Kultur

“Study for Life”: Schattenklänge und Lichtfäden

31.07.2025 • 15:53 Uhr
Study for Life
Chellist Sebastiaan van Halsema inmitten der Tanzenden.Koehler

„Study for Life“ formt bei den Bregenzer Festspielen eine fragile Bühnenpoesie aus Bewegung und Klang.

Auf ganz andere Weise als in der vergangenen Woche, als die Gesänge und Tänze der Shaker eine faszinierende Einheit bildeten, hat die Tanzkompanie des finnischen Choreographen Tero Saarinen diesmal mit einer Hommage an die Komponistin Kaija Saariaho den weiten Raum der Bregenzer Werkstattbühne verwandelt.

Study for Life
 Suutarinen

Gesamtkunstwerk

Aus Bewegung, Klang, Lichtdesign, Projektionen, Geräuschen und Texten entsteht ein Gesamtkunstwerk: vielschichtig, magisch, aber schwer zu fassen. Die Musik von Kaija Saariaho erklingt teils vervielfacht, das Sounddesign von Tuomas Norvio spielt auf wesentliche Weise mit, um das auf vier Tribünen im Karree um die Tanzfläche postierte Publikum in wandernde, wispernde, rätselhafte Töne eintauchen zu lassen. Auf der wie Wasser anmutenden Folie des Bodens spiegeln sich die Körper der Tänzerinnen und Tänzer, auch der Musikerinnen und Musiker der niederländischen Gruppe Asko|Schönberg, die sich auf fahrbaren Podien ins Geschehen mischen.

Study for Life
Koehler

Gläserne Klänge

Zu den manchmal wie gehaucht wirkenden Streicherklängen, der fein silbrigen Harfe und den Flötengirlanden passt die ungemein klare Stimme der portugiesischen Sopranistin Raquel Camarinha ganz wunderbar. Die Texte von T.S. Eliot und Amin Maalouf fließen freilich weniger wegen ihres Inhalts denn zur Verstärkung des Atmosphärischen in die Kompositionen ein, sie mit dem Tanz in Verbindung zu bringen, fällt schwer. Im Gewebe der an- und abschwellenden Linien ist die Stimme wie ein weiteres Instrument geführt. Saariahos Klänge sind meist ruhig, zerbrechlich, gläsern, ab und zu mischen sich bedrohlich verzerrte oder gescratchte Geräusche hinein.

Study for Life
Koehler

Ausdrucksstark

Tero Saarinen erschafft dazu fließende, oft langsame, ausdrucksstarke Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer: manchmal versammeln sie sich zu einem dichten, atmenden pulsierenden Knäuel rund um einen riesigen Mann, der die anderen um mindestens zwei Köpfe überragt, dann driften sie auseinander in diagonalen Linien, finden sich in Gruppen, stemmen sich gegen bedrohliche Situationen, flüchten, lassen sich fallen. Alleine, in Beziehung zueinander oder in der Gemeinschaft wächst die Sehnsucht nach Begegnung und Verbundenheit. Im Gegensatz zur Klarheit von „Borrowed Light“ in der vergangenen Woche wartet Saarinen hier mit einer Fülle von Ausdrucksmitteln auf, die extrem vielgestaltig sind und zu denen auch die seidigen, teils transparenten Kostüme von Erika Turunen gehören. Zuletzt scheint die Sängerin in einem Tunnel aus weißem Gazestoff zu stecken und über die Lichtregie mit ihren Balken und Spots zu gebieten.

Katharina von Glasenapp