Kommentar: Ein politischer Kompromiss

Die Wiedereinführung der Ziffernbeurteilung in der 2. Klasse basiert auf einem fragwürdigen Kompromiss, den die türkis-grüne Regierung nicht rückgängig gemacht hat.
Schulschluss bedeutet Zeugnisverteilung, und Zeugnisverteilung bedeutet seit dem Schuljahr 2019/20 wieder Ziffernnoten für alle ab dem Ende der 2. Klasse. Zu „verdanken“ haben die Schüler diese Neuerung der türkis-blauen Regierung unter Bildungsminister Heinz Fassmann (ÖVP). An dieser Stelle sei Volksschuldirektor Christoph Wund zitiert, der mit Fassmann sprach: „Ich fragte ihn, ob er Noten gerecht findet. Er sagte, darüber müsse man diskutieren, es gebe Evidenz, dass sie nicht gerecht sind. Die Einführung der Ziffernnoten sei ein politischer Kompromiss.“
Zahllose Eltern, Lehrer und Direktoren bestätigen, dass die Zahlen Eins bis Fünf nicht ausreichen, um das gesamte Können eines Kindes abzubilden. Stattdessen verlieren die Schüler unter dem Leistungsdruck des Ziffernnotensystems früh die Motivation und die Neugierde, die elementar wichtig für Lernerfolge sind.
Unter der türkis-grünen Koalition hätten die Regierenden die Möglichkeit gehabt, den ÖVP-Kompromiss mit der FPÖ rückgängig zu machen. Davon ist zum Ende der Legislaturperiode aber keine Spur und die Umfragen deuten wieder auf eine türkis-blaue Mehrheit hin.
An Christoph Wunds Volksschule Kirchdorf in Lustenau setzen sich Lehrer und Direktor seit Jahren für die Abschaffung der verpflichtenden Ziffernbeurteilung ein. Es ist ein notwendiger Einsatz, wenn bewusst politische Kompromisse eingegangen werden, die gegen die bildungswissenschaftliche Evidenz sprechen.