Energiewende und Ortsbild liegen sich mitunter in den Haaren

Die Errichtung einer PV-Anlage auf dem Dach der Apotheke Bludenz-Stadt wurde aus Gründen des Ortsbildes untersagt.
In Vorarlberg zeigen sich angesichts der verstärkten Bemühungen für die Energiewende immer häufiger damit verbundene Konflikte mit dem Schutz des Orts- und Landschaftsbildes. Die Kernfrage dabei ist, was von höherer Wichtigkeit für eine Gesellschaft ist: eine höchstmögliche Unabhängigkeit im Energiebereich und damit eine geringere Erpressbarkeit durch diverse Staaten oder unverändert schöne Städte und Landschaften.

Das jüngste Beispiel für den Spagat zwischen diesen beiden Zielen ist das gescheiterte Vorhaben, auf dem Dach des Gebäudes der Apotheke Bludenz Stadt eine Photovoltaik-Anlage zu errichten. Dem Projektbetreiber und früheren Apotheker Maximilian Fritsche wurde die im Oktober 2021 beantragte Errichtung einer 23,4-kWp-PV-Anlage unter Hinweis auf das Ortsbild und die unmittelbare Nähe zur historischen Altstadt in Bludenz von der Stadt baubehördlich negativ beschieden. Im Zuge des negativen Bescheides am 22. Februar 2022 verwies die Stadt Bludenz zudem auf den Umstand, dass auch das Bundesdenkmalamt keine Zusage zur Errichtung einer PV-Anlage auf einem ohnehin denkmalgeschützten Gebäude geben werde. Dazu gibt es eine schriftliche Stellungnahme des Bundesdenkmalamtes vom Oktober 2021, die der wpa vorliegt.
Beschwerde abgewiesen
Der frühere NEOS-Bürgermeisterkandidat Maximilian Fritsche brachte daraufhin Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht ein, das in der Folge ein Sachverständigengutachten bei einem Amtssachverständigen des Landes in Auftrag gab. Vor wenigen Wochen erhielt Fritsche das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes, dass seine Beschwerde abgewiesen und der negative Baubescheid bestätigt werde. Weitere Rechtsmittel seien nicht zulässig. Die geplante PV-Anlage ist damit Geschichte. Das 32-seitige Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts liegt der wpa-Redaktion vor.

Wie Fritsche im wpa-Gespräch erklärte, wollte er die PV-Anlage vor allem zur Stromerzeugung für die im Haus befindliche Apotheke nutzen. „Als Teil der kritischen Infrastruktur ist es für eine Apotheke wichtig, dass wir jederzeit Strom haben. Den Überschuss hätten wir eingespeist.“ Dass die Stadt einem Hauseigentümer in Zeiten wie diesen, wo das Energiethema permanent auf der Tagesordnung stehe, die Errichtung einer PV-Anlage aus Gründen des Ortsbildes verbiete, bezeichnete Fritsche als „absurd“ und in keiner Weise nachvollziehbar. Vor allem weil die Sichtbarkeit der jetzt untersagten PV-Anlage im öffentlichen Raum durch zwei Bäume ohnehin massiv eingeschränkt gewesen wäre.
„Zeiten haben sich geändert“
Bei der Landesstelle Vorarlberg des Bundesdenkmalamtes in Bregenz sagte deren Leiterin Barbara Keiler, dass sich die Zeiten mittlerweile geändert hätten und das Energiethema eine stärkere Bedeutung als früher erhalten habe. Daran komme auch der Denkmalschutz nicht vorbei. „Denkmalschutz und die Gewinnung von Solarenergie schließen sich nicht grundsätzlich aus, man muss aber jedes Projekt individuell beurteilen“, so Keiler. Mittlerweile habe man schon mehrere denkmalgeschützte Gebäude in Vorarlberg, die eine PV-Anlage bekommen haben. Die modernen PV-Technologien mit flachen und farblich integrierbaren Modulen würden viel besser als früher eine unauffällige Integration in die Dachhaut erlauben. Wichtig sei jedoch, dass sich Bauherren frühzeitig mit dem Bundesdenkmalamt in Verbindung setzen, damit vorab geklärt werden könne, was möglich sei und was nicht.

Drei PV-Anlagen bewilligt. Die Stadt Bludenz erklärte in einer Stellungnahme, dass man vor dem Hintergrund des eigenen Beschlusses der „Mission Zero Bludenz“ bis 2035 natürlich unter anderem auch hinter dem Ausbau von PV-Anlagen stehe. Allerdings seien PV-Anlagen auf Dächern oder an Fassaden in der Altstadt aufgrund des Ortsbildes nicht immer möglich. „Während vor Jahren solche Anträge noch kategorisch abgelehnt wurden, sucht die Stadt inzwischen aktiv nach Lösungsmöglichkeiten.“ So gebe es in Abstimmung mit der Richtlinie des Bundesdenkmalamtes diverse Vorgaben, unter welchen PV-Anlagen auch in der Altstadt bewilligungsfähig seien. Auf diesem Weg habe man heuer schon drei PV-Anlagen in der Altstadt bewilligt. Weiterhin nicht möglich seien jedoch PV-Module, die vom öffentlichen Straßenraum im Umfeld des erhaltenswerten Altstadtbereiches einsehbar seien.
Günther Bitschnau/wpa