Hippe Cocktails und Selbstgemachtes

Das Bruder in Wien steht für Hausgemachtes und Reduktion auf das Wesentliche. Dabei überrascht auch mal Weißtanne aus dem Bregenzerwald im Getränk.
Beim Betreten des Lokals Bruder im sechsten Wiener Gemeindebezirk fällt vor allem eines besonders durch die bunten Farben auf: Auf den Fensterbänken und in den Regalen stehen große Gläser mit fünf Liter Fassungsvermögen, gefüllt mit Stangensellerie, Zirben, Kiefern, Brombeeren, Rhabarber und noch vielem anderen Gemüse oder Obst, das in klarem Alkohol eingelegt wurde.

Marius Mammerler
Insgesamt sind es 2000 Liter, die das Team des Restaurants Bruder eingelegt hat. So haben die zwei Betreiber Hubert Peter und Lucas Steindorfer immer etwas zu tun.
Für den gebürtigen Schwarzenberger Hubert Peter ist sein Beruf gleichzeitig auch sein Hobby. Es landen teilweise neben herkömmlichen Zutaten ebenso ungewöhnliche Produkte in seinen Drinks. Dann kann auch mal Likör, hergestellt aus der Weißtanne, das Getränk abrunden. Auch seltene Kombinationen wie Spargel, Holunder, Kerbel und Brot gibt es in seinem Reich, der Bar, zu genießen.

Der Sammler
Wenn der 35-Jährige in der Freizeit auf einer Wanderung in der Natur Pflanzen sieht, welche er für das Lokal verwerten könnte, packt er sie in den Rucksack. Auch seine Mama, eine pensionierte Kräuterpädagogin, unterstützt ihn und sammelt im Bregenzerwald. Von ihr hat er die Leidenschaft für gutes Essen und Trinken mitbekommen. „Bei uns daheim hat es immer etwas Gutes zu essen gegeben“, erinnert er sich zurück.

Als der gelernte Kellner dann mit gehobener Gastronomie in Berührung kam und vor zehn Jahren nach Wien zog, wurde er erstmals mit Luxusprodukten konfrontiert. Davon war er zu Beginn noch fasziniert, denn er hat noch nie zuvor etwa einen Steinbutt oder einen Seeteufel gegessen. Später hat er sich wieder an die bodenständige Küche seiner Familie erinnert und sich zurückbesonnen.
„Wenn du mal einen guten Apfel gegessen hast, brauchst du keine Mango, und wenn du mal gute Kässpätzle gegessen hast, brauchst du keinen Kaviar“, so der Wahlwiener. Im Bruder wollen er und Steindorfer den Geschmack Wiens mit seinen heimischen Produkten ohne viel „Chichi“ dem Gast auf den Teller und ins Glas bringen. Dabei liegt der Fokus auf Qualität des Produkts und nicht auf schönen Tellern etwa. „Bevor ich das Geld in den Innenarchitekten oder Instagram investiere, stecke ich es in meine Lieferanten“, so Peter. Bei der Auswahl ist seine Regionalitätsdefinition weiter gefasst und reicht bis nach Süditalien. Denn auf Zitronen etwa möchte Peter nicht verzichten. Ebenso die Naturweine, auf die sie spezialisiert sind, werden in Osteuropa angebaut.

Sophie Kirchner
Brüder im Geiste
Die zwei Gastgeber haben vor über vier Jahren gemeinsam das Lokal Bruder eröffnet. Brüder sind die beiden jedoch nicht – zumindest nicht blutsverwandt. Sie sind „Brüder im Geiste.“ Sie hätten die gleiche Idee von Gastronomie gehabt. Außerdem brauche man in der Branche immer einen Bruder an der Seite, damit man nicht alleine alles meistern müsse. so Peter. Für die beiden steht die Reduktion auf das Wesentliche und das Handwerk im Vordergrund. Steindorfer sorgt mit moderner österreichischer Naturküche für den Hunger, Peter mit experimentellen Cocktails für den Durst. Dabei hinterfragen die beiden, welche Komponenten sie selbst herstellen können.

Bruder
Handwerk
Selbstgemacht wird im Bruder das meiste: wie Käse, Saucen und Würste oder Kombucha. Dabei dreht sich alles um Fermentation und Einlegen. Sogar hausgemachtes Bier gibt es. Aber auch Sirup und Likör für Drinks etwa. Die Zutaten sind vorwiegend biologisch und saisonal. Es kann vorkommen, dass es im Winter einen Drink mit Spargel gibt. Die Zutaten hat er das ganze Jahr über in Gläser und Flaschen im Regal stehen.
Wer im Bruder zu Gast ist, kann zwischen Menügrößen wählen oder nur ein Bier trinken. Auf der Karte wechselt jede Woche je ein Gericht und ein Cocktail. Diese haben klingende Namen wie „Aus die Maus“, „Spargel Tarzan Jane“ oder „Lebe deinen Traum“. Letzteres tun die zwei täglich.