Götschl will Traditionen brechen

Steirischer Skiverband wird Renate Götschl als ÖSV-Präsidentin nominieren.
Die Entscheidung fiel am Küchentisch. „Ich habe mich mit der Familie, den Kindern besprochen“, erzählt Renate Götschl. Das Votum nach dem Gespräch war einstimmig – und damit ist der Zug in Bewegung: Götschl, 48-fache Siegerin von Weltcuprennen, Gesamtweltcupsiegerin, Weltmeisterin, fünffache Siegerin des Abfahrts-Weltcups, ist bereit für den nächsten Schritt. Die Obdacherin wird für das Amt der ÖSV-Präsidentin kandidieren und will damit Peter Schröcksnadel nachfolgen, der bei der Landeskonferenz im Juni nach 31 Jahren nicht mehr zur Wahl stehen wird.
Warum sich die 45-Jährige das antut? „Weil ich mit Herzblut für den Sport da sein will, weil ich etwas bewegen will. Und weil meine Leidenschaft am Skisport hängt und ich sicher bin, dass ich auch etwas bewegen kann“, sagt sie mit dem Brustton der Überzeugung.
Renate Götschl
- Geboren: 6. August 1975 in Judenburg, Steiermark
- Sie wurde dreimal Weltmeisterin, gewann einmal den Gesamtweltcup und zehnmal einen Disziplinenweltcup
- Mit 46 Weltcupsiegen in vier verschiedenen Disziplinen ist sie die fünfterfolgreichste Athletin der Weltcupgeschichte
Dass sie, die einst die Pisten mit Vollgas hinunterbretterte, nun auch als Funktionärin ganz an die Spitze will, kommt überraschend. Aber als Vizepräsidentin des Steirischen Skiverbandes, die sie seit drei Jahren ist, scheint Götschl auf den Geschmack gekommen zu sein. „Ja, es hat gedauert, bis ich reingekommen bin. Aber es gefällt mir, weil man eben etwas bewegen kann. Es ist spannend und interessant.“
Es ist ihr auch klar, dass sie im Fall des Erfolgs Traditionen brechen würde. Eine Frau an der Spitze des erfolgreichsten Verbandes gab es bisher noch nie, wie auch noch nie ein ÖSV-Präsident aus einem anderen Land als Tirol kam. „Aber ab und zu muss man mit Traditionen brechen“, sagt die Steirerin, „und ich will zeigen, dass man diese Aufgabe auch als Frau meistern kann. Warum sollte das auch nicht gehen?“
Die erste Station, die der „Präsidentinnen-Zug“ nehmen wird, wird heute wohl eher zum Formalakt. Noch am Sonntag berief der Steirische Skiverband eine außerordentliche Vorstandssitzung für den heutigen Tag ein. „Und da werden wir sie als Kandidatin bestätigen. Wenn eine 48-fache Weltcupsiegerin das machen will, kann es nicht verkehrt sein. Die Entscheidung ist erfreulich, ich traue ihr das Amt absolut zu“, sagt der steirische Präsident Karl Schmidhofer.