auf Papier. Verspielt und verstörend zugleich, gibt der Zyklus Auskunft, wie der Zeichner sein Handwerk lernte. Uraufgeführt wird das von Arno Waschk und Andreas Jähnert bespielte Stück am 22. September.


Von Witz und Verwandlung
Workshops und Podiumsdiskussionen ergänzen das Programm. Am 21. September lädt der Biologe Lukas Rinnhofer zum Workshop in die Festhalle. Unter dem Titel “In Rollen schlüpfen” entwirft er mit den Teilnehmenden Rollenspiele, die sich der Frage der Verwandlung widmen. Ganz anders, aber eben so spielerisch, wird es mit der Elke Maria Riedmann einhergehen. Die erfahrene Clownfrau zeigt den Gästen, wie man mit Witz seine Anschauungen ändern kann.
Diskussionen und Konzerte
Am 21. und am 26. lädt das Ensemble zu Podiumsdiskussionen mit der Titelfrage „Wachsen aus Unsicherheiten übermächtige Figuren?“ ein. Eingeladen sind Erwin Kovacevic-Gärtner vom Vorarlberger Kinderdorf, der Psychiater Albert Lingg, der Sozialwissenschaftler Fabian Andreas Rebitzer von der Fachhochschule Vorarlberg, die Rechtswissenschaftlerin Maria Sagmeister, Caritas-Direktor Walter Schmolly und die Psychotherapeutin Jutta Walt.
Abgeschlossen wird das kleine Festival mit Musik. Während DJ Julius Kasimir am 27. September auftreten wird, endet der ALP(T)RAUM am 28. September mit einem Konzert der Lustenauer Postrock-Band Tight Ships.