Kultur

Bregenzer Festspiele: Ein König, gefangen im Schicksal

15.07.2025 • 14:56 Uhr
Bregenzer Festspiele: Ein König, gefangen im Schicksal
Œdipe ( Paul Gay) in den Fängen der Sphinx (Anna Danik).Stiplovsek 

Die Bregenzer Festspiele eröffnen mit George Enescus „Œdipe“, eine Oper von düsterer Wucht.

Morgen Mittwoch werden die Bregenzer Festspiele mit „Œdipe“ des rumänischen Komponisten George Enescu eröffnet: Damit folgt die neue Festspielintendantin Lili Paasikivi der Bregenzer Dramaturgie, auf der Seebühne Kassenschlager (wie heuer im zweiten Jahr Webers „Freischütz“), im Haus aber selten gespielte Werke zu präsentieren. Die Handlung, die überwältigende Musik und die Einblicke, die man bei einem Werkstattgespräch und beim Pressetag bekommen konnte, erhöhen die Spannung, auf die Premiere am Mittwoch folgen zwei weitere Aufführungen am 20. (als Matinee um 11 Uhr) und am 28. Juli.

Bregenzer Festspiele: Ein König, gefangen im Schicksal
Joceste (Marina Prudenskaya) und Laïos (Michael Heim) mit ihrem Sohn Œdipe.Steurer

Zur Handlung

Eigentlich hat schon sein Vater Laios Schuld auf sich geladen, indem er gegen den Willen Apolls ein Kind mit Jocaste gezeugt hat. Beim Fest zur Geburt des Ödipus im Königspalast von Theben prophezeit der blinde Seher Tirésias, dass der Knabe seinen Vater töten und seine Mutter heiraten wird.

Bregenzer Festspiele: Ein König, gefangen im Schicksal
Seher Tirésias. Steurer

Voll Schreck geben die Eltern das Kind weg, der Hirte bringt es nicht übers Herz, das Kind im Wald auszusetzen, der Knabe wächst am Hof von Korinth auf.

Bregenzer Festspiele: Ein König, gefangen im Schicksal
Vater und Sohn treffen sich erneut.Steurer

Doch es kommt, wie es ihm das Orakel von Delphi verkündet hat, seinem Schicksal kann Ödipus nicht entgehen: Er tötet, ohne es zu wissen, seinen leiblichen Vater Laïos, bezwingt die Verderben bringende Sphinx, heiratet seine Mutter Jocaste und ahnt zu keinem Zeitpunkt, was er da tut: Erst 20 Jahre später, als Theben von der Pest heimgesucht wird und das Orakel die Aufklärung für den Mord an König Laïos fordert, erkennt Ödipus, was er getan hat.

Bregenzer Festspiele: Ein König, gefangen im Schicksal
Steurer

Jocaste begeht Selbstmord, Ödipus sticht sich die Augen aus und verlässt, geleitet von seiner Tochter Antigone, die Stadt. „Ich war eine Marionette im Spiel der Götter“, lässt das Festspielmagazin den tragischen König in einem fiktiven Interview sagen, zuletzt findet er Frieden.

George Enescu / Œdipe
Bregenzer Festspiele / Daniel Ammann

Der Komponist

Einem breiteren Publikum ist George Enescu durch seine von der rumänischen Volksmusik inspirierten Kompositionen bekannt, außerdem war er ein herausragender Geiger und Lehrer unter anderem von Yehudi Menuhin. Über einige Jahre arbeitete der 1881 geborene Komponist, der in Paris studierte und nach 1945 dort seine Wahlheimat gefunden hatte, an der Fertigstellung der Partitur – Jahre, in denen sich nicht nur die Musikwelt weitergedreht hatte. Entsprechend vielschichtig ist auch die Musik: Große symphonische Aufwallungen treffen auf kammermusikalisch durchsichtige Passagen und volksmusikalische Wendungen.

George Enescu / Œdipe
Bregenzer Festspiele / Daniel Ammann

Die Hauptpartie des Ödipus ist riesig, sie zeichnet den Weg des zunächst rebellischen, aber auch melancholischen Mannes in all ihren schicksalhaften Wendungen nach. Mit dem französischen Bassbariton Paul Gay ist einer der wenigen Sänger auf der Bühne, die weltweit mit dieser Partie vertraut sind, er sprang kurzfristig für den eigentlich vorgesehenen Johan Reuter ein. Um diese Hauptrolle kreisen zahlreiche kleinere Rollen, eine besondere Aufgabe aber hat der Chor, die in bewährter Weise wieder vom Prager Philharmonischen Chor in der Einstudierung von Lukáš Vasilek übernommen wird.

Elementar

Für die Bregenzer Produktion zeichnet der international renommierte Regisseur Andreas Kriegenburg verantwortlich, der gemeinsam mit Bühnenbildner Harald B. Thor und Kostümbildnerin Tanja Hofmann jedem der vier unabhängig erzählten Akte ein Element widmet: Feuer, Wasser, Luft und Erde, kombiniert mit archaischen Materialien wie Holz, Ton und einfachem Stoff, aber auch mit blanker Haut. Die musikalische Leitung übernimmt der finnische Dirigent Hannu Lintu.

Katharina von Glasenapp