Diese zwei jungen Vorarlbergerinnen sind ausgewandert

Zwei junge Vorarlbergerinnen sind nach abgeschlossenem Studium der Sonne nach und arbeiten von dort für Vorarlberger Unternehmen.
Als die NEUE am Sonntag Mitte vergangener Woche mit Alice Stampach und Svenja Morel zoomte, kletterte das Thermometer hierzulande maximal auf 23 Grad.
In Barcelona hingegen, wo die beiden 27-Jährigen leben, sorgte die Sonne für Temperaturen um die 30 Grad. „Hier scheint so oft die Sonne. Das beeinflusst das Gemüt und die Lebensfreude positiv. Zudem liegt das Meer vor unserer Haustüre“, schwärmt Alice Stampach, die ursprünglich aus Höchst kommt. Ihre aus Andelsbuch stammende beste Freundin Svenja Morel ergänzt: „Ich brauche Wärme, sie ist wichtig für mich.“ Das bedeutet aber nicht, dass die beiden Neo-Spanierinnen sich vor allem an der Sonne aalen und Fiesta am Strand feiern, im Gegenteil: Die beiden sind Mitte Mai mit ihrer Agentur „Solaya Marketing & Consulting“ durchgestartet und unterstützen als Marketing-Mentorinnen Unternehmen in der DACH-Region.

Selbständig zu werden ist schon in der Heimat kein Zuckerschlecken – in einem fremden Land, dessen Sitten, Gebräuche und Sprache man erst lernt, ist es noch schwieriger. Doch die beiden Freundinnen haben ein klares Ziel vor Augen, sind diszipliniert, konsequent sowie risikofreudig und lassen sich von Rückschlägen nicht unterkriegen; sie sehen Letztere als Erfahrung, um zu lernen und zu wachsen. Und schließlich: Die zwei 27-Jährigen leben den Traum einiger, vor allem junger Menschen, sich im Ausland niederzulassen und für das Inland zu arbeiten.

Alice Stampach wanderte im Jänner 2022 in die 1,6 Millionen zählende Stadt aus. Als Gründe dafür nennt sie: „Nachdem ich den Master in der Tasche hatte, fragte ich mich, wie es weitergeht. Ich wollte die Welt sehen, Spanisch lernen und am Meer leben. Zudem wünschte ich mir, in einer Stadt zu wohnen. Das alles vereint Barcelona.“ Vor ihrem Umzug arbeitete sie in Wien in einer Marketing-Agentur und ihr Chef ermöglichte ihr, die ersten Monate von Barcelona aus für das österreichische Unternehmen tätig zu sein. Ihre Freundin Svenja Morel, damals ebenfalls in Wien lebend, wälzte wenig später ähnliche Gedanken: Auch sie wollte nach ihrem abgeschlossenen Master-Studium andere Gegenden kennenlernen, Österreich den Rücken kehren und herausfinden, was an anderen Orten alles machbar ist. Sie überlegte, Amsterdam als ihren künftigen Lebensmittelpunkt zu erküren, aber: „Es ist schwierig, irgendwo hinzuziehen, wo man niemanden kennt und keine Familie lebt“, sagt sie. Da ihre Freundin Alice Stampach auch wie Familie ist und Svenja Morel sich ebenfalls für Spanien interessierte, fiel ihre Wahl auf Barcelona.

Danach zeigte der Weg rasch in Richtung gemeinsamer Selbständigkeit mit Arbeit für österreichische Firmen, weil die Gehälter in Spanien nicht hoch sind, die Lebenserhaltungskosten aber durchaus. Beide Frauen sind studierte Publizistinnen, Alice Stampach hat zudem den Master in Digitalisierung, Politik und Kommunikation abgeschlossen, während Svenja Morel sich in ihrem Masterstudium dem Digital Marketing und der Kommunikation widmete. Also lag es nahe, ein Marketing-Unternehmen zu gründen, wobei die beiden betonen, dass sie keine Agentur, sondern Marketing-Mentorinnen sind.
Kleinere Firmen im Vierländereck
Sie unterstützen vor allem kleinere Firmen im Vierländereck, ihr Marketing selbst in die Hand zu nehmen, sie zeigen die dafür gängigen Tools und geben Tipps zur Umsetzung. „Wir wissen, dass zugekauftes Marketing bei einer Firmengründung für viele schwer leistbar ist. Deshalb bieten wir für Kleinunternehmer diese Lösung an“, erklärt Svenja Morel.

Anfang März – Svenja Morel lebte zu dem Zeitpunkt seit zwei Monaten in Barcelona, Alice Stampach ein Jahr länger – begannen die beiden mit der Gründung von „Solaya Marketing“. „In Spanien benötigt das Bürokratische deutlich länger als in Österreich, deshalb dauerte es bis Mitte Mai, bis wir starten konnten“, erzählt Alice Stampach. Der Name „Solaya“ setzt sich zusammen aus dem spanischen „Sol“ (Sonne) und „Playa“ (Strand). „Die Sonne spiegelt sich in allem wider, was wir tun und gibt Energie. Dieses positive Gefühl geben wir weiter“, wird der Name auf der Homepage von „Solaya Marketing“ näher erklärt.

Ein gutes Gefühl vermitteln die zwei Marketingexpertinnen auch beim Zoom-Videocall mit der Neue am Sonntag. Sie wirken positiv gestimmt, sind freundlich und geben bedacht auf alle Fragen Antworten. Zudem erwecken die beiden einen lebenserfahrenen Eindruck. So pflegen beide, obwohl sie erst 27 Lenze zählen, die Lebenseinstellung „Was ist, wenn morgen das Leben endet?“. Dadurch schieben sie Wichtiges nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag. Anderen, die davon träumen, so wie sie im Ausland zu arbeiten, raten sie deshalb, die Entscheidung nicht zu lange hinauszuzögern, sondern es einfach zu tun und nicht zu viel nachzudenken. Zudem empfehlen sie, sich zu fragen, was der schlimmst eintretende Fall sein könnte. „Wenn er nicht so arg ist, warum sollte man dann den Schritt nicht wagen?“, fragt Alice Stampach. Sie und Svenja Morel haben außerdem ein zusätzliches Sicherheitspolster: Sollten in Südeuropa alle Stricke reißen, wissen sie, dass sie nach Vorarlberg zurückkehren können.
Vertrauensbasis über Videocalls schaffen
Doch damit zurück zur Gegenwart und hin zum Praktischen: Wie funktioniert das Arbeiten mit dieser geographischen Entfernung? „Es klappt gut“, sagt Svenja Morel. „Die Vertrauensbasis, die sich bei persönlichen Gesprächen ergibt, schaffen wir durch Videocalls. Wenn die Kunden uns an Bord nehmen, sind wir trotz der räumlichen Distanz als Expertinnen an ihrer Seite und bei Fragen immer erreichbar. Das funktioniert per Handy und Computer.“ Sind die zwei jungen Frauen dann auf Vorarlberg-Besuch, was bei beiden circa dreimal pro Jahr der Fall ist, können sie sich persönlich mit der Kundschaft treffen. Letztere besteht nicht nur aus Digital Natives, sondern auch aus über 40- und Anfang 50-Jährigen. Bisher sind die zwei zielstrebigen Frauen zufrieden mit der Geschäftsentwicklung.
Wer auswandern möchte, aber vor dem letzten Schritt zurückschreckt, sollte sich fragen, was der schlimmste Fall sein könnte. Wenn er nicht so arg ist, warum sollte man dann den Schritt nicht wagen?
Alice Stampach, Auswanderin und Co-Founderin von SOLAYA Marketing & Consulting
An ihrer neuen Heimatstadt schätzen die beiden Auswanderinnen neben der Sonne und dem Meer ihre Internationalität. „Jeden Tag habe ich mit neuen Menschen und anderen Kulturen zu tun. Hier lernst du täglich etwas dazu“, sagt Svenja Morel. Sie und auch ihre beste Freundin empfinden allerdings eine Hassliebe zu der Stadt: „Hier ist sehr viel los und es ist nie ruhig. An manchen Tagen stört uns das. An vielen anderen Tagen aber lieben wir genau das“, beschreibt Alice Stampach.