Mit dem Fahrrad quer durch das Baltikum

Der Vorarlberger Peter Hörburger startete gerade in Vilnius eine Reise durch das Baltikum – aber nicht etwa mit Flieger oder Auto, sondern mit dem Fahrrad.
“Wellaweg Velostories“, so heißt das neueste Projekt des ehemaligen Spielboden-Masterminds Peter Hörburger. Gerade ist der Vorarlberger unterwegs durch das Baltikum – von Vilnius über Riga und Tartu nach Tallinn. Die Strecke wird allerdings nicht mit Flugzeug oder Auto, sondern mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Fahrradmobilität ist das große Thema Hörburgers, das er unter anderem auch mit Freakwave, dem Verein hinter dem gleichnamigen Festival, umsetzt. „Beim letzten Festival im Jahr 2021 haben wir schon sehr auf Fahrradmobilität gesetzt, unter anderem gab es eine Fahrradbühne. Auch die Künstler haben wir auf Räder gesetzt, dementsprechend haben wir das Ganze auch ‚Parade‘ genannt.“ Das Format der Fahrrad-Konzerte, etwa mit mobilen Klappbühnen der Firma Veloconcerts, habe viel Potenzial, so der 50-Jährige: „Wenn man auf Infrastruktur verzichtet und gut plant, kann man zum Beispiel mit Lastenrädern extrem viel machen. Man kann mobil und in kleineren Strukturen denken, muss sich nicht an einen Ort binden. Nur das Wesentliche mitnehmen und dann von einem Ort zum anderen ziehen.“ Das Projekt will man auf jeden Fall fortführen und weiter ausbauen, gern auch europaweit, doch es braucht sowohl Vor- als auch Netzwerkarbeit. Die gibt es etwa in Tartu, dem dritten Stopp auf Hörburgers aktueller Reise: „Dort findet die „Trans Europe Halles“-Konferenz statt, wo sich Kulturzentren aus aller Welt treffen, austauschen und voneinander lernen. Ich war schon für den Spielboden dort und freue mich auch jetzt wieder sehr darauf.“
Zeigen, was möglich ist
Der Anlass für den Trip war also ein Treffen Kulturschaffender – aber wieso mit dem Rad hin? Der Plan entstand aus dem Gedanken, ein Projekt daraus zu machen und zu zeigen, was mit Fahrradmobilität möglich ist. „Mit dem Vello-Klapprad, mit dem ich unterwegs bin, ist man extrem flexibel“, sagt der Wahl-Wiener. „Es ist ein ganz anderes Reisen. Man steigt aus dem Flugzeug, klappt das Rad auf und fährt los. Man kommt auch anders in die Städte rein, weil man sie in Schichten kennenlernt. Die Vororte, das Industriegebiet, dann das Stadtinnere. Das Rad hat man immer dabei, und wenn man es nicht braucht, stellt man es halt in eine Ecke. Zusammengeklappt ist es nicht größer als ein Koffer. So muss man es auch im Flugzeug nicht anmelden, sondern gibt es einfach am Gepäckschalter auf.“
„Wenn die Leute mit dem Radfahren anfangen, dann verändert sie das. Es macht was mit ihnen.“
Peter Hörburger, Fahrrad-Enthusiast und Veranstalter

Was genau ist es aber, das Peter Hörburger am Radfahren so fasziniert? „Wenn die Leute mit dem Radfahren anfangen, verändert sie das. Es macht was mit dir, weil du Bewegung und einen höheren Spaßfaktor hast. Und es geht schon auch darum, dass die Mobilität, die wir jetzt haben, eigentlich absurd ist. Gerade in Städten sind Autos nicht mehr wirklich sinnvoll. Der öffentliche Verkehr ist mittlerweile so gut ausgebaut, dass man sich mit dem Rad oder Öffis wirklich viel Zeit und Nerven spart. Mit einem Lastenrad gehen auch kleinere Transporte leichter und schneller, und man hat kein Parkplatzproblem.“ Nutzt er selbst noch ein Auto? „Nur, wenn es wirklich sinnvoll ist. Für Skitouren zum Beispiel, da ist der Transport der Ausrüstung mit dem Auto angenehmer.“
Menschen treffen, Orte sehen
Hörburgers Tour durchs Baltikum dauert bis zum 4. Juni. Auf zwei Dinge freut er sich ganz besonders: „Bekannte zu treffen oder neue Leute kennenzulernen, die auch mit Fahrradmobilität oder Kultur zu tun haben, und neue Wege und Umgebungen zu sehen.“ Unter anderem will er auf einem der wohl schönsten Radwege Europas reisen, der Kurischen Nehrung: „Da hat man einen Ostseestrand und hohe Wanderdünen, die Parnidis-Düne ist 52 Meter hoch, und man hat einen Blick auf Litauens Bernsteinküste.“
Mit dem Rad komme man oft auch eher an die Orte heran, die spannend sind: „Wenn ich auf dem Weg eine interessante Festung oder so sehe, biege ich eben dorthin ab und schaue sie mir an.“ Die Überlegung, ob sich die Suche nach einem Parkplatz rentiert oder der Weg für Autos befahrbar ist, fällt weg. „Man kann schnell stehenbleiben, andere Wege nutzen, andere Orte erkunden, einfach fahren, wohin man will. Dadurch kommt man auch näher an die Leute heran. Auch, weil das Klapprad auffällt, es sieht speziell aus, und Gepäck hängt auch noch dran. Da kommt man schnell mit den Leuten ins Gespräch.“


Wenn Hörburger doch einmal einen Tipp braucht, kommt „Trick 17“ zur Anwendung: „Es gibt ja überall Fahrradhändler, die sind oft die erste Anlaufstelle. Wenn ich wenig Zeit habe, etwas zu suchen, fahre ich zum Händler und tausche mich kurz aus: Wo kommt man wie gut hin, was ist schön zum Anschauen, solche Sachen. Früher bin ich in Plattenläden gegangen, um zu erfahren, was partytechnisch los ist, heute ist es eben die Fahrrad- und Sightseeing-Ebene. Die Bike-Community ist groß, da wirst du schnell akzeptiert, auch, wenn du mit dem Rad aus dem Ausland kommst.“
Ein bisschen Planung
Ganz ohne Planung funktioniert die Reise aber nicht: „Viel hängt mit dem Trans Europe Halles-Meeting zusammen. Einige Leute, die ich kenne, sind schon vorher in Riga, da plant man natürlich die Treffen. Irgendwann muss ich halt irgendwo sein“, sagt der 50-Jährige lachend. „Aber ansonsten bin ich eigentlich recht frei, vieles ergibt sich auch einfach.“

Ein weiterer Vorteil des Reisens per Rad: das geringe Budget. „Man hat ja kaum Kosten. Für die Unterkünfte, ja, klar. Aber für das Rad braucht man ja nichts. Mal ein paar Euro für Abschnitte mit dem Bus oder dem Zug, das war’s.“
Trotz den vielen Vorteile will Hörburger aber eines nicht: die Leute bekehren. „Ich bin kein Extremist. Ich möchte den Menschen einfach nur nahebringen, dass Radfahren ‚a Gaude‘ ist. Darum stoßen wir mit dem Freakwave-Verein demnächst auch viele Projekte in diese Richtung an. Es geht darum, all die unterschiedlichen Formen von Fahrradmobilität in Formate zu bringen, die Spaß machen, etwa mit den Veloconcerts-Fahrradbühnen.“
Man suche einfach Dinge, die interessant seien und zum Freakwave-Konzept passen. „Der Freakave-Grundsatz ist schon dieser Freestyle-Gedanke. Kunstformen, Kultur durchmischen. Dinge, die nicht unbedingt klassisch sind. Es gibt keine Einschränkungen, wir wollen einfach Leute mit verschiedenen Dingen, die sie nicht kennen, ansprechen.“
Auf seiner aktuellen Reise warten auch auf Peter Hörburger viele Dinge, Orte und Menschen, die er nicht kennt. Aber er wird sie alle kennenlernen – mit dem Fahrrad.
