Das sagen Schüler zu ChatGPT und Matura

Diese Woche stellten sich die Maturanten der schriftlichen Matura. Trotz der aktuellen Debatte um KI und Matura, scheint das Thema im Klassenzimmer noch nicht angekommen zu sein.
Während die Matura gerade an Vorarlbergs Schulen voll im Gange ist, hat Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in Wien nun eine Expertengruppe eingerichtet, wie gestern die APA berichtete. Denn die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) heizt die Debatte um die Änderung bis zur Abschaffung der Abschlussarbeiten an. Die Frage ist, ob VWA und Co. in Zeiten von KI überhaupt noch zeitgemäß sind? Die NEUE hat mit Schülern gesprochen, wie KI Einzug in ihre Vorbereitung für die Matura gefunden hat.
Raoushan Shekh Rashid schreibt gerade an ihrer Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) am Borg Lauterach. Die 19-Jährige maturiert nächstes Jahr. Dabei geht sie der Forschungsfrage nach, welche Potenziale und Gefahren ChatGPT für Lernende in der Oberstufe im Sprachunterricht mit sich bringt. Sie selbst fing erst durch die Themenauswahl an, ChatGPT im Schulkontext zu verwenden. Sie befürchtete erst, von der KI abhängig zu werden

Dann aber erkannte sie, dass die bewusste Nutzung der richtige Weg für sie ist. Abhängig fühlt sie sich heute keinesfalls. „Ich sehe ChatGPT als ein Hilfsmittel, das ich unter Stress und Zeitdruck verwende, um Zeit zu sparen und für etwas Wichtigeres zu verwenden, wie etwa eine Präsentation zu gestalten“, führt die 19-Jährige aus. „Ich bin mir bewusst, wann und wie ich es verwende.“ Etwa nutzt die Wälderin KI für Aufgaben wie Textlücken, die Fakten abfragen, welche sie auch im Internet bei einer Suchmaschine einfach abrufen könnte. Auch lässt sie ChatGPT teilweise umformulieren. „Einen ganzen Text würde ich mir nie schreiben lassen“, entgegnet sie. Denn so würde sie nicht lernen, wie man etwa einen Kommentar verfasst.
Deswegen ist sie auch überzeugt, dass ihr durch den Einsatz von KI nächstes Jahr kein Wissen bei der Matura fehlen wird. Bei Tests und Schularbeiten könne sie schließlich kein ChatGPT verwenden und sie setzt sich trotzdem mit den Inhalten auseinander. Die „Start“-Stipendiatin weist darauf hin, dass nämlich ständige Kontrolle der KI-Inhalte notwendig ist. „ChatGPT macht auch Fehler und man muss sich bewusst sein, dass man Informationen nachrecherchieren muss.“ Sie wünscht sich, dass Gefahren und Chancen von KI mehr in der Schule gelehrt werden.
Auch regt sie zu einer Anpassung der Inhalte an. Sie erzählt von ihrer Geschichtelehrerin als positives Beispiel, welche statt auf Auswendiglernen auf kritisches Denken setzt. So müssen Schüler Vorteile, Meinungen, Nachteile zu bestimmten Textabschnitten oder Bilder ausführen. Denn Fakten können im Internet gesucht werden. Und „ChatGPT geht nicht wieder weg“, ist sie sich sicher.
Skeptische Lehrpersonen
Dass das Internet in den Geschichteunterricht eingebunden wird, hat ebenfalls Maturant Eliah Summer erlebt. Die Lehrperson hatte Aufgaben mit offenen Fragen gestellt, welche die Schüler anhand einer Internetrecherche beantworten durften. Dass KI selbst in den Unterricht am BG Feldkirch eingebunden wurde, erlebte der 17-Jährige aber nie.
KI wurde nur im Zusammenhang mit Schummeln thematisiert, das Lehren von Gefahren und dem Umgang damit fehlte komplett. Er hätte sich gewünscht, dass die Lehrpersonen selbst informiert werden und dann das Wissen an die Schüler weitergeben – etwa positive Anwendungsmöglichkeiten fürs Lernen oder Informationen zu den Risiken. Stattdessen nimmt er die Einstellung der Lehrpersonen zu KI vorwiegend als negativ und skeptisch wahr.

Die Angst, dass mit KI im Unterricht und bei Hausübungen geschummelt wird, empfindet er zwar als berechtigt. Er nimmt wahr, dass einige Schüler es für Hausaufgaben oder als Informationsquelle benutzten. Doch im Rahmen der Matura sieht er diese Ängste als unbegründet an: „Man muss das Handy abgeben und hat kein Internetzugang am Handy.“ Bei seiner VWA über bipolare Störungen am Beispiel ausgewählter Künstler hat ebenfalls sein Gewissen und das Wissen über den Plagiatscanner gesiegt. Deswegen hat er KI nur zur Recherche und für Erklärungen genutzt, aber den Text selbst verfasst, auch wenn ihm der Gedanke in den Kopf kam, dass es anders leichter gewesen wäre.
Eigenkreation
Elisa Wachter vom Borg Götzis wollte ChatGPT nicht für die VWA verwenden. „Ich wollte etwas selbst kreieren“, erläutert sie, warum es ihr wichtig war, selbst zu schreiben. Sie wollte zeigen, was sie kann, und lernen, wie man wissenschaftlich arbeitet. Außerdem sei KI in Verbindung mit Wissenschaft gefährlich, ist sie überzeugt. Sie betont, dass ChatGPT eine geeignete Möglichkeit ist, Denkanstöße zu geben und hat KI auch schon als Recherchetool im Unterricht benutzt, für die Vorbereitung der Matura jedoch nicht. Ihr ging KI dabei gar nicht ab, denn sie verbrachte den Großteil der Schulzeit noch ohne der Existenz der KI-basierten Chatbots. „Ich denke die nächsten Jahrgänge wird es mehr betreffen.“
Deswegen denkt die Altacherin, dass die Strukturen von Seiten der Politik in der Schule angepasst werden müssen – und zwar im Austausch mit Schülern. Sie sieht nicht die Zukunft im Auswändiglernen und ist davon überzeugt. Recherche, politische Entscheidungen oder auch Steuererklärungen schlägt sie als essenziellere Inhalte für den Unterricht vor. Doch die 18-Jährige werden die Veränderungen nicht mehr betreffen: Sie ist erstmals froh, dass sie bereits die schriftliche Matura hinter sich hat.
