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„Rhesi“-Vertrag zieht sich hin

27.07.2022 • 19:29 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Der Rhein soll sich nicht nur in seinem Mündungsgebiet durch „Rhesi“ deutlich verändern.  <span class="copyright">Internationale Rheinregulierung (IRR)</span>
Der Rhein soll sich nicht nur in seinem Mündungsgebiet durch „Rhesi“ deutlich verändern. Internationale Rheinregulierung (IRR)

Österreich und die Schweiz verhandeln noch immer über den Staatsvertrag für das neue Hochwasserschutzprojekt am Alpenrhein. Es gilt noch offene Rechtsfragen zu klären.

Die Verhandlungen über den Staatsvertrag zur Umsetzung des Hochwasserprojekts „Rhesi“ laufen gut, zumindest wenn man den Bundesverwaltungen in Wien und Bern glaubt. Schnell kommt man damit allerdings nicht voran, wie ein Blick zurück zeigt: Die Vorarbeiten seien abgeschlossen, „der Expertenentwurf ging dieser Tage nach Wien und Bern“, verkündete Landeshauptmann Markus Wallner im Mai 2020 hoffnungsfroh.

2020 verkündete Landeshauptmann Wallner, dass die Vorarbeiten abgeschlossen seien. <span class="copyright">Stiplovsek </span>
2020 verkündete Landeshauptmann Wallner, dass die Vorarbeiten abgeschlossen seien. Stiplovsek 

Es wird verhandelt

Genau heute vor einem Jahr gab man nach einem Ministerratsbeschluss dann den Verhandlungsbeginn bekannt: „Der beharrliche Einsatz Vorarlbergs hat sich ausgezahlt“, so Wallner damals. Wirklich begonnen wurde mit den Gesprächen dann im letzten November, abgeschlossen sind sie auch zwei Jahre nach Übermittlung des Vertragsentwurfes noch nicht. Aktuell rotiert das Jahrhundertprojekt zwischen den Hauptstädten und wird „in konstruktiver Atmosphäre“ bearbeitet, wie das zuständige Schweizer Bundesamt für Umwelt auf NEUE-Anfrage versichert.

Mit dem Staatsvertrag vom 30. Dezember 1892 vereinbarten Österreich-Ungarn und die Schweiz die gemeinsame Regulierung des Rheins von der Illmündung bis zum Bodensee. <span class="copyright">RGBl. 141/1893</span>
Mit dem Staatsvertrag vom 30. Dezember 1892 vereinbarten Österreich-Ungarn und die Schweiz die gemeinsame Regulierung des Rheins von der Illmündung bis zum Bodensee. RGBl. 141/1893

Vertrag aus Kaisers Zeiten

Derzeit erfolgt die Regulierung des Rheins im Wesentlichen auf Grundlage zweier Staatsverträge – einer davon stammt aus dem Jahr 1924, der andere wurde bereits 1892 zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn abgeschlossen. Durch das neue Abkommen soll die Grundlage für eine renaturierende Aufweitung des Alpenrheins geschaffen werden, die den Schutz vor einem 300-jährlichen Hochwasser garantieren soll. Mit Verweis auf die Hochwassergefahr machte der Vorarlberger Landeshauptmann wiederholt Druck in Wien und Bern, die Verhandlungen zu beschleunigen. Seiner Ansicht nach müsse „dem hochwassersicheren Ausbau höchste Priorität eingeräumt werden“, erklärte Wallner im Februar, als er mit Bundeskanzler Karl Nehammer die Schweiz besuchte. „Rhesi“ gebe er auch den Vorzug vor der S 18, so der Landeshauptmann. Landesrat Christian Gantner betonte zuletzt beim Treffen der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein Anfang Juli: „Das Projekt ,Rhesi‘ ist für das Land Vorarlberg das wichtigste Hochwasserschutzprojekt.“ Zeitgleich bemängelte der grüne Abgeordnete Christoph Metzler im Landtag, dass bei „Rhesi“ etwas der Zug verloren gegangen sei und forderte, dass hier nun „Vollgas“ gegeben werden solle.

Dieser Anblick soll Geschichte werden. <span class="copyright">IRR</span>
Dieser Anblick soll Geschichte werden. IRR

Betonte Harmonie

Diplomatische Hindernisse dürfte es in der Frage jedoch keine geben. Sowohl das österreichische Außenministerium, als auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten verweisen Anfragen auf die für Flussregulierungen zuständigen Fachbehörden.
Die österreichische Verhandlungsdelegation wird von Günter Liebel, dem Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium geleitet. Auch dort hält man fest, dass sich die Verhandlungen „in einem konstruktiven Prozess“ befänden. Die Detailplanungen für das Projekt sollen laut Land bis zum Herbst vorliegen. Zur Zeit würden noch „spezielle technische Fragen der Umsetzung dieses umfassenden Projektes“ behandelt, heißt es vom Landwirtschaftsministerium.

“Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und Österreich über den Staatsvertrag zur Regulierung des Alpenrheins kommen gut voran und verlaufen in konstruktiver Atmosphäre.”

Schweizer Bundesamt für Umwelt

Vergaberecht als Bremsklotz

Dass sich der Abschluss des Staatsvertrages trotz der von beiden Seiten betonten Harmonie weiterhin verzögert, dürfte rechtliche Gründe haben: „Da die Schweiz kein EU-Mitglied ist, sind auch EU-rechtliche Fragen zu klären“, erklärt man im zuständigen Ressort Wien. Konkret geht es um das Vergaberecht: Hier macht die EU andere Vorgaben, als sie in der Schweiz gelten. Da es sich um ein grenzüberschreitendes Projekt handelt, das Bauausschreibungen mit hohen Summen beinhalten wird, muss erst abgeklärt werden, welche Vergaberegelungen Anwendung finden sollen. Klagen könnten zu jahrelangen Verfahren und Strafzahlungen führen. „Im Rahmen dieser Verhandlungen haben mehrere Verhandlungsrunden stattgefunden und sind weitere für den Herbst vorgesehen“, erklärt man beim Land und betont, bei den Gesprächen nur Zaungast zu sein.
Bei der Frage, wann die Verhandlungen beendet sein werden, ist man in Bern vorsichtiger als in Wien: Während die eidgenössische Verwaltung angibt, dass für den Verhandlungsabschluss „noch kein Datum festgelegt“ sei, wird dieser im Landwirtschaftsressort am Wiener Stubenring „noch heuer erwartet“. Beim Land wird man noch konkreter, was die darauf folgende Ratifizierung betrifft: „Der Staatsvertrag soll in der ersten Jahreshälfte 2023 paraphiert und anschließend von den Parlamenten ratifiziert werden.“