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Wie ein Vorarlberger Menschen in Mali hilft

08.04.2023 • 07:00 Uhr
Die Reisegruppe bei ihrem Besuch in Mali, Roland Schelling ist in der Mitte. <span class="copyright">privat</span>
Die Reisegruppe bei ihrem Besuch in Mali, Roland Schelling ist in der Mitte. privat

Als Student war der Dornbirner in Mali, und die Erlebnisse dort haben ihn nicht mehr losgelassen. Noch heute unterstützen er und seine Freunde die Menschen dort.

Es war im Frühling 2007, Roland Schelling aus Dornbirn studierte Jus in Innsbruck und nahm als Mitglied der katholischen Hochschuljugend an einer Zusammenkunft der Gemeinschaft teil. „Irgendwann redeten wir davon, dass viele von uns leider noch nie in Afrika waren“, erzählt der heute 40-Jährige.

Roland Schelling ist ein sozial engagierter Mensch. <span class="copyright">Hartinger</span>
Roland Schelling ist ein sozial engagierter Mensch. Hartinger

Eine der teilnehmenden Studentinnen – Teresa Moser aus Salzburg – wusste Abhilfe: Sie hatte ein Praktikum der Caritas in Mali absolviert und war eingeladen worden, mit Freunden und Bekannten erneut in das westafrikanische Land zu reisen. Also brachen sie, Roland Schelling und eine Gruppe weiterer, österreichischer Studenten im Sommer 2007 nach Mali auf.

Bewohner eines der Dörfer, in dem die Studentengruppe war.<span class="copyright"> privat</span>
Bewohner eines der Dörfer, in dem die Studentengruppe war. privat

Dort erlebten sie vor allem bei einem mehrtägigen Aufenthalt in zwei Dörfern das alltägliche Leben. Sie sahen, mit welch einfachen Mitteln die Menschen ihren Lebensunterhalt bestritten und welche Probleme sie hatten: ein karges Land, immer wieder Dürren, Armut und eine schwach entwickelte Infrastruktur. Die Malier sorgten sich dementsprechend nicht darüber, die perfekte Arbeitsstelle oder Schule zu finden, auch machten sie sich keine Gedanken, wie sie Familie und Arbeit unter einen Hut bekommen, sondern bei ihnen ging es teilweise um Grundlegendes: Habe ich morgen etwas zu essen? Was mache ich, wenn ich krank werde, wer bezahlt die Behandlung, wovon lebt dann meine Familie? Gleichzeitig, so erzählt der Jurist, waren die Menschen sehr herzlich, interessiert und fürsorglich denen gegenüber, die in Not geraten waren. „Sie kümmerten sich etwa um eine Witwe, und das, obwohl sie selbst manchmal zu wenig hatten.“

Der Klimawandel sorgt immer häufiger für Dürren in Mali. Dann können keine Nahrungsmittel erstellt werden und die Einkunftsquellen brechen weg. <span class="copyright">privat</span>
Der Klimawandel sorgt immer häufiger für Dürren in Mali. Dann können keine Nahrungsmittel erstellt werden und die Einkunftsquellen brechen weg. privat

All das machte auf die jungen Österreicher einen derart gro­ßen Eindruck, dass sie kurze Zeit nach ihrer Rückkehr den Verein „Babili“ gründeten, um die Menschen in dem westafrikanischen Land zu unterstützen. Der Name, der Brücke bedeutet, geht auf ein Abschiedsgeschenk der Malier zurück, auf dem Österreich und Mali mit einer Brücke verbunden zu sehen sind.

Mit studentischen Mitteln

Als Studenten hatten die Vereinsmitglieder zwar nicht viel Geld, aber Zeit und auch Kontakte. Die eingangs erwähnte Teresa Moser und ihre Geschwister aus Mattsee etwa konnten den Pfarrer ihrer Salzburger Heimatgemeinde zur Unterstützung gewinnen, andere luden Verwandte und Bekannte dazu ein, Geld zu spenden. Zudem führten sie Aktionen – etwa einen Fahrradverkauf – durch, dessen Erlöse an den Verein gingen. Das erste Projekt, das 2008 umgesetzt wurde, war die Reparatur einer Dorfmühle, damit die Dorfbewohner das Getreide nicht mehr mit Steinen mahlen mussten.

Die Schule, deren Bau durch den Verein unterstützt wurde. <span class="copyright">privat</span>
Die Schule, deren Bau durch den Verein unterstützt wurde. privat

Mittlerweile studiert Roland Schelling – und auch seine Vereinskollegen – nicht mehr. Er arbeitet als Verwaltungsjurist bei der Stadt Bregenz, ist verheiratet und hat drei Kinder. In all den Jahren hat der Verein „Babili“ etliche weitere Projekte in zwei Dörfern im Süden Malis verwirklicht: Es wurden ein Speicher und eine neue Mühle finanziert, damit die Produkte vor Ort gelagert und verarbeitet werden können. Da in einem Dorf der nächste Trinkwasserbrunnen eine Stunde Fußmarsch – also zwei Stunden hin und retour – entfernt war, hat die dortige Bevölkerung mit Hilfe von „Babili“ einen Wasserturm, eine Pumpe und eine Wasserleitung errichtet, sodass das Trinkwasser jetzt im Dorf zu beziehen ist. Zudem wurde mit der Unterstützung des Vereins eine Schule gebaut. In Mali gibt es ein aus europäischer Sicht seltsames Gesetz: Wenn die Bevölkerung vor Ort es schafft, ein Schulgebäude zu errichten, bezahlt der Staat die Lehrer. Der Unterricht in dem Dorf ist nun also garantiert und findet nach wie vor statt.

Flyer des Vereines "Babili". <span class="copyright">Hartinger</span>
Flyer des Vereines "Babili". Hartinger

Roland Schelling ist seit seinem ersten Aufenthalt in Mali nicht mehr dort gewesen. Andere Mitglieder des Vereines waren aber ein zweites Mal vor Ort. Die Hilfsorganisation hat in Mali einheimische Ansprechpartner, die koordinieren und informieren, was benötigt wird.

Viele Frauen, die sich dann auch in Vereinen organisieren, schlagen dem Verein nachhaltige Projekte für den Anbau von Lebensmitteln vor. <span class="copyright">Privat</span>
Viele Frauen, die sich dann auch in Vereinen organisieren, schlagen dem Verein nachhaltige Projekte für den Anbau von Lebensmitteln vor. Privat

Die Aufgaben des Dornbirners sind die Werbung für den Verein und die Akquise sowie Betreuung von Unterstützern. Zudem hilft er bei der Pflege der Website. Bei all diesen Arbeiten wird er unterstützt von seiner Frau Lej­la, die auch bei „Babili“ ist. Die beiden sind die einzigen Vorarl­berger Mitglieder des zehn Personen zählenden Vereines, der seinen Sitz im Salzburger Mattsee hat. Alle zwei Monate findet ein virtueller Jour Fixe statt, einmal pro Jahr treffen sich alle zur Generalversammlung in Mattsee. Dort gestalten sie den Sonntagsgottesdienst, bei dem sie ihre Projekte vorstellen. Die Kollekte dieser Messe ist dem Verein gewidmet. Weitere Geldgeber sind Projektpartner und Privatpersonen.

Vom Reden ins Tun kommen

Auf die Frage, weshalb Roland Schelling sich so engagiert, antwortet er: „Ich bin ein christlich denkender Mensch. Nur von Nächstenliebe zu reden und das nicht umzusetzen, ist die halbe Wahrheit. Mit ‚Babili‘ komme ich vom Reden ins Tun. Außerdem habe ich mit dem Verein eine Struktur gefunden, bei der nichts in einer Verwaltung oder durch Korruption verschwindet. Alle Vereinsmitglieder arbeiten ehrenamtlich, und abgesehen von einigen wenigen Kosten wie für Drucksorten fließt das Geld in die Projekte.“

Über solche Straßen fahren sowohl Autos als auch Fuhrfahrzeuge zwischen den Orten hin und her. <span class="copyright">privat</span>
Über solche Straßen fahren sowohl Autos als auch Fuhrfahrzeuge zwischen den Orten hin und her. privat

Abschließend sagt der dreifache Vater: „In Zeiten von Krisen wie Corona oder aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine sinken manchmal die Bereitschaft und die Möglichkeiten, anderen zu helfen, und Spendenaufrufe können dann ungelegen sein. Es wäre dennoch gut, sich bewusst zu sein, dass es Menschen gibt, denen es viel schlechter als uns geht.“

Infos über den Verein und Spendenmöglichkeiten gibt es unter www.babili.at

Aus dem Leben in einer anderen Welt

Als Roland Schelling 2007 mit seinen Studienfreunden in Mali war, wurde er auch mit der weiblichen Beschneidung konfrontiert. Er fragte eine Beschneiderin, warum Allah – Mali ist muslimisch geprägt – Frauen nicht so erschaffen habe, dass eine Beschneidung gar nicht notwendig sei. Sie antwortete: „Das ist eine europäische und keine afrikanische Denkweise.“ Sie habe sich ins Eck gedrängt gefühlt, meint Roland Schelling und führt aus: „Nur Bildung hilft, dass die Menschen Denkmuster, die die weibliche Beschneidung befürworten, ablegen.“ Ein Punkt ist aber auch – so unverständlich sich das für einen Westeuropäer anhören mag – ein wirtschaftlicher: „Was sollen wir arbeiten, wenn es keine Beschneidung mehr gibt?“, sagten einige Beschneiderinnen.

Traditionelle Tänze. <span class="copyright">privat</span>
Traditionelle Tänze. privat

Die Gesellschaft in Mali ist sehr auf die Gemeinschaft ausgerichtet, das Individuum steht nicht wie bei uns im Vordergrund. „Kinder werden oft nicht gefragt, welchen Beruf sie später einmal ergreifen wollen, sondern es ist normal, dass sie das tun, was ihr Vater gemacht hat. Die Gemeinschaft und die Tradition bestimmen, was für den Einzelnen gut ist.“

Mali

19,55 Millionen Menschen leben in dem 1,24 Millionen Quadratkilometer großen Staat in der Sahelzone. Die Hauptstadt ist Bamako. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind die Landwirtschaft, die Fischerei und in zunehmendem Maße der Bergbau. Zu den bedeutendsten Bodenschätzen gehört Gold, Mali ist der drittgrößte Goldförderer Afrikas nach Südafrika und Ghana. Mali war eine französische Kolonie, die Unabhängigkeit erlangte es im Jahr 1960. Seit 2012 verschlechtern sich die humanitäre Situation und die Sicherheitslage im Land. Die Menschen müssen immer wieder fliehen – vor allem vor gewalttätigen Übergriffen bewaffneter Gruppen. Dies verstärkt bereits bestehende Probleme wie politische Instabilität, Klimakatastrophen und Ressourcenknappheit. Millionen von Menschen benötigen humanitäre Hilfe. Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze.