Jugendliche über das EU-Wahlergebnis: Vom Schock bis zur Hoffnung auf Änderung

Eine Umfrage der NEUE zeigt, dass die jungen Wähler besonders die Teuerung und Migration beschäftigt. Nicht alle sind informiert.
Bei den Ergebnissen der EU-Wahl ist in Österreich aber auch in anderen Ländern ein Rechtsruck zu spüren. Die FPÖ, die in Österreich die EU-Wahl gewonnen hat, belegte in Vorarlberg den zweiten Platz mit 23 Prozent. In Deutschland hat die ebenfalls rechte Partei AFD besonders bei den 16- bis 24-Jährigen 12 Prozent Wähler und Wählerinnen hinzugewonnen.
Laut einer vom ORF in Auftrag gegebenen Studie haben 19 Prozent der unter 30-Jährigen in Österreich die FPÖ gewählt. Gibt es bei den jungen Vorarlberger ebenfalls einen Rechtsruck? Entsprechende bundeslandspezifische aufgeschlüsselte Zahlen liegen der NEUE nicht vor. Die Wahlergebnisse können aufgrund des Wahlgeheimnisses nicht speziellen Altersgruppen zugeordnet werden, heißt es auf von Seiten des Land Vorarlberg auf Anfrage der NEUE.

Die NEUE hat sich bei einer Umfrage in Dornbirn einen Eindruck vom Stimmungsbild unter den Jugendlichen eingeholt. Unter den jungen Stimmen für die FPÖ war etwa Yannik Loner. Für den 17-Jährigen war das Wahlergebnis der EU-Wahl ein Erfolg. Er erhofft sich durch den Rechtsruck zwar eine Veränderung, lässt dies jedoch erst auf sich zukommen. Der Dornbirner kritisiert, dass sich mit der ÖVP an der Spitze bisher zu wenig getan habe, doch womöglich würde sich nun etwas ändern. Ihm liegt besonders die Sicherheit, wie etwa am Dornbirner Bahnhof, am Herzen. Der Dornbirner befürwortet zwar, dass Flüchtlinge aufgenommen werden, wünscht sich jedoch Anpassung. Dabei erwartet er sich, dass Asylsuchende auch etwas leisten und dem Staat nicht nur auf der Tasche liegen.
Teuerung bereitet Sorgen
Für Laurenz Walser spielte ebenfalls das Thema Migration bei der Wahlentscheidung eine große Rolle. Der Schüler setzte am Sonntag sein Kreuz bei einer Partei, die er nicht nennen möchte. In Sachen Zuwanderung geht es ihm um Kontrolle der Situation. „Zu offene“ EU-Außengrenzen lehnt er ab, Regulation befürwortet der Schüler des BG Dornbirn. Die EU selbst unterstützt er. Dabei nennt er die Wichtigkeit des Handels zwischen den Ländern und den freie Dienstleistungs- und Warenverkehr.

Matteo Pertl setzte bei der Wahlentscheidung ebenfalls einen Augenmerk auf das Thema Wirtschaft und die Inflation, aber auch auf die Sicherheit. Er stimmte für die ÖVP. Dass die Themen und die Partei eher mittig angesiedelt sind, haben den Hohenemser angesprochen. Migration war kein großes Thema für den 17-Jährigen und Klimaschutz nur zweitrangig. Das Ergebnis bezeichnet er als „absehbar“ und „keine große Überraschung“: „Der Trend war ziemlich klar, vielleicht etwas bedenklich. Jetzt müssen die anderen Parteien sich überlegen, wie sie den Wähler ansprechen.“ Die EU befürwortet der Schüler, jedoch wünscht sich ein paar Reformen und eine „schlankere EU“. Dabei spricht er die Bürokratie und eine Verkleinerung des Parlaments an.
Schockierendes Ergebnis
Basey Ansal ist ebenfalls nicht erfreut: „Ich war schockiert, aber dennoch habe ich es erwartet.“ Die FPÖ bezeichnet der Lehrling als unsympathisch. Besonders kritisiert die gebürtige Vorarlbergerin mit kurdischem Migrationshintergrund, dass bei einer von ihr im Vorfeld besuchten Podiumsdiskussion von Harald Vilimsky der Islam „schlecht geredet“ wurde, „Obwohl Islam mit der Politik nichts zu tun hat.“ Eigentlich war sie nach einer Podiumsdiskussion vom Thomas Waitz, welcher den zweiten Listenplatz der Grünen belegte, überzeugt, ließ sich aber dann doch von ihren Eltern beeinflussen und gab ihre Stimme der ÖVP. Schließlich war das ihre erste Wahl, bei der sie abstimmen durfte, erzählt die 17-Jährige. Ihre Freundin, Selma Huskic, wählte die SPÖ. Für die 16-Jährige war vor allem die Teuerung und die Inflation ein ausschlaggebendes Thema. Sie erhofft sich, dass die Preise nicht weiter steigen werden.

Nina Petrovic gab ihre Stimme auch der SPÖ, da für sie wichtig war, nicht rechts zu wählen „Ich konnte mich mit keiner Partei zu 100 Prozent identifizieren, doch diese Partei hat mir dann am meisten zugesagt.“ Sie habe sich im Vorfeld mit allen Parteien auseinandergesetzt.
Bei der Wahlentscheidung spielte teilweise die Debatte rund um die Grünen-Spitzenkandidatin Lena Schilling eine Rolle. Eine Lustenauerin, die anonym bleiben möchte, wich deswegen von ihrem ursprünglichen Plan ab. Sie setzte auf eine linke Partei, die „pro EU“ ist. „Österreich als Land und unsere Wirtschaft würde ohne EU nicht so funktionieren und auch die EU-Außengrenzen. Wir haben so viele Vorteile“, erklärt die 22-Jährige, warum es wichtig ist, dass die EU weiterhin erhalten bleibt. Sie bezeichnet den Rechtsruck, der sich im Wahlergebnis widerspiegelt, als „besorgniserregend“: „Ich freue mich nicht auf die Nationalratswahl im Herbst.“

Wahl war kein Pflichttermin
Doch nicht alle wahlberechtigten jungen Vorarlberger zeigen Interesse für die Wahl. Einige der weiters befragten Jugendlichen waren nicht wählen – aus diversen Gründen. „Hatte keine Motivation“, so etwa der 16-jährige Alois Meier. Ein anderer Lehrling war beim Geburtstag seines Opas, weitere Jugendliche erzählten, dass sie verschlafen hatten. Eine 18-Jährige erzählt, dass sie vergessen hatte, dass der EU-Wahltermin am Sonntag war. Briefwahl war für sie keine Option. Zu den Themen konnten sie sich die Nichtwähler ebenfalls nur wenig äußern.
Von Laura Schwärzler und Mia Hämmerle