Das Feuer hüten und weitertragen: Weihnachtlicher Gastbeitrag von Dompfarrer Jochum

Dompfarrer und Jugendseelsorger Fabian Jochum über Weihnachten: Begegnungen mit jungen Menschen, biblische Bilder wie der brennende Dornbusch und ein James-Bond-Titelsong über Sehnsucht prägen seine Gedanken darüber, wofür die Menschen brennen.
Im November dieses Jahres durfte ich an der Schulbesuchsaktion „Wofür brennst du?“ teilnehmen. Im Rahmen dieses vom Team „Berufungspastoral“ der Katholischen Kirche Vorarlberg organisierten Projekts besuchten unterschiedlichste Menschen Schulklassen im ganzen Land, um mit den jungen Menschen über „Beruf und Berufung“ zu sprechen: Wie habe ich den Weg zu meinem Beruf gefunden? Wo ist meine berufliche Tätigkeit mehr als nur ein Beruf? Wo spüre ich auch den Ruf meiner inneren Sehnsucht? Oder den Ruf einer Aufgabe, für andere Menschen, für die Gesellschaft und für die Welt etwas zu tun? Wo darf ich in all dem vielleicht sogar die Stimme Gottes erahnen und erfahren, dass ER es ist, der mich ruft? Was ermutigt mich, meiner inneren Stimme oder auch dem Ruf Gottes zu folgen? Kurz gesagt: Wie entdecke ich das, was wir „Berufung“ nennen – das innere Feuer des Herzens, das, wofür ich brenne?
Ich bin dankbar dafür, dass Menschen aus ganz unterschiedlichen Berufen im Rahmen dieser Aktion erzählt haben, wofür sie brennen, und kostbare Geschichten aus ihrem Leben mitgeteilt haben. Für mich als Priester und Theologe sind es neben den vielen Erinnerungen aus meinem eigenen Leben auch die Geschichten der Bibel, die mich auf dem Weg meiner Berufung begleiten. Eine der wichtigsten und schönsten Berufungsgeschichten ist für mich jene des Mose, die wir im dritten Kapitel des Buches Exodus nachlesen können. Mose arbeitet als Hirte und hütet in der Wüste die Herde seines Schwiegervaters, als er eine besondere Gotteserfahrung macht: Er sieht den einen Busch, der brennt und doch nicht verbrennt. Mose wird von diesem geheimnisvollen Phänomen angezogen, hört aber auch die Stimme Gottes, die ihn auffordert, Respekt zu haben und seine Schuhe auszuziehen, da er sich hier auf heiligem Boden befinde.

Zur Person
Geboren am: 6. Mai. 1984
Wohnort: Feldkirch
Ausbildung/Berufsweg: Matura im Bundesgymnasium Blumenstraße in Bregenz, Zivildienst in einem Projekt der Salesianer Don Boscos in Tijuana, Mexiko, Studium in Innsbruck und Wien (Theologie, Lehramt Religion – Klassische Philologie/Latein),
seit 2013 Priester der Diözese Feldkirch, Aufgaben bisher: Kaplan und Pfarrer in Feldkirch, Diözesanjugendseelsorger, Mitarbeit in den Teams „Junge Kirche“ und „Berufungspastoral“
Hobbies: Lesen, Wandern, Schifahren, gute Gespräche mit Freunden
Lebensmotto: „Leben in Fülle“ (Joh 10,10)
Jeder Mensch ist „heiliger Boden“
Ich deute diese Geschichte im Blick auf das Geheimnis Gottes, aber auch auf das Geheimnis eines jeden Menschen: Jeder Mensch ist ein „heiliger Boden“, wertvoll und einzigartig. Jeder Mensch hat etwas, wofür er oder sie „brennt“. Das Geheimnis der menschlichen Begegnung ist es, mein inneres Feuer zu bewahren und zu behüten, und es dort, wo es angemessen und richtig ist, mit anderen zu teilen. Faszination und Respekt sollen die Haltung unseres Herzens prägen, im Blick auf unser eigenes Feuer, aber auch auf das, was im Herzen anderer Menschen brennt.

Gott ist “Feuer, aber keine Zerstörung”
Die Geschichte vom brennenden Dornbursch hat für mich eine urtümliche und große Strahlkraft. Im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern habe ich das Gefühl, dass gerade auch junge Menschen diese Kraft sehr tief empfinden. Sie sind dem Feuer ihres Herzens auf der Spur und haben auch ein Gespür für das göttliche Geheimnis. Ein Schüler brachte es einmal sehr treffend auf den Punkt, als ich ihn nach seiner Deutung des brennenden Dornbusches fragte: „Gott ist Feuer, aber keine Zerstörung.“
Das Feuer der Zuneigung Gottes
Die Erinnerungen an die Schulbesuchsaktion „Wofür brennst du“ und auch der „Brennende Dornbusch“ haben mich heuer auf meinem Weg zum Weihnachtsfest begleitet. Die Weihnachtsgeschichte ist für mich wie ein großes Gemälde mit vielen Details. Jedes Jahr darf ich etwas Neues an dieser großartigen Geschichte entdecken, etwas Kostbares, wo mein Herz hängen bleibt und sich auch nähren und stärken kann.
Heuer sind es die Hirten auf den Feldern von Betlehem, die mir besonders nahe sind. So wie Mose hüten sie ihr Feuer und ihre Herden und machen dabei eine besondere Gotteserfahrung. Schon am „Brennenden Dornbusch“ hatte Gott dem Mose gesagt, dass ihm die Menschen nicht egal sind.
Er nimmt Anteil an ihrem Schicksal und lässt sich von ihrer Not berühren. Mit der Geburt Jesu erreicht diese Anteilnahme Gottes einen neuen Höhepunkt: Der Himmel öffnet sich, die Engel singen vom Frieden, sie preisen die Liebe Gottes und verkünden die frohe Botschaft, dass Gott selbst zur Welt kommt. Die Hirten brechen auf und finden das neugeborene Kind, in dem sie das Feuer der Liebe und der Zuneigung Gottes berühren dürfen.

„The world is not enough…”
Ich wünsche mir, dass wir alle Menschen werden wie die Hirten: Menschen, die das Feuer der Hoffnung und der Sehnsucht hüten und das Feuer der Zuneigung Gottes entdecken. So wie bei der Schulbesuchsaktion darf ich in meiner Tätigkeit als Jugendseelsorger immer wieder erfahren, dass gerade junge Menschen gute Hüterinnen und Hüter des Feuers sind. Im heurigen Advent habe ich mit jungen Menschen Bibelstellen gelesen, die von Hoffnung und Erwartung sprechen. Jede dieser Bibelstellen haben wir mit einem Titelsong der James-Bond-Filme in Verbindung gebracht. Die ganze Schöpfung wartet voller Sehnsucht auf das Licht Gottes, das in uns Menschen aufleuchtet – so schreibt Paulus sinngemäß in seinem Brief an die Gemeinde in Rom (Röm 8,18f.). Der James-Bond-Song dazu: „The world is not enough”(dt.: „Die Welt ist nicht genug“). Ja, seien wir Menschen, die sich nicht zufriedengeben mit unserer Welt, wie sie ist! Hören wir nicht auf, unserer Sehnsucht und unserem Feuer zu folgen. Trauen wir uns, von einer Welt voller Licht und Frieden zu träumen!
„…but it´s such a perfect place to start”
Ich möchte das Zitat aus dem James-Bond-Titelsong noch erweitern: „Die Welt ist nicht genug, aber so ein perfekter Platz, um zu beginnen“. Die weihnachtliche Botschaft darf keine bloße Vertröstung sein: Lasst uns aufbrechen wie die Hirten, mitten in der Nacht, um das Licht zu entdecken und es weiterzutragen. Trauen wir uns, Schritt für Schritt den Traum Gottes und unseren Traum in die Tat umzusetzen.