Das Wichtigste am Lehrberuf: „Du musst Kinder lieben!“

Sonja Schwendinger war schon die Volksschullehrerin ihrer Tochter Diana. Diese trat in die Fußstapfen ihrer Mama, sodass beide nun gemeinsam an der VS Kirchdorf unterrichten.
Unterrichten liegt bei der Familie Schwendinger wahrlich in der DNA. Alle vier Familienmitglieder sind Lehrer geworden. Eine besondere Konstellation ergibt sich bei Mutter Sonja und ihrer Tochter Diana. Sie unterrichten parallel die beiden zweiten Klassen an der VS Kirchdorf in Göfis. Noch kurioser: Schon als Kind besuchte Diana diese Volksschule – und wurde damals von niemand geringerem unterrichtet als ihrer Mama.
“Dinosaurier” an der Volksschule Kirchdorf
Sonja Schwendinger ist ein wahres Urgestein an der VS Kirchdorf. „Im Dezember 1991 habe ich hier angefangen. Das ist meine erste und einzige Schule als Lehrerin. Man könnte sagen, ich bin der Dinosaurier hier“, schmunzelt sie. Andere Lehrer und Direktoren kommen und gingen, aber die gebürtige Bludenzerin, die der Liebe wegen nach Göfis gezogen war, blieb. Schließlich erreichten ihre Kinder – erst Hannes, dann Diana – das Volksschulalter. Während Sonja ihren Sohn nur gelegentlich in Randstunden wie Sport unterrichtete, ergab sich es sich 2001 schließlich, dass sie Mathe und Sachunterricht in jener dritten Klasse lehren sollte, in der auch ihre Tochter war.
„Man hat mir gesagt, das mache nichts, wenn ich meine eigene Tochter unterrichte“, erzählt Sonja, dass sich anfängliche Zweifel nicht bestätigten. „Zuerst dachte ich, man muss aufpassen, dass man das eigene Kind nicht strenger beurteilt, damit es keine blöde Nachrede gibt.“ So etwas habe es aber gar nie gebraucht: „Die Rollenverteilung hat immer super funktioniert.“

Auch für Diana war es kein Problem, wenn ihre Mama vorne an der Tafel stand. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass ich bevorzugt oder strenger behandelt werden würde“, erklärt sie. Sonja ergänzt: „Es war für uns wie ein Rollentausch. Zu Hause waren wir Mutter und Tochter, in der Schule Lehrerin und Schülerin.“
Anekdoten aus der Schulzeit
Dafür gibt es zahlreiche amüsante Anekdoten aus der gemeinsamen Schul- und Lehrzeit. Sonja berichtet von einem lustigen Dialog, der sich bei den Schwendingers zu Hause zutrug: „Diana fragte mich, was denn die Hausübung in Mathe sei. Ich meinte, sie soll ihre Freundin Kathi anrufen. Die kann schließlich auch nicht ihre Mama fragen, welche Hausübung sie aufhat.“ Zähneknirschend rief Diana bei ihrer Freundin an. Die wollte wiederum wissen, wieso sie nicht einfach ihre Mama fragt. „Die verrät es mir nicht“, murmelte Diana kleinlaut ins Telefon.
Auch die Klassenkameraden nahmen die Mutter-Tochter-Beziehung mit Humor. „Einmal sagten meine Mitschüler, es sei komisch, wenn ich zu meiner Mama ‚Frau Lehrerin’ sage“, erinnert sich Diana grinsend. „Sie meinten, ich sollte sie doch auch in der Schule ‚Mama’ nennen dürfen.“
Eine lustige Zeit
Der Schmäh muss im Unterricht oft gerannt sein, wie die beiden sympathischen, extrovertierten Göfnerinnen berichten. „Ich habe von Diana natürlich alles zurückgekriegt. Sie war genauso wie ich, als ich den Lehrern früher auf den Keks gegangen bin“, grinst Sonja. „Groß, laut und eine Quasselstrippe“, so fasst sie ihre Tochter als Schülerin zusammen. Ab und zu habe sie sich dann aber auch einen Spaß erlaubt. „Diana, ich muss am Nachmittag mal deine Mama anrufen und mit ihr ein ernstes Wörtchen reden“, tadelte Sonja ihre Tochter einmal scherzhaft.

Verwunderte Werklehrerin
Trotzdem haben nicht alle an der VS Kirchdorf sofort vom Mutter-Tochter-Gespann mitbekommen, wie sich Sonja lachend erinnert: „Ich habe mit einer Werklehrerin zusammen Kostüme für eine Theateraufführung gebastelt. Diana hat nach mir gesucht, als ich schon wieder in einer anderen Klasse war. Also ging sie zur Werklehrerin und fragte: ‚Hast du meine Mama gesehen? Sie ist doch gerade noch hier gewesen.‘“ Die Lehrerin habe verwundert entgegnet: „Ich weiß doch nicht, wo deine Mama ist.“ „Sie war vollkommen überrascht, als ich ihr später im Lehrerzimmer gesagt habe, dass ich Dianas Mama bin“, erzählt Sonja sichtlich amüsiert.
Besagte Theateraufführung hinterließ bei Diana einen prägenden Eindruck. „Ich wollte unbedingt Schauspielerin werden“, erzählt sie. „Sie hatte noch nicht einmal Lust als Teenagerin zum Babysitten“, erinnert sich Sonja. „Eines Tages kam sie auf einmal zu mir und sagte: ‚Ich glaube, ich werde Volksschullehrerin’.“

„Ich bin immer schon gern in die Schule gegangen. Da kam mir der Gedanke, dass es doch schön wäre, Menschen auf eine coole Art etwas beizubringen. Und in meiner eigenen Schulzeit war es nie langweilig.“
Sonja hatte direkt einen Tipp für ihre Tochter parat: „Du musst Kinder lieben, das ist das Um und Auf. In einem Büro kannst du einmal einen Kaffee trinken gehen, aber in der Klasse passiert sicher etwas, wenn du dich wegdrehst. Das ist energiesaugend. Aber wenn du die Kinder liebst, dann schaffst du das.“ Diana liebt Kinder, und so schlug sie den Weg ihrer Mutter ein.
Der Weg nach Göfis
Nach dem Studium an der Pädagogischen Hochschule unterrichtete die heute 30-Jährige zuerst in Rankweil, Feldkirch und Frastanz. „Ich wollte mich auf jeden Fall an meiner Ursprungsschule bewerben, wenn dort eine Stelle frei wird“, resümiert Diana. „Wenn wir zusammen gefachsimpelt haben, dachten wir uns am Ende jedes Mal: Es wäre doch schön, wenn wir zusammen an einer Schule unterrichten“, erzählt ihre Mutter. Als die Chance sich dann ergab, musste Diana nicht lange überlegen und wechselte an die Volksschule Kirchdorf.
Parallelklassen
„Einfach Schicksal“ sei es gewesen, als vor zwei Jahren ein besonders kinderreicher Jahrgang in Göfis eingeschult wurde. So wurden zwei statt wie gewöhnlich nur eine Klasse gegründet. Für die Schwendingers war das die Chance: Diana übernahm die 1a, Sonja die 1b. So können sich Mutter und Tochter bei der Unterrichtsplanung austauschen, bei Korrekturen helfen und hin und wieder gemeinsame Stunden mit beiden Klassen abhalten.

Wie wissen die Lehrerinnen, wen die Schüler ansprechen, wenn sie denselben Nachnamen haben? „Wir sind fast gleich groß. Aber ich bin für die Schüler die kleine Frau Schwendinger“, führt Diana aus. „Und ich bin die große Frau Schwendinger“, ergänzt Sonja. „Dass sie mich ‚die junge’ und meine Mama ‚die alte Frau Schwendinger’ nennen, lasse ich nicht zu“, stellt Diana mit bestimmtem Unterton klar.

Beide sind sich einig: „Wenn man gern Lehrerin ist, fühlt sich der Beruf nicht wie arbeiten an.“ Hin und wieder rutsche ihren Zweiklässlern „Mama“ heraus, wenn sie die Lehrerin ansprechen, erzählt Sonja. „Wenn es ihnen dann peinlich ist, entgegne ich: Es ist doch ein gutes Zeichen, wenn du mich Mama nennst“, sagt Sonja, und das sympathische Mutter-Tochter-Duo bricht in Gelächter aus.