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Warum mit öffentlich-rechtlichen Gläubigern nicht gut Kirschen essen ist

22.07.2024 • 16:26 Uhr
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Die Mehrheit aller eröffneten Unternehmensinsolvenzen wurde von einem öffentlich-rechtlichen Gläubiger beantragt. Shutterstock

Finanzamt und Sozialversicherungsträger stellen eindeutig die häufigsten Anträge für die Eröffnung eines Konkursverfahrens über ein Unternehmen in Vorarlberg – das zeigt eine Auswertung aller eröffneten Verfahren im heurigen Jahr.

Es ist schon seit Jahren auffällig und hat sich im bisherigen Jahr 2024 besonders deutlich manifestiert: Öffentlich-rechtliche Gläubiger sind mit großem Abstand die häufigsten Antragsteller für ein Konkursverfahren, wenn ein Unternehmen in Vorarlberg seine diesbezüglichen Außenstände nicht mehr bezahlen kann. Bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern handelt es sich zumeist um das Finanzamt und die diversen Sozialversicherungsträger, etwa von der ÖGK und der BUAG bis hin zur SVS.

Auswertung

Die tatsächliche Größenordnung zeigt eine wpa-Auswertung aller Presseinformationen von KSV1870 Vorarlberg und AKV Europa in den ersten sechseinhalb Monaten des laufenden Jahres, die ein Verfahren in Vorarlberg betreffen. Denn beide Gläubigerschutzeinrichtungen informieren in ihren Mitteilungen regelmäßig auch darüber, ob ein Insolvenzverfahren über einen Eigenantrag, über einen Gläubigerantrag oder über einen Antrag eines öffentlich-rechtlichen Gläubigers zustande kam. Dazu kommt ein regelmäßiger Blick in die Insolvenzdatei.

Warum mit öffentlich-rechtlichen Gläubigern nicht gut Kirschen essen ist
Das Landesgericht Feldkirch als Insolvenzgericht. Hartinger

Mehr als die Hälfte

Im bisherigen Jahr 2024 wurden in Vorarlberg insgesamt 66 Insolvenzverfahren über Unternehmen eröffnet. Davon entfallen vier Verfahren auf ein Sanierungsverfahren. Bei den übrigen 62 eröffneten Verfahren handelt es sich um Konkursverfahren. Die wpa-Auswertung zeigt, dass 35 dieser eröffneten Konkursverfahren von einem öffentlich-rechtlichen Gläubiger beantragt wurden. Zudem gibt es mindestens weitere zehn Konkurse, die auf Antrag eines (wahrscheinlich ebenfalls) öffentlich-rechtlichen Gläubigers zwar vorbereitet, mangels Kostendeckung dann aber doch nicht als Verfahren vor dem Insolvenzgericht Feldkirch eröffnet wurden.

Rechtslage für öffentlich-rechtliche Gläubiger strenger

Für Insolvenzrechtsexpertinnen und -experten sind diese Größenverhältnisse unter anderem mit der Rechtslage zu erklären. Denn private Gläubiger oder Geschäftspartner – Kunden wie Lieferanten – können sich flexibler und individuell auf eine für beide Seiten passende Befriedigung ihrer offenen finanziellen Ansprüche einigen. Deshalb werden hier nicht so häufig Konkursanträge gestellt, zumal diese für den Antragsteller auch mit Kosten und administrativem Aufwand verbunden sind.

Das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger sind hingegen an geltende Gesetze und Fristen gebunden und können nicht mit jedem Gläubiger irgendeinen beliebigen “Deal” aushandeln.

wpa/ Günther Bitschnau