US-Strafzölle: “Fakt ist, Trump hat einen Plan”

Unternehmer Martin Ohneberg spricht darüber, wie die Strafzölle von Donald Trump seine Firma Henn treffen und wie Österreich trotz allem aus der Rezession kommen kann.
Donald Trumps 25-Prozent-Sonderzölle auf Autoimporte in die USA treffen auch Autozulieferer hart. Wie sieht die Lage bei Henn aus und wie reagiert Ihr Unternehmen?
Martin Ohneberg: Prinzipiell ist alles, was den internationalen Warenaustausch einschränkt, erst einmal negativ. Unmittelbar sind wir von den Zöllen überschaubar betroffen, weil wir direkt in die USA wenig liefern. Aktuell sind die Lieferungen nach Mexiko und von Mexiko in die USA noch von Zöllen befreit. Mittelbar sind wir betroffen wie alle, denn die Einführung von Zöllen – und die damit zusammenhängende Verteuerung der Produkte – hat Auswirkungen auf die Automobilproduktion insgesamt. Wir sind auch insofern betroffen, als dass wir zum Beispiel viel in Länder wie Korea oder Japan liefern, von wo aus die Autos wiederum durch die Strafzölle verteuert in die USA exportiert werden.
Wie reagieren Ihre Partnerunternehmen?
Ohneberg: Generell lebt die Hoffnung, dass die Politik in Verhandlungen mit den USA tritt und man sich auf einen Deal einigt. Aus dieser Hoffnung heraus bauen viele Hersteller zunächst die weltweiten Bestände ab und warten vorerst mit dem Export zu erhöhten Preisen, wie zum Beispiel von Audi angekündigt. Die Unsicherheit ist sehr groß. Ich gehe davon aus, dass wir die wirklichen Auswirkungen erst in den nächsten Wochen und Monaten spüren, nachdem die Zölle in Kraft sind und die Bestände in der Lieferkette nach unten gefahren wurden. Derzeit sind die Auswirkungen noch nicht in den Auftragseingängen sichtbar. Wir hatten insgesamt ein sehr gutes 1. Quartal.

Wünschen Sie sich ebenfalls den angesprochenen Deal oder anderweitige Gegenmaßnahmen der EU, um die Strafzölle abzufedern?
Ohneberg: Zum jetzigen Zeitpunkt braucht es eine Reaktion. Die EU kann hier als großer Binnenmarkt mit 500 Millionen Menschen selbstsicher auftreten. Generell muss die EU eine Strategie entwickeln, wie sie sich in Zukunft positionieren wird. Als Auswirkung der Zölle werden weltweit nationalistische Blöcke entstehen: Asien, Europa, die USA, etc. Deshalb halte ich das Mercosur-Abkommen oder das damals leider fallengelassene TTIP-Abkommen für wichtige Instrumente des globalen Warenaustauschs. Denn eines ist klar: Das Wachstum, der Wohlstand und die Arbeitsplätze, die in den letzten Jahren in Europa entstanden sind, sind hauptsächlich auf die Internationalisierung und den globalen Export zurückzuführen.
Könnte der strategische Hintergedanke von Trump darin liegen, ausländische Firmen mit den Strafzöllen in die USA zu locken?
Ohneberg: Fakt ist, Trump hat einen Plan. Das sind keine „Cowboy-Methoden“, wie bei uns immer kommuniziert wird. Reindustrialisierung ist sicher auch eine Strategie, denn in den letzten Jahrzehnten ist der Industrieanteil in den USA rückläufig. Und die Industrie holt man nur mit der Attraktivierung des Standorts zurück. Es gibt bereits einige Ankündigungen von Unternehmen, die in den USA investieren wollen. Aber man darf nicht übersehen: Von der Ankündigung bis zum Punkt, wo das Geld und die Arbeitsplätze angekommen sind, werden Jahre vergehen. Man braucht Vorlaufzeit, muss Genehmigungen einholen und Beschäftigte finden.

Wie bewerten Sie den Aufschub der Zölle um 90 Tage?
Ohneberg: Wenn man davon ausgeht, dass Trump einen Plan hat, dann hat er zunächst erreicht, dass sich einzelne Länder mit den USA an den Verhandlungstisch setzen, um Lösungen zu entwickeln. Zu glauben, dass es mit der 90-tägigen Pause getan ist, ist meines Erachtens gefährlich. Aufgrund der Tatsache, dass die WTO seit langem nicht handlungsfähig ist, braucht es bi- und multilaterale Vereinbarungen.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Die ohnehin angeschlagene Automobilindustrie wird hart von den Strafzöllen getroffen. Ein besonders ungünstiger Zeitpunkt?
Ohneberg: Die Automobilindustrie steht insgesamt vor großen Herausforderungen – neben verfehlter Politik in Europa, zum Beispiel dem Verbrennerverbot und technologischen Vorgaben, ist der Verlust der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit zu überwinden – Stichwort Standortkosten. Wenn man geschwächt ist und zusätzliche Belastungen hinzukommen, macht das Leben nicht leichter. Man darf nicht vergessen: Die Zölle treffen die Automobilindustrie doppelt – die Zulieferungen und das Endprodukt. Die Automobilindustrie ist aktuell der größte Wirtschaftsfaktor der Welt, insofern haben die Zölle eine Auswirkung auf alle Wirtschaftsbereiche.

Für China wurden die Zölle um 125 Prozent. Ist ein weltweiter Handelskrieg noch abzuwenden?
Ohneberg: Wenn man davon ausgeht, dass Trump einen Plan hat, könnte man auch davon ausgehen, dass er das Risiko eines Handelskriegs in Kauf nimmt, um das Beste für die USA herauszuholen – „mit einer Revolution die geplante Veränderung des Weltwirtschaftssystems herbeiführen“. Mit China spitzt sich die Lage definitiv zu. Es wird wichtiger, vor Ort zu produzieren und zu lokalisieren. Der Export wird zukünftig wohl eine geringere Rolle spielen.
An den Börsen gab es Anfang der Woche einen regelrechten Crash, nach einem Post von Trump („It’s a great time to buy“ – Es ist eine großartige Zeit, Aktien zu kaufen.) rasten die Kurse wieder in die Höhe. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
Ohneberg: Die Börse ist viel Psychologie, wo Entwicklungen antizipiert werden. Das Vertrauen gegenüber den USA ist sicherlich belastet und die Frage lautet, ob es den Amerikanern gelingt, dieses Vertrauen wieder aufzubauen. In nächster Zeit werden wir sicher eine höhere Volatilität an den Börsen erleben.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Wie stark treffen die Strafzölle das Exportland Vorarlberg?
Ohneberg: Der Export in die USA wird verteuert, was die Wettbewerbsfähigkeit auf den Prüfstand stellt. Insbesondere in einer Situation, in der die Standortkosten in Europa massiv gestiegen sind, handelt es sich hier um eine doppelte und dreifache Belastung. Es gibt Unternehmen in Vorarlberg, die sehr global aufgestellt sind und die vor Ort produzieren, die wird es weniger treffen. Jene, die rein auf den Export ausgerichtet sind, werden stärker betroffen sein.

Österreich wird mitten in der Rezession von den Strafzöllen getroffen. Welche Maßnahmen muss die Bundesregierung setzen, um aus dem Tief wieder herauszukommen?
Ohneberg: In den letzten Jahren hatten wir aufgrund einer hohen Inflation bei gleichzeitigen überzogenen Gießkannenförderungen und Steuersenkungen überschüssige Lohn- und Gehaltsabschlüsse. Das zu kompensieren, wird nicht leicht – da werden Nulllohnrunden leider unausweichlich werden. Wir brauchen auch Überlegungen wie längere Arbeitszeiten oder die Verlegung von Feiertagen auf Samstage und Sonntage. Das Potentialwachstum muss gesteigert werden. Genauso bei den Pensionen: Wir müssen das faktische Pensionsalter an das gesetzliche anpassen. Das bedeutet weniger Altersteilzeit und stärkere Überprüfungen von frühzeitigen Pensionsantritten. Es geht um mehr Leistung: Wer arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig ist, soll auch weniger aus dem Sozialsystem bekommen als jemand, der konsequent seiner Arbeit nachgeht. Ein wesentliches Thema ist auch der Bürokratieabbau. Und das Wichtigste: Für die Zukunft brauchen wir Leadership in der Politik und Aufbruchsstimmung, damit die Leute wieder bereit sind, zu konsumieren und investieren.
zur person
Martin Ohneberg (*1971 in Bregenz) ist geschäftsführender Gesellschafter und Mehrheitseigentümer des Dornbirner Kupplungsherstellers Henn Industrial Group GmbH & Co KG. Daneben ist er Mitglied des Bundesvorstandes der österreichischen Industriellenvereinigung und war von 2017 bis 2023 Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg.