Ein einsam gewordener Frauenheld

Stimmig und überzeugend ist die heurige Produktion des Landestheaters mit dem SOV: „Don Giovanni“.
Von Katharina von Glasenapp
Die diesjährige Produktion des Vorarlberger Landestheaters in Zusammenarbeit mit dem Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) bringt eine spielfreudige und musikalisch glanzvolle Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ auf die Bühne. Unter der musikalischen Leitung von Daniel Linton-France, der die akustischen Bedingungen im doch kleinen Theater gut im Griff hat, drängt sich das plastisch und lebendig musizierende SOV im Orchestergraben, während sich oben ein harmonisches Ensemble sowohl erfahrener als auch junger Stimmen von Mozarts herrlicher Musik inspirieren lässt.

Regisseur Andreas Rosar und sein Bühnen- und Kostümbildner Fabian Lüdicke haben ein Gebilde verschiedenster Türen und Hauswände mit schäbigem Hinterhof, prächtigem Salon und kleineren Durchgangsräumen auf die Drehbühne gestellt, die schnelle Szenenwechsel und Übergänge ermöglicht. Eine Bar am Bühnenrand mit spiegelndem Tresen und allerlei Getränken ist Treffpunkt und Zufluchtsort für Don Giovanni und seinen findigen Diener Leporello. Im zweiten Akt hat sich das Häusergebilde aufgelöst, eine Wand ist verspiegelt, der Zuschauerraum wird mit einbezogen.

Don Giovannis Leben hat an Glanz verloren, gerät aus den Fugen, keine Eroberung mag ihm mehr gelingen. Zuletzt umgibt er sich mit leblosen Schaufensterpuppen (die sich auch als Statuen auf dem Friedhof finden) und auch das finale Souper zeugt trotz Damenbesuch von Einsamkeit. Da wirken der Besuch des „steinernen Gastes“ (des Komturs, der ein „alter ego“ des Giovanni ist) und die Höllenfahrt wie eine Erlösung aus einem sinnlos gewordenen Dasein.
Tragik und Komik
Und doch betont Andreas Rosar bei aller Tragik auch das Komische in diesem „Dramma giocoso“, etwa im wortreichen Schlagabtausch von Giovanni und Leporello oder im parodierenden Ständchen für Elvira. Die Kostüme mit schwarz-silbernen Westen für Giovanni, Komtur und Leporello, festlichem Glitzer für die Damen Donna Elvira und Anna, schwarz, weiß und pink für das Hochzeitspaar Zerlina-Masetto und ihre Gäste, und ein heller Anzug mit Rollkragenpullover für den farblosen Don Ottavio bilden bei aller Unterschiedlichkeit ein harmonisches Bild.

Das Ensemble der Sängerinnen und Sänger ist gut ausgewählt, sowohl was die Typen als auch die Stimmen betrifft: Alejandro Marco-Buhrmester in der Titelrolle, der doch auch große Wagnerpartien wie den Amfortas meistert, gibt den Don Giovanni mit Wärme, Schmelz und Draufgängertum, hat Volumen und Beweglichkeit für Mozarts umtriebigen Verführer.
Der Komtur – Evert Sooster mit schlank geführtem Bass – wirkt wie ein vornehmerer, älterer Giovanni: Es gibt kein Duell, sondern Komtur wie Giovanni fassen sich ans Herz, wie auch in der letzten Szene. Auch der Leporello von Marcel Brunner ist mit seiner Spielfreude und souveränen Stimmgebung ebenbürtig, in Statur und Outfit dazu ein jüngerer Spiegel für seinen Herrn, so dass auch die Verkleidungsszene überzeugt.

Stark sind die Auftritte der beiden Damen: Obwohl sich die ungarische Sopranistin Réka Kristóf wegen einer Indisposition entschuldigen ließ, meistert sie ihre Partie der zornigen, rachedurstigen, liebenden Elvira mit flammender Energie und überzeugender Intensität. Die isländische Sopranistin Marta Kristin Friđriksdóttir (Donna Anna) steht ihr in Ausstrahlung und Leuchtkraft ihrer Stimme nicht nach, ebenso wie der russische Tenor Ilija Skvirskij (Don Ottavio), der wunderbar kultiviert und strahlend singt, der aber wie so oft von der Regie allein gelassen wird.
Die junge Oberösterreicherin Martha Matscheko und ihr Tiroler Kollege Korbinian Schlag sind als Zerlina und Masetto ein sympathisches und charmantes Paar. Als Festgesellschaft darf der kleine Bregenzer Festspielchor (Einstudierung Benjamin Lack) Stimmgewalt und Bühnenpräsenz zeigen. Auch wenn es manchmal in der Koordination zwischen Bühne und Orchestergraben klappert und der drängende Puls der unerbittlichen Höllenfahrt Giovannis die Dynamik in die Höhe treibt, ist dies wieder eine stimmige und überzeugende Opernproduktion des Landestheaters, die noch acht Mal im März auf dem Programm steht.
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