Kultur

„Nichts ist, was ich sehe, Nichts ist, was ich rette“

12.02.2025 • 12:01 Uhr
Hauptprobe "Und weiter Nichts."
Bert und Cindy sind voll mit Sorgen und Sahne. Serra

Das tragisch-komische Theaterstück „Und weiter Nichts.“ von Anton Fischer ist politische Kunst im besten Sinne.

Unter dem Pflaster liegt der Strand“, diese scheinbar romantische Parole erfreute sich in der linken Szene der 70er-Jahre großer Beliebtheit. Sie sollte Hedonismus markieren und gleichzeitig auf die Wurfgeschosse in brutalen Straßenschlachten anspielen. Wie impotent dieser Radikalismus war, verdeutlicht das Theaterstück „Und weiter Nichts.“ von Anton Fischer (geb. 1997), das am Freitag im Theater Kosmos in Bregenz uraufgeführt wurde.

Hauptprobe "Und weiter Nichts." Theater Kosmos
Serra

Satt und hohl

Denn am Sandstrand, da machen Cindy und Bert Urlaub. Verkörpert durch Sarah Schuchardt und Ben Gageik, wandern die Kleinbürger mit vollem Bauch und leerem Geist durch die Dünen. Dort murmelt der Bademeister kraftlos vor sich hin: „Nichts ist, was ich sehe, Nichts ist, was ich rette.“ Und doch erspäht das Paar, was es in ihrer Welt gar nicht mehr geben sollte: einen Toten. Unbekümmert von der Frage, wer das sei, macht sich stattdessen ein Unbehagen in ihnen breit. Sie wollen glücklich werden.

Hauptprobe "Und weiter Nichts."
Serra

So beginnt eine Odyssee durch die Lebenswelt. Zwischen verwahrlosten Kindern, belanglosen Freundschaften, einer ratlosen Therapeutin und der Maklerin für bessere Aussichten offenbart sich eine Welt, die gar keine Begriffe für ihre Kälte hat. In dieser Welt leben wir.

Die ganze Handlung ist mit Anspielungen an die Kritische Theorie der Frankfurter Schule durchdrungen. Jeder Satz eine Chiffre, keines ein Zitat. Dabei muss man die Schriften Adornos nicht kennen, um den Geist des Stücks zu spüren.

Hauptprobe "Und weiter Nichts." Theater Kosmos
Jens Lamprecht (l.)Serra, Ben Gageik, arah Schuchardt und Anna Vieira Auer.

Fauler Apfel

Gerade in Zeiten des politischen Rechtsrucks beweist der Autor Disziplin. So trägt der metaphorische Apfel, auf den er den Finger legt, mehr als ein paar braune Flecken. Vielmehr ist er durch und durch faul, faul durch ein überschüssiges Potenzial. Man nannte es einmal Kapitalismus. Immerhin ist keine höhere Macht als die Menschen selbst für die Gegenwart verantwortlich. Gleichzeitig atmet der Stoff Mitgefühl für die Unglücklichen. Speziell dann, wenn aufgezeigt wird, wie töricht die Suche nach einem richtigen Leben in einer falschen Gesellschaft ist.

Menschen Kosmodrom
Kosmodrom-Kuratorin Michaela Vogel (l.), Regisseurin Marika Damitu Rockstroh, Autor Anton Fischer und die Ausstatterin Susanne Hoffmann.Ritter

Dass es in dieser auch Spaß gibt, merkt man, wenn Anne Vieira Auer und Jens Lamprecht in Windeseile durch die Nebenrollen huschen.
„Und weiter Nichts.“ wurde mit dem Ingo-und-Ingeborg-Springenschmid-Preis 2024 ausgezeichnet und im Rahmen des Kosmodrom aufgeführt. Dabei beweist es unmissverständlich die Stärke politischer Kunst, wenn diese Kunst und kein politisches Werkzeug sein will.