„Übernachtung in der Kabine wäre denkbar gewesen“

24.06.2025 • 17:57 Uhr
Aufmacher Diebstahl - 1
Die erfahrenen Bergretter beruhigten die Insassen, bevor sie diese 150 Meter tief in den Wald abseilten. Hartinger, Shourot

Bergretter Klaus Drexel sprach mit der NEUE über die dramatischen Stunden der Rettungsaktion am Karren, bei der 19 Personen in 150 Metern Höhe in der Seilbahn festsaßen.

Klaus Drexel ist bei der Vorarlberger Bergrettung für die Pressearbeit zuständig und außerdem auch Ortsstellenleiter der Bergrettung Dornbirn. Regelmäßig werden dort Notsituationen bei der Karrenseilbahn geübt, aber der Einsatz am vergangenen Montag stellte die Retter vor zahlreiche unerwartete Probleme: „Es gibt einen sehr detaillierten Bergeplan für die Karrenseilbahn, den wir auch regelmäßig üben. Normalerweise kommt eine Bergegondel zum Einsatz, wenn die Personenkabine nicht mehr weiterfahren kann“, erklärt der Bergretter. Da sowohl die Zugseile als auch das Trageseil verheddert waren, hatten die Retter am Montag diese Möglichkeit jedoch nicht, wodurch sie eine Situation vorfanden, die so in keinem Krisenplan berücksichtigt worden war.

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Zu heißes Manöver

„Zuerst dachten wir auch, dass es sich bei der Kabine mit Personen an Bord um jene handelt, die näher an der Talstation ist. Beim Erkundungsflug des Helikopters hat sich aber herausgestellt, dass in der oberen Kabine zahlreiche Personen gefangen waren“, berichtet Drexel. „Da sich die Seile überschlagen hatten, war an den Einsatz der Bergegondel nicht zu denken. Die Eingeschlossenen mittels Tau vom Helikopter aus zu bergen, war dem Piloten ein zu heißes Manöver, auch weil eine Reihe der Rollen aus dem Seil gesprungen und die Seile verspannt waren.“ Die Einsatzkräfte mussten sich also eine andere Möglichkeit überlegen, die 19 Personen und den Hund, die in der Bahn festsaßen, wieder sicher auf den Boden zu bringen.

150 Meter Abgrund

„Wir haben überlegt, ob sich einer von uns entlang des Zugseils zur Kabine vorarbeiten könnte, was wir aber wieder verwarfen. Zum Glück war auch schon ein Spezialist des Seilbahnbauers vor Ort, der sich die Lage angesehen hat.“ Von diesem sei dann die Empfehlung gekommen, zu allererst die Kabine am Tragseil zu sichern. So wurde ein Techniker vom Hubschrauber zur Kabine abgeseilt, der diese mit Gurten fixierte. „Dann konnte unsere eigentliche Arbeit beginnen: Wir haben zwei Bergretter auf das Kabinendach abgeseilt, einer von ihnen ist sowohl Bergretter als auch Notarzt“, erklärt Drexel. Die erste Aufgabe war, die Leute zu beruhigen, um sie dann anschließend darauf vorbereiten zu können, dass sie bald ein Geschirr angelegt bekommen, die Kabinentür geöffnet wird und sie dann aus der Kabine rund 150 Meter tief abgeseilt werden. Die beiden haben das sehr souverän gemacht, auch wenn es bei der einen oder anderen Person doch etwas mehr Überzeugungsarbeit brauchte, was in so einer Extremsituation aber absolut verständlich ist.“ Schließlich hätten sich alle überreden lassen, die spektakuläre Rettung mitzumachen und sich 150 Meter tief in den Wald abseilen zu lassen.

Vorbereitung am Boden

Die restliche Mannschaft – 20 bis 30 Bergretter und zwei Notfallsanitäter – positionierte sich inzwischen direkt unter der hängengebliebenen Kabine im Wald, um den Boden auf die Ankunft der Geretteten vorzubereiten: „Es wurden zwei Bäume gefällt, damit auch ausreichend Platz für die Bergung vorhanden ist. Nach dem Abseilen und der Erstversorgung bekam sozusagen jeder der Geretteten einen eigenen Bergretter zur Seite, der ihn zur Talstation begleitete.

Übernachtung in der Kabine

Drexel betont, dass für den guten Ausgang dieser Geschichte viele glückliche Faktoren zusammen gekommen seien: „Wir hatten großes Glück mit dem Wetter, denn eigentlich wären noch zwei weitere Gewitterzellen angekündigt gewesen. Wenn uns diese auch noch getroffen hätten, wäre es nicht möglich gewesen, den Helikopter einzusetzen“, so Drexel. „Um auf alles vorbereitet zu sein, gab es auch schon Überlegungen, wie wir die festsitzenden Personen mit dem Nötigsten versorgen könnten, denn eine Übernachtung in der Kabine wäre durchaus ein denkbares Szenario gewesen. Wir hatten viele Ideen, zum Beispiel, dass wir mit einer Drohne Ausrüstung und Verpflegung zur Kabine bringen könnten.“ Glücklicherweise mussten diese Überlegungen nicht in die Tat umgesetzt werden und alle 19 Personen und der Hund kamen noch am Abend sicher ins Tal. „Alles hat super geklappt, alles ist aufgegangen“, zeigt sich Klaus Drexel erleichtert.