Zwei Frauen in traditionellen Männerrollen

Die Wolfurterin Saskia Vonach (31) und Elfi Vögel aus Doren schlüpfen dieses Jahr in die Rolle des Knecht Ruprecht, bzw. des Nikolaus.
“Draußen vom Walde komm’ ich her.“ Mit diesen Worten kommen Dutzende Nikoläuse, im Gefolge ihrer Knechtruprechts, jedes Jahr im ganzen Land die Kinder besuchen. Der klassische, alte Mann, mit der roten Mütze und dem langen weißen Bart ist Tradition. Doch mit dem Wandel der Zeit wandelt sich auch das traditionsreiche Bild des Nikolaus und seines schwarzen Gefährten, dem Knecht Ruprecht.
In diesem, wie auch schon in den letzten Jahren, sind wieder einige Darstellerinnen unterwegs. Sowohl aufseiten des Nikolaus‘, als auch auf der seiner Gehilfen. Saskia Vonach (31) wird in diesem Jahr zum ersten Mal in Wolfurt als Knecht Ruprecht von Haus zu Haus gehen.

„Ich werde im neuen Jahr die Obfrau des Familienverbands in Wolfurt und wollte mir einmal anschauen, wie die Nikolaustradition hier vor Ort abläuft“, erklärt Vonach. „Ich wollte mitten im Geschehen sein, um alle Eindrücke bestmöglich für meine Arbeit im Familienverband mitnehmen zu können“, so Vonach. Die Rolle als Nikolaus zu übernehmen, könnte sie sich aber nie vorstellen. „Ich habe nicht das Gefühl, dass das so ein Frauending ist. Das sollte eher bei den Herren sein“, findet sie.
Hatte selbst Angst
„Ich bin zwar mit der Nikolaustradition aufgewachsen, hatte aber total Angst vor dem Krampus und seiner Rute“, schildert die 31-Jährige. „Seit die Tradition vom Krampus zum Knecht Ruprecht umschlägt, finde ich das Ganze etwas kinderfreundlicher.“

Wegen ihrer eigenen Erfahrungen ist es Saskia Vonach nun ein Anliegen, es besser zu machen: „Wir nennen zum Beispiel nur positive Eigenschaften der Kinder, damit sie etwas Gutes mit dem Nikolaus verbinden.“
Von der altbekannten Rute und dem schwarz angemalten Gesicht des Krampus hält sie nicht viel. „Das finde ich jetzt wirklich nicht mehr zeitgemäß.“ Auch die Briefe, in denen die Änderungswünsche der Kinder stehen, findet sie nicht angebracht. „Das ist Sache der Erziehung.“
„Ich freue mich auf die leuchtenden Kinderaugen“
Saskia Vonach, Knecht Ruprecht
Vonach wird allerdings selbst versuchen, Blickkontakt zu den Kindern mehr oder weniger zu vermeiden. „Sonst sehen sie gleich, dass ich eine Frau bin“, erklärt sie. „Außerdem finde ich, dass der Knecht Ruprecht eher etwas im Hintergrund sein sollte.“ Sollten Kinder trotzdem Angst vor ihr haben, wird sie draußen warten, wie sie erklärt. „Es bringt ja nichts, wenn die Kinder sich auf den Nikolaus freuen und ihm ein Gedicht vorsagen wollen, sich aber nicht trauen, weil sie mich sehen.“

Große Vorfreude
„Eigentlich ist es mir aber egal, ob die Kinder merken, dass ich eine Frau bin. Ich denke, dass sie da gar nicht wirklich darauf schauen werden“, findet Vonach. Doch trotz ihrer Arbeit, die eher im Hintergrund stattfindet, freut sich die 31-Jährige auf die Hausbesuche. „Ich bin so gespannt, wie die Kinder auf den Nikolaus reagieren. Ich freue mich auf die leuchtenden Kinderaugen.“ Auch auf die Reaktionen der Eltern und die verschiedenen Situationen in den Häusern ist sie gespannt. „Bei manchen wird vielleicht der Fernseher laufen, bei wieder anderen ist alles schön dekoriert.“ Sie freut sich, die Unterschiede zu erleben und Erfahrungen zu machen.

Traditionen sind wichtig
„Ich glaube, beim Thema weibliche Nikoläuse ist Vorarlberg etwas introvertiert“, lacht Vonach. Ansonsten findet sie Traditionen sehr wichtig, wie sie erklärt. „Ich finde es unglaublich wichtig, dass es Dinge wie Traditionen noch gibt.“
Deshalb übernimmt sie mit nächstem Jahr auch den Familienverband. „Ein Jahr ohne Nikolaus ist ein verlorenes Jahr.“ Auch heute freut sie sich noch mit ihren Kindern über den Besuch des Nikolaus bei sich Zuhause. „Ich glaube, mir wäre es als Kind selbst überhaupt nicht aufgefallen, wenn Nikolaus, oder Knecht Ruprecht weiblich gewesen wäre.“
Drei Fragen an einen weiblichen Nikolaus
Elfi Vögel wird in diesem Jahr in ihrer Heimatgemeinde Doren das erste Mal als weiblicher Nikolaus unterwegs sein.

Wieso haben Sie sich als Frau dazu entschieden, in die Rolle des Nikolaus zu schlüpfen?
Elfi Vögel: Ich muss sagen, dass ich mich nicht bewusst als Frau dazu entschieden habe. Wir haben im Dorf zwei Nikoläuse, einer von ihnen geht heuer in die Nikolauspension. (lacht) Dann stand die Frage im Raum, wer seine Nachfolge antritt. Es fand sich allerdings kein männlicher Nachfolger, deswegen habe ich mich bereiterklärt. Mein Mann hat mir erzählt, dass ihn als Kind auch schon ein weiblicher Nikolaus besuchen kam, das hat mich bestärkt. Ich mache das aber nicht, weil, oder trotzdem ich eine Frau bin. Mir geht es darum, die Botschaft zu übermitteln.

Haben Sie das Gefühl, dass die Rolle des Nikolaus neu gedacht werden muss?
Vögel: Finde ich überhaupt nicht. Die Werte, wie aufeinander schauen und hilfsbereit sein, die wir den Kindern vermitteln wollen, gelten heute sogar noch mehr als früher. Sie haben immer ihre Berechtigung.
Auf was sind Sie besonders gespannt, in Ihrer Rolle als Nikolaus?
Vögel: Auf die Frage, ob die Kinder mich überhaupt als Frau erkennen und ob es für sie einen Unterschied macht. Mich interessiert, ob die jüngeren Kinder realisieren, dass nicht der „klassische Nikolaus“ hinter dem Kostüm steckt. Spannend wird die ganze Sache auf jeden Fall. (lacht) Manchmal muss man im Leben etwas machen, was man sonst nie tut und noch nie getan hat.