Droht der Bregenzer Fußgängerzone das Aus?

VfGH spricht ein Machtwort und verpflichtet die Stadt zur Herausgabe der Unterlagen, auf deren Basis die Fußgängerzone verordnet wurde.
Die seit mehr als zwei Jahren andauernde Geheimniskrämerei der Stadt Bregenz hinsichtlich der Herausgabe jener Unterlagen, auf deren Basis im Jahr 2022 eine weitläufige Fußgängerzone im Stadtzentrum verordnet und umgesetzt wurde, hat ein Ende.
Denn der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einem noch laufenden Verfahren zwischendurch über einen verfahrensleitenden Beschluss vor wenigen Wochen ein Machtwort gesprochen und entschieden, dass die klagende Fahrschule Frener aus Bregenz vollumfängliche Akteneinsicht bekommen müsse in jene Unterlagen, auf deren Basis die Verordnung einer Fußgängerzone damals erlassen wurde. Bedenken der Stadt, wonach ein derartiger Einblick öffentliche Interessen beeinträchtigen würde, teilte der VfGH nicht. Darüber informierte Rechtsanwalt Markus Hagen von der von Frener beauftragten Kanzlei Blum, Hagen & Partner im Gespräch mit der Wirtschaftspresseagentur.com. Mittlerweile habe man die Akten nicht über die Stadt Bregenz, sondern über den VfGH in Wien bezogen und Einsicht genommen.
Fahrschule Frener zog vor Gericht, nachdem es keine andere Lösung gab
Auslöser des jahrelangen Rechtsstreites ist die seit Jahrzehnten im Stadtzentrum direkt neben dem Rathaus ansässige Fahrschule Frener, die von der erweiterten Fußgängerzone in ihrem Geschäftsbetrieb massiv eingeschränkt ist. Nachdem mit der Stadt wie berichtet keine einvernehmliche Lösung unter anderem hinsichtlich des Abstellens der Fahrschulautos gefunden werden konnte, beschritt das Unternehmen den Rechtsweg. Die Fahrschule wollte insbesondere Einblick in jene Unterlagen bekommen, auf deren Basis die Fußgängerzone verordnet wurde. Die Stadt verweigerte bislang wie berichtet diesen Einblick beziehungsweise die Herausgabe unter Hinweis auf juristische Bedenken.
Mit dem VfGH-Beschluss, wonach Frener Akteneinsicht bekommen müsse, erzielte die Fahrschule einen ersten Teilerfolg. Jetzt geht es im noch anhängigen Verfahren vor dem VfGH darum, ob die Verordnung als solches juristisch überhaupt hält. “Ein Blick in die Unterlagen zeigt, dass sich unsere Befürchtungen in Bezug auf eine mangelnde fachliche und juristische Begründung für die Verordnung der Fußgängerzone bewahrheiten”, sagt Markus Hagen. So argumentiere die Stadt zwar mit der Wettbewerbsfähigkeit als Einkaufsstadt und der gesteigerten Attraktivität für Gäste, Konsumenten und Touristen. Zudem gebe es einige Skizzen eines Verkehrsplanungsbüros, wie die Fußgängerzone in verschiedenen Varianten aussehen würde.
Stadt muss Erforderlichkeit einer Fußgängerzone begründen
Allerdings würden jene von der Straßenverkehrsordnung StVO, §76a geforderten Argumente hinsichtlich der Erforderlichkeit der Verordnung einer Fußgängerzone fehlen. “Die Stadt hat in dem Verordnungsverfahren nicht dargelegt, warum die Fußgängerzone erforderlich sein soll und nicht gelindere Mittel wie eine verkehrsberuhigte Zone auch gereicht hätten.”
VfGH legt strenge Kriterien für Verordnung einer Fußgängerzone an
Frühere Entscheidungen zu anderen Fußgängerzonen in Österreich würden zeigen, dass der VfGH sehr strenge Kriterien für die Verordnung einer Fußgängerzone anlege. Da werde etwa die Durchführung von Studien, das Einholen von Gutachten, Verkehrszählungen, Vergleiche mit anderen Straßen, Städten sowie Regionen und dergleichen erwartet, also sehr grundlegende Schritte. Vor allem müsse gemäß VfGH eine Interessenabwägung stattfinden, da eine Fußgängerzone gravierende Einschnitte in die Rechte von Anrainern, Grundeigentümern und dort ansässigen Unternehmen bedeute. “Nichts davon findet sich in den Unterlagen. Die Stadt Bregenz hat die Fußgängerzone verordnet, weil sie sie einfach haben wollte”, meint Hagen.
Jetzt müsse man abwarten, wie der Verfassungsgerichtshof entscheiden werde, so Hagen. Möglich sei eine komplette Aufhebung der Fußgängerzonen-Verordnung oder aber eine Bestätigung, wonach alles rechtskonform gelaufen sei. “Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einer Entscheidung. Aufgrund der jetzt vorliegenden Unterlagen schätzen wir unsere Chancen aber als sehr gut ein, dass die Verordnung aufgehoben wird.”
wpa/red