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Mähroboter als eine unterschätzte Gefahr der kleinen Gartenbewohner

01.06.2024 • 10:00 Uhr
Annelies Dalpez mit Igel, v
Der stille Feind der kleinen Gartenbewohner: Der Mähroboter. Hartinger

Mähroboter sind praktisch, aber haben auch negative Auswirkungen auf die Tierwelt. Es besteht Verletzungsgefahr für Igel. Außerdem fehlt durch das Mähen der Lebensraum für die Nahrung.

So ein Mähroboter ist schon praktisch – er kümmert sich um die Rasenpflege, während man in der Arbeit oder im Urlaub ist und macht wenig Lärm. Der Rasen ist immer perfekt getrimmt – dann haben die Nachbarn nichts zu meckern, der Garten würde nicht „ghörig“ ausschauen. Mähroboter werden immer beliebter. Doch die Ästhetik und Arbeitserleichterung hat auch seine Schattenseiten. Erst kürzlich wurde in Kärnten ein elf Monate alter Bub von einem Mähroboter schwer verletzt. Auch für die tierischen Gartenbewohner kann er gefährlich sein. In der Igelstation in Nüziders werden aktuell noch 26 Igel mit diesjährigen Verletzungen von wahrscheinlich vorwiegend Mährobotern von Annelies Dalpez aufgepäppelt. Und die Mähsaison hat erst begonnen.

Mehr verletzte Igel

Die 83-Jährige erzählt beim Gespräch mit der NEUE bestürzt: „Es gibt viele verletzte Igel durch die Mähroboter.“ Sie berichtet von ausgerissenen Stacheln, welche für den Schutz vor Feinden wichtig sind, oder auch von anderen Verletzungen. Die Stacheln wachsen wieder nach. Doch teilweise musste sie sogar Igel einschläfern, wenn sie nicht mehr fressen konnten. Auch ist es problematisch, wenn sich die verwundeten Tiere irgendwo verkriechen und ihnen nicht geholfen wird. Etwa 30 wahrscheinlich durch Mähroboter verletzte Igel hat die Obfrau des Bludenzer Tierschutzvereines nach eigenen Angaben dieses Jahr wieder genesen in die freie Wildbahn entlassen.

Annelies Dalpez mit Igel, v
Die Stacheln wachsen wieder nach. Sie sind ein wichtiger Schutz vor den Feinden. Hartinger


Im Vergleich zu der Vergangenheit kann sie eine negative Entwicklung wahrnehmen. Zuvor waren derartige Verletzungen für die Igelstation noch kein großes Thema, es gab nur vereinzelte Fälle. Erst seit einem Jahr etwa beobachtet sie ein vermehrtes Aufkommen. 2023 waren es noch 18 stachelige Opfer während des ganzen Jahres.

Annelies Dalpez mit Igel, v
Annelies Dalpez hat ein Herz für Igel. Hartinger


Auch übliche Rasenmäher können natürlich Igel verletzen, doch diese gelangen nicht derart gut unter Gestrüpp, wo sich die Tierchen gerne aufhalten. Außerdem kann beim Rasenmähen der Mensch das Gerät steuern und auf einen Igel reagieren.

Annelies Dalpez Igelstation Nütziders
Ein Aufeinandertreffen von Igel und Mähroboter kann grausam enden. Handout


Dalpez würde sich folgendes für die Zukunft wünschen: „Weniger Gift im Garten und die Roboter zurückhalten.“ Und wer auf den Mähroboter nicht verzichten möchte, kann die Zeiten auf die Gartenbewohner anpassen. „Ich verstehe, dass es eine Erleichterung ist, aber man sollte darauf schauen, dass der Mähroboter am Tag fährt“, sagt Dalpez. Das ist jedoch nicht immer möglich – weil für spielende Kinder kann am Tag der automatisierte Mähgehilfe ebenfalls eine Gefahr darstellen.

Annelies Dalpez mit Igel, v
Im Rasen von Annelies Dalpez müssen die Igel keine Angst vor Robotern haben.Hartinger


Dalpez gibt den Tipp, zwischen 18 und 8 Uhr den Mähroboter nicht laufen lassen – weil nachts oder in der Dämmerung sind die Igel und auch die nachtaktiven Insekten oder die Spitzmaus unterwegs. „Der fährt alle Insekten zusammen und vernichtet so die Nahrung des Igels“, so die gebürtige Bludenzerin. Dieser ist ein Eiweißfresser und ernährt sich unter anderem von Schnecken, Würmer und Ameisen. „Der Igel findet dann nichts mehr in der Nacht“, sagt die Tierschützerin.
Auch Biologin und Inatura-Fachberaterin Elisabeth Ritter warnt vor der Gefahr der mähenden Roboter für die Tierwelt: „Mähroboter stellen eine Gefahr für Kleintiere, wie Spinnen, Schmetterlingsraupen oder Eidechsen dar. Diese haben kaum Möglichkeiten, dem Sog und der Zerkleinerungswirkung des Mähroboters auszuweichen und werden überrollt und getötet.“

Negativer Trend

Insekten werden generell immer weniger, wie Ritter bestätigt: „Seit Jahrzehnten gehen Insektenarten und ihre Bestände massiv zurück, dieser Trend spiegelt sich auch in Vorarlberg wider.“ Verschiedenste Insekten sind betroffen. Nicht nur automatisierte, sondern auch Rasenmäher beeinflussen den Lebensraum für die Insekten. Dabei kommt es vor allem auf die Häufigkeit des Rasenschnitts an. Vor allem Mähroboter drehen meist mehrmals pro Woche eine Runde.

Kaum Leben

„Wird der Rasen ständig durch den Mähroboter gepflegt, wird eine Monokultur an Gräsern gefördert“, so Ritter. Durch regelmäßiges, häufiges Mähen wird der Lebensraum für verschiedene Insektenarten, wie unter anderem Schmetterlinge, Heuschrecken, Schwebfliegen, Bienen und Käfer zerstört. Insekten nutzen nämlich hohes Gras und blühende Pflanzen als Nahrungsquelle und als Brutstätte. Dann finden Wildtiere weder Nahrung noch Lebensraum. Auf solchen Monokulturen gäbe es laut Ritter kaum Leben und entsprechend auch keine Nahrung für Singvögel, Kleinsäuger, Reptilien, Amphibien und Igel.

Elisabeth Ritter, Inatura
Elisabeth Ritter ist Biologin. Privat

Drei Fragen an Elisabeth Ritter von der Inatura

1) Wie oft sollte maximal gemäht werden, um die Insekten nicht aus dem Garten zu verdrängen?
Elisabeth Ritter:
Empfehlenswert wäre es, immer nur einen Teilbereich des Rasens zu mähen und dann nach etwa zwei Wochen den nächsten Abschnitt. So haben die tierischen Gartenbewohner Zeit, um zwischen den Bereichen zu wechseln und es bleibt immer eine sichere Insel für sie stehen. Werden Grünflächen nur ein oder zwei Mal im Jahr gemäht, kann sich ein wertvolles Habitat entwickeln, welches auch seltenen Wildbienen und anderen nicht so häufigen Insekten Lebensraum und Nahrung bietet.

Annelies Dalpez mit Igel, v
Blumen sind wichtig für Bienen. Hartinger

2) Ist es für den Insektenschutz relevant, ob ich mit Mähroboter oder mit einem üblichen Rasenmäher das Grün im Garten kürze?
Ritter:
Relevant ist vor allem, wie oft gemäht wird und nicht im Speziellen ob Mähroboter oder Rasenmäher. Eine umweltfreundliche Alternative wäre sowieso der Handmäher oder die Sense.

3) Welche Empfehlungen haben Sie für die Minimierung der negativen Auswirkungen, wenn man den Mähroboter einsetzt?
Ritter:
Ich empfehle, Bereiche im Garten schaffen, die nicht gemäht werden, um Lebensräume für Wildtiere und Insekten zu erhalten. Außerdem sollte der Mähroboter tagsüber betrieben werden, wenn nachtaktive Tiere weniger aktiv sind. Außerdem sollte der Mäher auf die höchste Stufe eingestellt werden – so können Wildkräuter und Gänseblümchen auf niedrigem Niveau wachsen und blühen.