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Bilanz der Caritas Vorarlberg enthüllt

18.07.2023 • 23:00 Uhr
Caritas-Direktor Walter Schmolly bei einer Pressekonferenz. <span class="copyright">Caritas Vorarlberg</span>
Caritas-Direktor Walter Schmolly bei einer Pressekonferenz. Caritas Vorarlberg

Die Öffentlichkeit bekommt Einblick in die Jahresbilanz der Sozialorganisation.

Die Caritas der Diözese Feldkirch, kurz Caritas Vorarlberg, ist mit beinahe 400 fixen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (VZÄ) zuzüglich etwa 130 Zivildienern und Transitbeschäftigten und einem Jahresumsatz plus sonstigen betrieblichen Erträgen jenseits von 50 Millionen Euro eine der maßgeblichen Sozialorganisationen im Land.

Finanzierung aus öffentlichen Mitteln

Der Großteil der Finanzierung ihrer unterschiedlichsten Tätigkeiten stammt aus öffentlichen Mitteln. Die Öffentlichkeit hat bislang allerdings noch nie einen detaillierten Einblick in die wirtschaftliche und vermögensmäßige Gesamtsituation der Caritas Vorarlberg erhalten, denn die Caritas veröffentlicht stets nur Teilbereiche ihrer Bilanz beziehungsweise des Jahresabschlusses. Das macht die Caritas auch gegenüber ihrem wichtigsten Fördergeber, dem Land Vorarlberg, seit Jahren vereinbarungsgemäß so. Die Caritas als Stiftung des kirchlichen Rechts muss ihre Bilanzen nicht beim Firmenbuchgericht veröffentlichen.

Der Wirtschaftspresseagentur wurde jetzt allerdings die vollständige konsolidierte Bilanz 2022 inklusive Gewinn- und Verlustrechnung und der beiden Teilbilanzen (Rechnungskreise) „Caritas Leistung“ und „Caritas Spenden“ zugespielt. Das Dokument umfasst auch den aktuellen Bestätigungsbericht des Wirtschaftsprüfers HLB Vorarlberg, der bei der Prüfung keine wesentlichen Mängel feststellte und keine Beanstandungen äußerte. Die Unterlagen gestatten erstmals eine genauere Einschätzung der finanziellen Lage der Caritas Vorarlberg. Dabei ist auch ersichtlich, welche betrieblichen Kennzahlen das Land Vorarlberg zu sehen bekommt und welche nicht.

17,6 Millionen Euro auf Konto

Die Bilanz 2022 der Caritas Vorarlberg hat eine Bilanzsumme von fast 45 Millionen Euro. Sie zeigt auf der Aktiva-Seite Grundstücke und Bauten im Umfang von 5,7 Millionen Euro. Dazu kommt bei den Finanzanlagen ein Wertpapiervermögen in Höhe von 5,391 Millionen Euro. Im Umlaufvermögen wird ein Kassenbestand beziehungsweise ein Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von 17,613 Millionen Euro Millionen Euro ausgewiesen.

Die Caritas versucht in vielen Ländern Europas zu helfen. <span class="copyright">REUTERS/LISI NIESNER</span>
Die Caritas versucht in vielen Ländern Europas zu helfen. REUTERS/LISI NIESNER

Auf der Passiva-Seite der Bilanz scheinen zweckgebundene Rücklagen in Höhe von 4,294 Millionen Euro und freie Rücklagen im Umfang von 2,534 Millionen Euro auf. Letztere legten im Berichtsjahr um mehr als 21 Prozent zu. Das Eigenkapital beläuft sich auf 7,628 Millionen Euro und wuchs damit um beinahe eine Million Euro oder 12,6 Prozent an (VJ: 6,777 Mio Euro). Dazu kommen Rückstellungen für (freiwillige) Pensionszusagen, sogenannte Firmenpensionen, in Höhe von 1,960 Millionen Euro. Unter den Verbindlichkeiten ins Auge stechen aufgrund der Höhe so bezeichnete „Verpflichtungsgelder“ von 21,009 Millionen Euro (VJ: 19,950 Millionen Euro).

Ergebnis nach Steuern

In der Gewinn- und Verlustrechnung sind Umsatzerlöse von 5,582 Millionen Euro (VJ: 4,939 Mio Euro) angeführt. Dazu kommen sonstige betriebliche Erträge im Umfang von 54,446 Millionen Euro (VJ: 45,197 Mio Euro). Das Betriebsergebnis lag bei 1,068 Millionen Euro und das Ergebnis vor/nach Steuern bei fast 851.000 Euro.

Im Bericht zur Bilanz ist auch nachzulesen, dass die Caritas im Jahr davor (2021) vom NPO-Unterstützungsfonds für Non-Profit-Organisationen mehr als 994.000 Euro erhalten hat. Da diese Gelder nicht vollumfänglich für die Abdeckung von coronabedingten Ausfällen notwendig waren, wurde die Differenz den freien Rücklagen zugewiesen. Zudem ist zu lesen: „Das Berichtsjahr 2022 war im Sinne einer gemeinnützigen Organisation aus wirtschaftlicher Sicht recht gut.“

Vergleicht man die beiden Rechnungskreise „Caritas Leis­tung“ (dem Land bekannt) und „Caritas Spenden“ (so wie die Gesamtbilanz nur caritas-intern bekannt), so zeigt sich, dass im veröffentlichten Teil das Wertpapiervermögen in Höhe von 5,4 Millionen Euro fehlt. Außerdem fehlen die Verpflichtungsgelder im Ausmaß von rund 21 Millionen Euro. Und der Kassenbestand beläuft sich im veröffentlichten Teil auf 5,2 Millionen Euro, während sich die restlichen Kassengelder und Bankguthaben von mehr als 12,3 Millionen Euro im nicht-öffentlichen Teil wiederfinden. Wer also nicht die konsolidierte Gesamtbilanz kennt, dem fehlen wesentliche Informationen über die tatsächlichen Vermögensverhältnisse der Caritas Vorarlberg.

Land kennt nur die “Leistungen”

Beim Land Vorarlberg heißt es auf wpa-Anfrage aus dem Büro von Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne), dass das Land nur Einblick in die Teilbilanz „Leistungen“ der Caritas Vorarlberg habe, da hier die Gelder des Sozialfonds zum Einsatz kommen. Diese Leistungsbilanz ermögliche den vollständigen Einblick in die Verwendung der Landesgelder. Die konsolidierte Gesamtbilanz der Caritas Vorarlberg sei dem Land nicht bekannt. Denn was die Caritas mit ihren Spendengeldern mache, falle nicht in die Zuständigkeit des Landes.

Die Caritas Vorarlberg nimmt über Kommunikationsleiter Claudio Tedeschi zur Gesamtbilanz 2022 Stellung: In der Teilbilanz „Leistungen“ seien alle Bereiche abgebildet, die in Zusammenhang mit öffentlichen Finanzierungen stehen. Daneben gebe es aber auch noch andere Arbeitsfelder der Caritas, die über Spenden finanziert werden, wie etwa die Auslandshilfe, Pfarrcaritas oder Existenzsicherungen. „In diesem Bereich der vertraulichen Spendengelder gibt es seitens des Landes und des Sozialfonds keine Zuständigkeiten.“ Deshalb sei es mit Land und Landesrechnungshof so abgestimmt, dass diese dem Land nicht vorgelegt werden. Sehr wohl aber habe der Rechnungshof bei Prüfungen die Möglichkeit, Einsicht zu nehmen, um die Gesamtsituation bewerten zu können.

Auch im Zuge des Ukraine-Krieges hat die Caritas einiges an Spenden erhalten. <span class="copyright">APA/EVA MANHART</span>
Auch im Zuge des Ukraine-Krieges hat die Caritas einiges an Spenden erhalten. APA/EVA MANHART

Angesprochen auf die hohen Bankguthaben teilte Tedeschi mit, dass diese zu einem beträchtlichen Teil aus den schon genannten „Verpflichtungsgeldern“ bestehen würden. Das seien Gelder, die der Caritas durch die öffentliche Hand und durch Spender mit konkreten Verpflichtungen übertragen worden seien, etwa für Personalaufwendungen oder die Umsetzung größerer Projekte. Diese Spenden seien bis auf den letzten Cent zweckgewidmet, weshalb sie auch Verpflichtungsgelder heißen. In der 2022er-Bilanz gebe es etwa auch Spenden für die Ukraine-Hilfe, die erst 2023 schlagend werden.

Bei den Rückstellungen für Pensionen gehe es um Pensionszusagen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die alle vor 1998 abgeschlossen worden seien. Bis damals habe man eine betriebliche Altersvorsorgezusage bekommen. Die Caritas habe rechtlich prüfen lassen, ob und in welcher Höhe diese Ansprüche tatsächlich bestehen und diese in der Bilanz abgebildet.

Wertpapiere

Und schließlich heißt es in Bezug auf das 5,4 Millionen Euro schwere Wertpapiervermögen, dass man Spendengelder, die bei langfristigen Projekten über mehrere Jahre zweckgewidmet verwendet werden müssen, teilweise mit Wertpapieren absichere. Das seien teils Projekte, die in keinem Zusammenhang mit öffentlichen Finanzierungen stehen würden und deshalb in der öffentlich einsehbaren Leistungsbilanz der Caritas „grundsätzlich nicht dargestellt“ seien.

Günther Bitschnau/wpa