“Die Argumentation der Agrargemeinschaft ist nicht überzeugend.”

Verwaltungsjurist Peter Bußjäger teilt die Rechtsauffassung der Agrargemeinschaft Altenstadt nicht.
Der Verwaltungsrechtsexperte Peter Bußjäger zählt zu den profiliertesten Kennern der Materie. Er hat sich über Jahre intensiv mit Agrargemeinschaften und der rechtlichen Aufarbeitung früherer Gemeindegutsübertragungen befasst und war Mitglied einer vom Land eingesetzten Kommission, die nach der richtungsweisenden höchstgerichtlichen Entscheidung im Tiroler Fall „Mieders“ frühere Aufteilungen von Gemeindegut in Vorarlberg überprüft hat.
Die Rechtsauffassung der Agrargemeinschaft Altenstadt, wonach die betroffenen Grundstücke nie im Eigentum der Stadt Feldkirch gestanden hätten, überzeugt Bußjäger nicht. „Die Bürger hatten Nutzungsrechte, aber das Eigentum verblieb bei der Gemeinde“, hält er fest. Dass die Agrargemeinschaft im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist, ändere daran aus seiner Sicht nichts.
Unterschiede zwischen Tirol und Vorarlberg
Dennoch sieht Bußjäger Unterschiede zwischen Vorarlberg und Tirol, wo zuletzt innerhalb von rund einem Jahr bis in die zweite Instanz zugunsten der Gemeinde Zams entschieden wurde. In Tirol habe der Landesgesetzgeber nach „Mieders“ gesetzliche Konsequenzen gezogen und spezielle Regelungen für Gemeindegutsagrargemeinschaften erlassen, „die in Vorarlberg fehlen“. Für Vorarlberg gelte weiterhin die Judikatur im Fall „Mieders“: „Wenn eine Agrargemeinschaft aus Gemeindegut hervorgegangen ist, ohne dass die Gemeinde dafür angemessen entschädigt wurde (Hauptteilung), bleibt sie Miteigentümerin.“ Das sei allerdings „bis heute in keiner Gemeinde durchgefochten“ worden.
Zur langen Dauer des Feldkircher Verfahrens äußert sich Bußjäger zurückhaltend. Eine Verfahrensdauer von mehr als zweieinhalb Jahren sei „überraschend“, ohne genaue Aktenkenntnis lasse sich aber nicht seriös beurteilen, ob dies auf die rechtliche Komplexität, auf Verfahrensschritte der Parteien oder auf die Tätigkeit der Behörde zurückzuführen sei.„Es wäre auch interessant zu wissen, wie nachhaltig die Stadt Feldkirch selbst das Verfahren betreibt“, hält er fest. Die Stadt hätte „schon längst eine Säumnisbeschwere beim Landesverwaltungsgericht einbringen können“.
Die Entscheidung im Fall Mieders
Im Jahr 2008 befasste sich der Verfassungsgerichtshof im sogenannten „Mieders“-Erkenntnis mit der Frage, wie mit ehemals gemeindeeigenem Vermögen umzugehen ist, das im Zuge agrarbehördlicher Regulierungen auf Agrargemeinschaften übertragen wurde. Ausgangspunkt war die Tiroler Gemeinde Mieders, deren Gemeindegut im Rahmen einer Regulierung vollständig der Agrargemeinschaft zugeordnet worden war, ohne dass die Gemeinde dafür eine angemessene Abgeltung erhielt.
Der VfGH stellte klar, dass solches Gemeindegut verfassungsrechtlich geschützt ist. Wird bei einer Regulierung keine wirksame Hauptteilung vorgenommen, also keine endgültige Vermögensaufteilung mit angemessener Abfindung der Gemeinde, darf der Substanzwert des Gemeindeguts der Gemeinde nicht entzogen werden. Die Gemeinde bleibt in diesem Fall Trägerin des Vermögensstamms.
Agrargemeinschaften dürfen Gemeindegut weiterhin nutzen und verwalten. Sie sind jedoch nicht automatisch berechtigt, über den Substanzwert zu verfügen oder Erlöse aus Verkäufen, Verpachtungen oder vergleichbaren Maßnahmen für sich zu beanspruchen. Diese stehen grundsätzlich der Gemeinde zu.
Das Erkenntnis gilt als Wendepunkt in der österreichischen Rechtsprechung zu Agrargemeinschaften. Es bildet bis heute die maßgebliche Grundlage für die Beurteilung von Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit früherer Übertragungen von Gemeindegut infrage steht, und war Auslöser für gesetzliche Anpassungen in einzelnen Bundesländern, insbesondere in Tirol.