„Glückliche Mitarbeiter sind produktiver“

Hartinger
Beim Health and Mind Festival im Bregenzer Festspielhaus drehte sich alles um die mentale Gesundheit, das Glücklichsein und die Arbeitswelt..
Ein guter Mitarbeiter ist fleißig und fehlt nie – das ist wohl eine weit verbreitete Meinung im Land, oder war es bisher. Schließlich ist „schaffa, schaffa, Hüsle boua“ ein Spruch, den Vorarlberger von klein auf eingeprägt bekommen. Doch warum nicht von nordischen Ländern abschreiben, wie es Glücksforscherin Maike van den Boom gestern Morgen als erste Speakerin des Health and Mind Festivals auf der Festspielbühne vorgeschlagen hat.

Vorbild Schweden
Denn die Skandinavier sind Spitzenreiter in Sachen glücklich sein. Dort wird statt auf Hierarchie und strikte Regeln auf die Förderung der mentalen Gesundheit gesetzt. Denn es lohnt sich laut der gebürtigen Deutschen für Unternehmen: „Glückliche Mitarbeiter sind bis zu 50 Prozent produktiver. Sie bilden bessere Teams, sind loyaler und bleiben gerne in Unternehmen – Stichwort: Fachkräftemangel.“ Darüber hinaus würden glückliche Angestellte mehr zurückgeben, seien kreativer, innovativer und gesünder. „Sie haben nur ein Zehntel aller Krankheitstage.“

Die Gesundheit in der Arbeitswelt lag auch den Veranstalterinnen mit der Festivalpremiere am Herzen. Verena Eugster und Patricia Zupan-Eugster wollten ein „Event für gesunde, robuste Menschen schaffen, damit sie auch weiter gesund bleiben“. Diese Idee hatten die Schwestern aufgrund von Corona. Sie wollen Veränderung schaffen. Gerade in Zeiten von Krisen sieht Maike van den Boom es als wichtig an, dass Denkmuster in Unternehmen verändert werden, sie flexibler, attraktiver werden. Eine derartige Entwicklung braucht Zeit. Freizeit ist darüber hinaus ein Energielieferant. Die Speakerin fragt die Menge, was ihr Energie gibt. „Kaffee“, „Sex“ und „Schlaf“ sind unter den Publikumszurufen.

“Guter Schlaf fängt morgens an”
Dass Schlaf grundlegend für die Leistungsfähigkeit ist, bestätigt Schlafexperte Philipp Amann. „Superschläfer“ seien glücklicher, würden bessere Entscheidungen treffen und hätten eine höhere Lebenserwartung. Wenn der Schlaf durch Schichtarbeit auf den Tag gelegt wird, ist es nicht gleichwertig. „Du kannst nicht die Nacht zum Tag machen und umgekehrt.“

Ausschlaggebend ist die Erholung: „Schlafen und Regeneration sind zwei Paar Schuhe.“ 80 Prozent der Erwerbstätigen würden schlechter schlafen, als sie müssten. Guter Schlaf fängt für den Frastanzer schon am Morgen an, wenn man die Augen aufmacht. Es geht darum, sich während des Tages zu bewegen, zu erholen und gesund zu ernähren. Der Eigentümer des Schlafsystemherstellers Samina rät dazu, drei Stunden vor dem Schlafen nichts mehr zu essen und zwei Stunden zuvor Handys und Tablets wegzulegen. Auch Unternehmen können die Regeneration fördern, indem sie etwa Ruheräume einrichten.

Derartige Fördermaßnahmen der psychischen Gesundheit sieht auch die Unternehmerseite als gewinnfördernd an. „Ein Unternehmen lebt immer von den Mitarbeitern“, so TV-Investorin Katharina Schneider. Die mentale Gesundheit sei im Spitzensport bereits stark verankert. Auch in der Unternehmenswelt ist dies gefragt. Dort sei die Zeit der Obstkörbe und Kaffees schon lange vorbei. Sie spricht die Burn-Out-Rate, mentale Krankheiten, erhöhten Stress und die Pandemie an. Diskussionen wie jene über die Vier-Tage-Woche gehen für sie in die falsche Richtung: Denn die Anzahl der Tage habe nichts mit Erfolg zu tun, sondern ob Mitarbeiter gerne arbeiten. Erst mal gehe es darum, dass das Thema mentale Gesundheit in den HR-Abteilungen ankommt und dann um weiterer Schritte.

Zumindest bis nach Würzburg wird das Thema nach dem Event getragen werden. Besucherin Anja Kohlert, Führungskraft in der Pharmaindustrie, ist von dort angereist. „Wir sind nicht nur Manager, sondern oft auch Psychologen und Lebensberater“, sagt sie. Durch mehr Druck und Workload und weniger werdender Freizeit sieht sie es als ihre Aufgabe an, Mitarbeiter aufzufordern, dass sie auch den Laptop zuklappen und sich Erholung gönnen sollen.

Eisbad für die Regeneration
Dem Beispiel ist Lukas Naundorf gefolgt. Der Marketingmanager hat sich für das Event freigenommen. Um in der schnelllebigen „Ellenbogengesellschaft“ mit den eigenen Erwartungen und dem Leistungsdruck umgehen zu können und authentisch zu bleiben, hat er ein mentales Coaching in Anspruch genommen. Seitdem wendet der 24-Jährige etwa Atemübungen an. Beim Festival stieg er ins Eisbad. Vor ihm wagte sich Leichtathlet Elias Nussbaumer ins fünf Grad kühle Nass. Erst sei es eine Überwindung gewesen, nach dem Bad verspürte er Adrenalin, erzählt er grinsend. Wahrscheinlich wird er gut schlafen.
