Kultur

„Zwei Cellisten auf dem Feuerstuhl“

09.10.2024 • 06:00 Uhr
Pavel Haas Quartett
Das Pavel Haas Quartett: Šimon Truszka (l.), Marek Zwiebel, Veronika Jarúšková und Peter Jarúšek (r.). Links von ihm der Vorarlberger Cellist Kian Soltani. Schubertiade

Das Pavel Haas Quartett und der Cellist Kian Soltani brachten die Schubertiade zu einem glühenden Abschluss.

Von Katharina von Glasenapp

Nach der brausenden Interpretation von Schuberts Streichquintett am Sonntagvormittag erhob sich das Publikum im ausverkauften Markus-Sittikus-Saal zu jubelnden Ovationen: Das Pavel Haas Quartett und der Vorarlberger Cellist Kian Soltani hatten zu einer perfekten Symbiose gefunden, auch das vorletzte Mozart-Quartett vor der Pause war höchst spannend und intensiv musiziert.

Brodelnde Energie

Seine drei letzten Streichquartette hatte Mozart dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. gewidmet, der selbst Cello spielte und die Musik liebte. Ob er allerdings den so intensiven Cellopart dieser Werke bewältigen konnte, sei dahingestellt.

Für Peter Jarúšek, den so präsenten Cellisten des Pavel Haas Quartetts und Partner der blondschopfigen Primaria Veronika Jarúšková, bietet dieses zweite der „Preußischen Quartette“ reichlich Gelegenheit, manchmal fast solis­tisch hervorzutreten. Sei es mit kernigen Akzenten, sei es mit prächtigem Ton in hoher Lage, sei es in intensiven Dialogen mit dem Bratscher Šimon Truszka, dem zweiten Geiger Marek Zwiebel und dem gesamten Ensemble, das natürlich in seinem ganz persönlichen Stil miteinander verbunden ist. Der Kopfsatz des B-Dur-Quartetts KV 589 zeichnet einerseits ein idyllisches Bild mit dem Aufschwung der ersten Violine, andererseits vermittelt er den Eindruck von innerem Aufruhr und brodelnder Energie. Im langsamen Satz darf Veronika Jarúšková mit süßem Ton und von den Unterstimmen einfühlsam begleitet eine Arie „singen“, im erstaunlich gewichtigen Menuett und im ungemein virtuosen Finale kommt Mozarts auch in der Kammermusik allgegenwärtiges Gespür für die Operndramatik zum Ausdruck.

Glühendes Ensemble

Nach der Pause das große C-Dur-Quintett von Schubert, seit jeher eines der zentralen Werke des Festivals, das weder die Musizierenden noch das Publikum unbeteiligt lässt. Wenn nun Kian Soltani, der längst international erfolgreiche Vorarlberger Cellist mit persischen Wurzeln, zum Pavel Haas Quartett dazu stößt, glüht das Ensemble von der Basis aus, verschmelzen die beiden Cellisten, schwelgen miteinander und ziehen die Oberstimmen mit hinein. Die fünf gehen aufs Ganze, steigern sich bis hin zu einem gefährlichen Tanz am Abgrund, lassen eine Ahnung von der Zukunft der Musik entstehen, hätte Schubert länger gelebt. Der ungeheure langsame Satz mit dem engen Band der Mittelstimmen und dem intensiven Pizzicato von erster Geige und zweitem Cello (Soltani) erzählt von der Sehnsucht und im Mittelteil von der Erschütterung, von Explosion und Versöhnung, von Zusammenbruch und Neubeginn – nach dem letzten Akkord geht ein Aufatmen durch den Saal, als hätten alle das Atmen vergessen! Mit dieser Intensität und Energie geht es auch in den verbleibenden Sätzen weiter, musikantisch, organisch, wagemutig und mit Inseln der Seligkeit in den zurückgenommenen Pianoteilen.

Mit diesem allerletzten Höhepunkt ist die Schubertiade beendet und bereitet sich auf eine nicht minder spannende Jubiläumssaison zum fünfzigsten Bestehen vor: Am 26. April geht es in Hohenems weiter mit jungen Stimmen und vertrauten Schubertiadekünstlerinnen und -künstlern.