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Harsche Kritik an Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt

29.05.2024 • 16:40 Uhr
„Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt Vorarlberg gGmbH“
„Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt Vorarlberg gGmbH“ SERRA

Drei Workshops für 500.000 Euro Jahresbudget für die von der Arbeiterkammer getragenen Institution werden hinterfragt. Landesrat Tittler nimmt AK in die Pflicht, Neos verlangen sinnvolleren Einsatz des Geldes.

Als eine unbedingt notwendige Einrichtung, die sich explizit mit den Problemen des Arbeitsmarktes in Vorarlberg und dessen Herausforderungen in der Zukunft wie etwa beim Thema Weiterbildung auseinandersetzen soll, wurde die Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt Vorarlberg gGmbH (FAV) vor eineinhalb Jahren der Öffentlichkeit vorgestellt.

Schon damals wurde wie berichtet allerdings Kritik laut, warum es im kleinen Bundesland Vorarlberg eine weitere Einrichtung mit viel öffentlichem Geld benötigt, die sich mit der Weiterbildung der arbeitenden Bevölkerung beschäftigt, damit die Bedürfnisse der Wirtschaft bezüglich Arbeitskräfteangebot gestillt werden können. Die Frage, warum eine bessere Koordination der bestehenden und seit Jahrzehnten tätigen Weiterbildungs-Player im Lande nicht zielführender wäre, ist bis heute nicht beantwortet.

Jahresbudget von 500.000 Euro

Die FAV-Gesellschaft gehört zu 60 Prozent der Arbeiterkammer Vorarlberg, die restlichen 40 Prozent entfallen auf das Land Vorarlberg. Das Jahresbudget beträgt eine halbe Million Euro, das Land hat einen Gesellschafterzuschuss von 200.000 Euro beigesteuert. Vor etwas mehr als einem Jahr hat die FAV ihre operative Tätigkeit gestartet, das Büro befindet sich im “Bärahus” in Feldkirch. Nach einer interimistischen Geschäftsführer-Tätigkeit von AK-Direktorin Eva King übernahm im Sommer 2023 der Feldkircher Stadtpolitiker und Pädagoge Peter Stieger (ÖVP) deren Agenden als neuer FAV-Geschäftsführer.

Drei Workshops innerhalb eines Jahres

Die bisherige Bilanz nach einem Jahr ist unterdessen etwas überschaubar. Ganze drei Workshops haben in den vergangenen zwölf Monaten stattgefunden, ist jedenfalls auf der FAV-Internetseite zu lesen. Wiederholte Anrufe der wpa-Redaktion in der FAV im Laufe des vergangenen Montags endeten immer in der Telefonwarteschleife der Arbeiterkammer Vorarlberg, das Büro war offenbar nicht besetzt.

„Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt Vorarlberg gGmbH“
Damals noch überzeugt von der „Fördergesellschaft für den Arbeitsmarkt Vorarlberg gGmbH“ – Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Marco Tittler mit AK-Präsident Bernhard Heinzle.SERRA

Weiterbildungs-Workshop ohne Volkshochschulen

Einer dieser drei Workshops beschäftigte sich mit dem Thema Weiterbildung. Ein Blick in die Teilnehmerliste zeigt, dass die Vorarlberger Volkshochschulen mit ihrem Geschäftsführer Stefan Fischnaller an diesem Workshop gar nicht teilgenommen haben. Da die Volkshochschulen einer der großen Anbieter von Erwachsenen-Weiterbildung in Vorarlberg sind, sorgte die Nicht-Teilnahme von Fischnaller für Verwunderung. Stefan Fischnaller erklärte auf wpa-Anfrage, dass er sehr gerne daran teilgenommen hätte. “Allerdings hat man vergessen, uns einzuladen. Dafür hat sich die FAV auch entschuldigt.”

Geschäftsführer verabschiedet sich

Abgesehen von der etwas dürftig erscheinenden Arbeitsleistung innerhalb eines Jahres hat die FAV jetzt ein anderes Problem. Denn der erst im Sommer 2023 angetretene Geschäftsführer Peter Stieger wird aus dieser Funktion bald wieder ausscheiden. Das zeigt auch ein Stelleninserat beim Personalvermittler Kathan & Sepp, worin eine neue Geschäftsführung für die FAV gesucht wird.

Gerold Kaufmann, bei der AK Vorarlberg unter anderem für die FAV zuständig, erklärte auf Anfrage, dass sich Stieger aus persönlichen Gründen dazu entschieden habe, in ein paar Monaten in sein früheres Arbeitsumfeld zurückzukehren. Deshalb suche man eine neue Geschäftsführung, die ihr Amt im Herbst 2024 antreten solle. Nach Angaben von Kaufmann habe die FAV derzeit neben Stieger keine weiteren Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter. “Das ist noch eine kleine Projektgesellschaft.”

Peter Stieger, der sich derzeit in den USA aufhält, ging auf wpa-Nachfrage per E-Mail nicht näher darauf ein, warum er nach so kurzer Zeit schon wieder aufhören werde. Gut informierte Kreise weisen unterdessen darauf hin, dass unter anderem die Chemie zwischen Stieger und Eva King nicht gestimmt habe.

Marco Tittler: “Auf Wunsch der AK gegründet”

Wirtschaftslandesrat Marco Tittler sagte im wpa-Gespräch, dass die FAV auf “die Bitte und den dringenden Wunsch” der Arbeiterkammer Vorarlberg hin gegründet worden sei. Sie sei als Pendant zur WISTO zu sehen und notwendig, da sich bislang keine Organisation in Vorarlberg explizit mit dem Arbeitsmarkt insgesamt beschäftige. Aus diesem Grund habe sich das Land Vorarlberg dazu entschieden, als Juniorpartner einzusteigen. Mittlerweile wurde auch ein Beirat eingerichtet, in dem neben Land und AK auch der ÖGB, die IV, die WKV, die WISTO und das AMS vertreten sind.

Landesrat nimmt Sozialpartner in die Pflicht

Das Land Vorarlberg selbst habe kein Know-how und auch nicht das Personal für das Thema Arbeitsmarkt, so der Landesrat. Darum sei man ja auch nur Juniorpartner bei der FAV. Tittler betonte, dass man deshalb von den eingebundenen Sozialpartnern und auch der AK jetzt erwarte, dass sie ihre Stärken bei der FAV einbringen. “Sie sollen dort jetzt in den Lead gehen und die Dinge vorantreiben. Das Thema Arbeitsmarkt ist ja eine der Kernkompetenzen der Sozialpartner und gerade auch der Arbeiterkammer.”

Tittler: “Kein Aufbau von Doppelstrukturen”

Den bevorstehenden Abgang von Geschäftsführer Peter Stieger bezeichnet Tittler als “suboptimal”. Auch habe sich gezeigt, dass der Aufbau und die konkrete Themenausgestaltung sowie die Vorgehensweise der FAV gar nicht so einfach zu bewerkstelligen sei. Ein Jahr sei hierfür vergleichsweise wenig Zeit. “Wenn man das ordentlich machen will, dann braucht man da schon eine ordentliche Mannschaft. Denn die Probleme am Arbeitsmarkt sind groß und werden bleiben.” Was er unterdessen keinesfalls wünsche, sei der Aufbau von Parallelstrukturen und Doppelgleisigkeiten, die in Konkurrenz zu den bestehenden Anbietern treten.

Neos bringen Landtags-Anfrage ein

Die Vorarlberger Neos hatten von Beginn an Zweifel an der Notwendigkeit der Gründung der FAV. Jetzt haben sie erneut eine Landtags-Anfrage eingebracht mit dem Titel “Aufgebauscht und verblasst – Was blieb von den ambitionierten Plänen der FAV?” Es sei absolut nicht erkennbar, was diese mit viel öffentlichem Geld ausgestattete Gesellschaft zu diesem wichtigen Thema beitragen solle, so NEOS-Klubobmann Johannes Gasser im wpa-Gespräch. Er verweist auf die vielen bestehenden Weiterbildungs-Player im Land, welche die Notwendigkeiten sehr gut kennen würden. Hier brauche es vielleicht nur mehr Koordination und Absprache.

Gasser: “Die halbe Million Euro besser verwenden”

Die finanzielle Situation des Landes Vorarlberg gebiete einen sorgsamen Umgang mit Steuergeldern. Und mit dieser halben Million Euro pro Jahr für das FAV könnte man jedenfalls viele sinnvolle Projekte in Vorarlberg unterstützen, welche unmittelbar zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen würden, ist Gasser überzeugt. Denn auch darin liege ein Schlüssel für ein verbessertes Arbeitskräfteangebot im Land. 

Günter Bitschnau