Lokal

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten

14.07.2024 • 07:00 Uhr
Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Joachim Fink bewirtschaftet mit seiner Familie den Familienhof in Andelsbuch. Hartinger (14)

Der Andelsbucher Vollblutbauer Joachim Fink (24) würde eine zwangsversteigerte Weidefläche liebend gerne nutzen, wie seine Familie seit Generationen. Erworben hat sie aber ein Industrieller.

Unverständlich, enttäuschend und schwer nachvollziehbar. So könnte man die Gemütslage bei Familie Fink beschreiben.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Anton Fink (63) und seine Familie sind schon seit etlichen Generationen Bauern.

Ihr Hof liegt direkt anliegend am Grundstück, das in Form einer Zwangsversteigerung nun den Besitzer gewechselt hat. Seit 1975 hat der mittlerweile pensionierte Altbauer Anton Fink (63) die Weidefläche für seine Tiere verwendet, bis November gilt ein Pachtvertrag.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Den Hof der Finks und den versteigerten Hof grenzen sich an.

Sohn Joachim, der die Landwirtschaft im Jahr 2022 übernommen hat und inzwischen mit progressiver Landwirtschaft „Wäldar Grumpora“ anbaut, um den Hof neben dem Milchbetrieb für die Zukunft zu wappnen, bot bei der Versteigerung mit. Seine 1,5 Millionen Euro reichten aber nicht, für 1,6 Millionen Euro erwarb Siegfried Simma das Bauernhaus samt Acker und Weidefläche – ohne landwirtschaftliche Ausbildung und mit dem Wunsch, sich in seiner Pension den Traum der eigenen Bauernschaft zu erfüllen. Was er aber nun vor Gericht auszufechten hat, wie die NEUE am Sonntag kürzlich berichtete.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Vater Anton Fink konnte bei der Versteigerung des Nachbarshof nicht mehr mithalten.

Was für den Industriellen wie eine „nette“ Pensionsbeschäftigung anmutet, ist für den Andelsbucher Absolventen der Landwirschaftsschule Hohenems Existenzgrundlage. Denn der 24-Jährige jagt nicht einem bloßem Traum hinterher, für den Bauern geht es schlicht und ergreifend um seine Zukunft.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Joachim und Christian Fink zeigen unserem Chef-Redakteur ihren Hof.

Landwirt in elfter Generation

Die Finks gehören zu Andelsbuch wie die Juppe zu einer gestandenen Bregenzerwälderin. Bis ins Jahr 1620 reicht ihr Stammbaum zurück, wie sie beim Besuch der NEUE am Sonntag stolz erklären.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Der Stammbaum der Finks gehr tatsächlich bis 1620 zurück.

„Für mich ist es nicht nachvollziehbar, wieso Herr Simma so offenkundig Interesse an diesem Grundstück hegt. Und seine Pläne, das Land in dieser Form zu bewirtschaften, sind für einen Vollerwerbsbauer – gelinde gesagt – ein Schlag ins Gesicht“, erzählt der junge Landwirt. Denn bei der rund 26.000 Quadratmeter großen Fläche handle es sich um ein hervorragendes Weide- und Anbaugebiet, das er für seine Ausrichtung einer nachhaltigen und regionalen Landwirtschaft dringend benötige.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Ein Blick von oben auf die zwei nebeneinander liegenden Höfe.
Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Neben der Landwirtschaft besitzen die Finks auch etliche nette Kühe.

„Interessant ist auch, dass Simma im Anschluss an die Versteigerung direkt mit meinem Vater gesprochen und ihm ein Angebot unterbreitet hat. Nämlich einen Großteil der Fläche erneut unter seinen Pachtbedingungen landwirtschaftlich zu nutzen“, führt Christian Fink, der zweite Sohn des Altbauern weiter aus.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Christian Fink (l) erzählt NEUE-Chef-Redakteur Joachim Mangard (r) Näheres über den Verlust des gewünschten Hofes.

Der Bregenzerwälder Immobilienexperte witterte aber Lunte und legte dem frisch gebackenen Besitzer nahe, dass er zunächst abwarten solle: „Wir wollen uns nicht in eine unsichere Situation bringen. Für meinen Bruder Joachim steht hier alles auf dem Spiel. Und er möchte sich nicht eine Abhängigkeit bringen, die ihm über kurz oder lang das Genick brechen könnte.“

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Die Kühe der Finks lauschen auch bei den Interviews zu.

Bauernland in Bauernhand?

Besonders bitter ist für die Bauernfamilie, dass durch die Zwangsversteigerung der Erwerb einer landwirtschaftlichen Fläche für Jedermann möglich sei, zumindest laut Paragraf 151 in der Exekutionsordnung. Erst im Nachgang überprüfe die Grundverkehrskommission, ob die vorgesehene Nutzung gewährleistet sei, womit auch der neue Eigentümer Simma nun zu kämpfen habe.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Der Hof der Finks.

„An sich unterbindet das Gesetz genau solche Machenschaften, damit wertvolle Landwirtschaftsflächen, die unsere Nahversorgungssicherheit gewährleisten, nicht zum Spekulationsobjekt für finanziell potente Investoren werden. In diesem Fall hat man aber offensichtlich eine Lücke gefunden, damit genau das passiert“, führt der 33-Jährige weiter aus. Allein der offenbar willentlich in die Höhe getriebene Preis für die Liegenschaft, die mit rund 970.000 Euro bemessen wurde, läge zwar sicher im Interesse des Verkäufers, mache aber ein faires Mitbieten nahezu unmöglich.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Chef-Redakteur Joachim Mangard (l) redet mit Anton (m) und Christian Fink (r) nach dem unverhofften Ausgang der Versteigerung des Nachbarhofs.

Grund für die Exekution war die Tatsache, dass sich die Geschwisterkinder nach dem Tod der Besitzerin uneins waren. Erschwerend hinzu käme der Fakt, dass ein Geschwisternteil unter Vormundschaft stehe, und damit dieser Erbanspruch vonseiten des Landes Vorarlberg verwaltet werde.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Ein Blick auf das bewirtschaftete Feld.

Ob dieses Stück Land seinen Weg letztlich in „des Bauern Hand“ findet, werden wohl die Gerichte entscheiden. Kein fruchtbarer Boden für „Wäldar Grumpora“. Zumindest vorerst.

Um die Existenz bangen: Heimische Bauern überboten
Ob Boden für die “Wälder Grumpora” gefunden wird oder nicht steht noch nicht fest.