Lustenau versäumte wichtige Immobiliendeals

Lustenau übersieht das Verkaufsangebot von zwei für die Gemeinde „strategisch wichtigen“ Grundstücken und muss sie dann deutlich teurer vom Käufer später erwerben.
In Lustenau ist es im Vorjahr zu zwei bemerkenswerten millionenschweren Immobilienankäufen durch die Marktgemeinde Lustenau gekommen. Bemerkenswert sind die zwei Fälle insofern, als dass die beiden voneinander unabhängigen Liegenschaften kurz zuvor vom gleichen privaten Wohnbauträger erworben wurden, der sie dann mit einem Aufschlag von 46,6 Prozent beziehungsweise 50 Prozent und damit deutlich teurer an die Marktgemeinde weiterverkauft hat.

Im einen Fall geht es um eine gut 1000 Quadratmeter große Liegenschaft samt Gebäude beim Reichshofstadion, wo derzeit das Restaurant Corfu eingemietet ist. Diese Liegenschaft wurde vom früheren Besitzer, einer Privatperson, per Makler öffentlich zum Verkauf angeboten. Im April 2020 hat der Immobilienprojektentwickler und Bauträger Alexander Stuchly mit seinem Unternehmen Continuum Gamma Immo GmbH diese Liegenschaft um 1,2 Millionen Euro erworben. Zwei Jahre später, im Mai 2022, hat Stuchly diese Liegenschaft dann um 1,8 Millionen Euro an Lustenau gekauft. Das entspricht einem Preisaufschlag von 50 Prozent binnen zwei Jahren.
Preisaufschlag
Der zweite Fall dreht sich um eine in die Jahre gekommene Villa in der Maria-Theresien-Straße 75 samt Grundstück (1389 Quadratmeter) gegenüber der Volksschule Rheindorf. Auch diese seit längerer Zeit leerstehende Villa wurde – ebenfalls längere Zeit – per Makler zum Verkauf angeboten. Im Februar 2021 hat erneut Alexander Stuchly über sein Unternehmen Sonnengarten Immobilien GmbH diese Liegenschaft um 1,515 Millionen Euro gekauft. Im Oktober 2022 hat Stuchly die alte Villa um 2,22 Millionen Euro an die Marktgemeinde weiterverkauft. Das entspricht einem Preisaufschlag von 46,6 Prozent binnen eineinhalb Jahren.

Die Marktgemeinde Lustenau hat offenbar über längere Zeit hinweg nicht mitbekommen, dass diese beiden Liegenschaften via Makler öffentlich zum Verkauf angeboten wurden. Sie hat sie dann aber vergleichsweise rasch vom neuen Kurzzeit-Eigentümer erworben: mit einem Preisaufschlag von insgesamt 1,3 Millionen Euro. Ein Rundruf unter den Gemeinderatsfraktionen ergibt bei drei Rückmeldungen (die SPÖ Lustenau wollte keine Stellungnahme abgeben), dass die geschäftlichen Verbindungen und die Größenordnungen des Aufschlages in der Stadtvertretersitzung nicht angesprochen worden seien.
Schmerzhafte Entscheidung
Bürgermeister Kurt Fischer (VP) sagte im wpa-Gespräch, dass der Kauf der beiden Liegenschaften zu deutlich höheren Preisen als kurz davor eine „schmerzhafte Entscheidung“ gewesen sei. „Wir hatten damit auch in unserer Fraktion keine Freude.“ Gerade beim Ankauf der Villa habe es in der Gemeindevertretung eine deutliche Diskussion gegeben und die Abstimmung sei nicht einstimmig ausgefallen. Man habe sich jedoch aufgrund der längerfristig strategischen Lage beider Liegenschaften zu dem Ankauf durchgerungen. Alle Gemeindemandatare hätten Einsicht in die Unterlagen nehmen oder Nachfragen stellen können.
Bei der Liegenschaft beim Reichshofstadion liege die strategische Bedeutung im verkehrstechnischen Bereich und in der Nähe zum Stadion, so Fischer. Durch die gegenwärtige Vermietung dieses Gebäudes ergebe sich zudem eine gewisse Rentabilität. Bei der leerstehenden Villa wolle man aufgrund der Nachbarschaft zur Volksschule Rheindorf eine Kinderbetreuung einrichten, da diese Frage zuletzt immer wichtiger geworden sei. Zudem wollte der Wohnbauträger die Villa abreißen und einen Wohnblock errichten, was angesichts der Nähe zur Volksschule und aufgrund des historischen Charakters des Gebäudes von der Gemeinde nicht gewünscht sei.
Keine Option
Auf die Frage, warum Lustenau mit seinem vielzitierten „aktiven Liegenschafts-Management“ und den langfristigen strategischen Planungen nicht mitbekommen hat, dass diese beiden – angeblich strategisch wichtigen – Liegenschaften über längere Zeit zum Verkauf standen und sie dann um 1,3 Millionen Euro teurer als notwendig gekauft hat, sagte Fischer: „Das hatten wir einfach nicht auf dem Radar und das sind zwei schmerzhafte Ausreißer, bei denen wir in den sauren Apfel beißen mussten.“ Man müsse jedoch die Gesamtbilanz der Lustenauer Liegenschaftsankäufe betrachten. Diese beiden Gebäude aufgrund des deutlich höheren Preises nicht zu kaufen, sei keine Option gewesen.
wpa/Günther Bitschnau