Was steckt hinter dem Anschlag auf Darja Dugina?

Tochter des russischen Ideologen Dugin wird bei Autoexplosion getötet.
Es ist ein möglicher Anschlag, den niemand begangen haben will und der zu vielen Spekulationen führt. Bei einer Explosion in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. Ein Sprengsatz sei unter dem Auto von Darja Dugina detoniert. Das Außenministerium nannte die Ukraine als Drahtzieher. Die Regierung in Kiew wies dies zurück. Beide beschuldigen sich gegenseitig. “Ich glaube, das ist das Werk ukrainischer Geheimdienstagenten”, meint jedoch Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Russland und Osteuropa an der Uni Innsbruck.

Schnell wurden auch Stimmen laut, dass der Angriff nicht Dugina gegolten haben soll, sondern ihrem Vater. Beide hätten ein Festival besucht und Dugin habe erst im letzten Moment entschieden, in ein anderes Auto zu steigen.
War Vater das Ziel?
Die 29-jährige Journalistin und Politologin galt zwar als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und stand deswegen auch auf den Sanktionslisten Großbritanniens und der USA. Doch der Vater der Getöteten, der radikale Autor, wird von Medien und Beobachtern immer wieder als Einflüsterer oder als “Gehirn” des russischen Präsidenten Putin sowie als Ideengeber auch für den Angriff auf die Ukraine bezeichnet. Der Einfluss von Dugin, der auf einer US-Sanktionsliste steht, auf Putin ist allerdings Gegenstand von Spekulationen. Der ultranationalistische Publizist ist mit Rechtsextremen in Europa gut vernetzt und fand in der Vergangenheit auch in Österreich freundliche Aufnahme bei Identitären und Rechtsaußen-Politikern.

Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften löste der Anschlag am Sonntag jedenfalls Entsetzen aus. “Ich glaube, dass es viele in ihrer Unterstützung des Krieges stärken wird. Das rechtsnationalistische Lager wird sich wahrscheinlich – soweit das überhaupt geht – weiter radikalisieren und ein härteres militärisches Vorgehen gegen die Ukraine verlangen”, erklärt Mangott. Der Experte glaubt an eine Schockwirkung für die nationalistische politische Elite. Man sehe nun, wozu die Ukraine fähig sei, selbst auf russischem Territorium. “Es ist natürlich eine Schmach für die russischen Geheimdienste.”
In der Ukraine versucht man, den Vorfall herunterzuspielen. Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj entgegnete, im Gegensatz zu Russland sei die Ukraine kein “Terrorstaat”. Er sprach von Machtkämpfen zwischen verschiedenen politischen Fraktionen in Russland. Manche Stimmen gehen gar noch weiter. Der Tod von Dugina erinnere stark an eine Provokation russischer Geheimdienste, kommentierte der Kiewer Politologe Wolodymyr Fessenko. Er spekulierte, dass mit dem Anschlag ein Vorwand für massive Raketenangriffe auf ukrainische Städte am Unabhängigkeitstag, dem 24. August, geschaffen werden könnte. Mangott bezweifelt diese Vermutung allerdings: “Ich halte von diesem Argument ehrlich gesagt nicht viel. Denn die russische Seite braucht so einen Vorwand nicht. Sie muss das nationalistische Lager nicht mobilisieren. Das ist es längst.”
Auf die Beziehungen zum Westen, glaubt der Experte, wirke sich der Vorfall kaum aus. “Das Ereignis ist nur eines von vielen schmutzigen Ereignissen der letzten sechs Monate.” Die Ukraine könne weiter auf die Unterstützung des Westens zählen.