„Das ist ein Stück weit eine Verfehlung“

Seit Juni führt Grabherr die Geschicke bei Altach als Sportlicher Leiter.
Vor wenigen Tagen hat Torhüter Martin Kobras sehr kritische Worte gegen den Verein und Damir Canadi gefunden. Dabei sprach er von seiner Degradierung zur Nummer drei und fehlender Rückendeckung vom Verein. Wie haben Sie diese Worte wahrgenommen?
Grabherr: Es war leider ein Alleingang von ihm an die Öffentlichkeit. Von den verantwortlichen Personen im Klub wusste niemand davon, das ist nicht gut. Sportlich wurde in den letzten Wochen alles zu dieser Thematik gesagt, nun nimmt es eine andere Dimension an, weil der Alleingang auch nicht ohne Folgen bleiben wird. Bisher haben wir alle Gespräche intern geführt. Mit diesem Gang an die Öffentlichkeit nimmt es einen anderen Welleneffekt an.
Welche mögliche Folgen haben Sie ins Auge gefasst?
Grabherr: Es geht dabei stark um die Zukunft von Martin Kobras selbst, aber auch Cheftrainer Damir Canadi rückt durch die beiden Artikel sehr stark in den Fokus, was für mich nicht in Ordnung ist, da viele Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen werden.
Nun ja, über diese Saison hinaus hat Kobras eine weitere Zusammenarbeit eigentlich ausgeschlossen.
Grabherr: Das ist im Moment nicht das Thema. Wir haben damals, als die Entscheidung für Tino Casali als neue Nummer eins gefallen ist, vereinbart, dass wir über alles reden, wenn die erste Emotion verflogen ist. Nun hat sich Kobras über die Medien geäußert, was es zu akzeptieren gilt. Alles andere werden wir am Tisch besprechen. Dabei wird es in erster Linie um die vor uns liegende Zukunft gehen.

Wird es auch Konsequenzen für die nächsten Wochen geben?
Grabherr: Es geht dabei um den Alleingang an die Öffentlichkeit. Das ist ein Stück weit eine Verfehlung, die wir so nicht stehen lassen können. Wir werden dies in diesen Tagen besprechen, um dann ab Dienstag wieder gemeinsam in eine sehr wichtige Woche gehen zu können.
Er meinte auch, dass er nicht das Gefühl hatte, dass der SCR Altach hinter ihm steht.
Grabherr: Dass der Klub nicht hinter ihm steht, oder hinter einem anderen Spieler, weise ich zurück. Die Torhüterposition ist eine sportliche Entscheidung, die der Trainer trifft, da werden wir als Klub nicht eingreifen. Das Gefühl mag er in dieser Situation so empfunden haben, war aber auch dem Zeitpunkt kurz vor Saisonbeginn geschuldet. Aber ich glaube nicht, dass es auch nur an einem Prozentpunkt bei der Wertschätzung hapert, die sich beide Seiten über die vielen Jahre erarbeitet haben.
Wird er dennoch gegen SV Ried auf dem Platz stehen?
Grabherr: Davon ist im Moment auszugehen. Tino Casali wird nicht matchfit, und Jakob Odehnal wird noch etwas länger fehlen.
Kommen wir damit zu Ihnen und Ihrer Position. Ihre erste Transferperiode ist unter der Woche zu Ende gegangen. War es so anstrengend wie gedacht?
Grabherr: Diese Phase ist immer sehr intensiv. Nachdem die Transferperiode durch den Trainerwechsel und meine Rückkehr nicht vorbereitet werden konnte, war klar, dass wir keine Zeit verlieren dürfen. Wir hatten einige Aufgaben zu lösen und haben Veränderungen gebraucht. Hier war die Zusammenarbeit mit dem Cheftrainer sehr wichtig. Zudem ist Damir Canadi ein Trainer, der klare Vorstellungen hat. Das macht die Entscheidungen einfacher.

Canadi ist ein gutes Stichwort. Wie viel Einfluss hatte der Trainer bei den Transfers? Ein Atdhe Nuhiu oder Sandi Krizman wären ohne ihn wohl nicht in Altach gelandet.
Grabherr: Der Trainer hat schlussendlich immer einen großen Einfluss auf die Transfers. Am Ende werden diese aber gemeinsam entschieden, und da kommen auch stark die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Christoph Längle als Geschäftsführer dazu. Das ist in diesem Sommer stark gelebt worden. Ich denke, wir pflegen sehr gute Netzwerke, die uns bei den Transfers nützen. Einen Krizman hätten wir ohne Canadi nicht am Radar gehabt. Nuhiu schon, aber wir hatten mit Daniel Maderner bis zu seinem Abgang einen ähnlichen Spielertyp.
Welchen Hürden haben Sie sich in der neuen Funktion gegenüber gesehen?
Grabherr: Es ist sicher die weitere Professionalisierung des Klubs. Dabei vor allem die Entwicklung der einzelnen Bereiche rund um die erste Mannschaft, aber auch die weiteren Schnittstellen, wie Juniors, Damen und Akademie. Der SCRA hat eine klare Vision und steht für Werte, die wir in den nächsten Jahren leben wollen. Wir präsentieren die Region nach außen und sehen uns als Vorarlberger Klub. Ich möchte dazu beitragen, in dieser Region etwas Einzigartiges auf die Beine zu stellen, und dafür brauchen wir den sportlichen Erfolg als wichtige Triebfeder.
Wie fällt nun Ihr Fazit zur Transferperiode aus? Es war sicherlich ein größerer Umbruch als vielleicht gedacht. Zudem konnten Spieler wie Mario Stefel oder David Bumberger nicht abgegeben werden.
Grabherr: Der Umbruch scheint groß, schlussendlich wussten wir aber, dass wir durch die Kaderreduzierung schon einige Abgänge haben werden. Bei der Kadergröße wollten wir 21 Spieler, plus drei Torhüter und vier Jungprofis. Mario Stefel ist die einzige Personalie, bei der wir keine passende Lösung finden konnten. David Bumberger wollten wir in die 2. Liga verleihen, um ihm den nächsten Entwicklungsschritt zu ermöglichen. Das hat nicht geklappt. Er ist aber für uns kein Spieler, den wir abgeben wollten. Ansonsten sind wir von der Kadergröße dort angekommen, wo wir wollten. Dazu gekommen sind einige Perspektivspieler. Wir brauchen sicher noch den Winter und den nächsten Sommer, um den Kader wirklich dorthin zu bringen, wo wir ihn gerne hätten.

Nun gab es mit Samuel Oum Gouet, Daniel Maderner und Daniel Nussbaumer drei Spieler, die verkauft wurden. Waren die Angebote einfach zu lukrativ, um sie abzulehnen?
Grabherr: Bei Oum Gouet sind wir nach vier Jahren an den Punkt gekommen, ihn weiterzubringen. Da war der Transfer natürlich ein Wunschszenario. Wir haben vier Jahre in seine Entwicklung investiert, und die Arbeit aller hat sich bezahlt gemacht. Die anderen Spieler hatten auslaufende Verträge. In Kombination mit den Angeboten sind wir zur Überzeugung gekommen, dass wir diesen Schritt machen wollen, weil es uns nach der letzten Saison finanziell freigemacht hat. Wir konnten handlungsfähiger am Markt agieren und interessante Perspektivspieler unter Vertrag nehmen. Es ist in der Zusammensetzung des Kaders immer ein Balanceakt zwischen wirtschaftlicher und sportlicher Komponente. Wir wollen den Spielern eine Plattform geben und für Weiterentwicklung sorgen.
In welcher Größenordnung haben diese Verkäufe nun zu Buche geschlagen?
Grabherr: Dazu haben wir Stillschweigen vereinbart.
Beim Verkauf von Nicolas Ngamaleu 2017 sind die ungefähren Zahlen (laut „Transfermarkt“ 2,5 Millionen Euro, Anm.) ja bekannt.
Grabherr: Ngamaleu ist mit den getätigten Transfers nicht vergleichbar. Wir hatten bei allen drei Spielern eine Restlaufzeit von einem Jahr, und der Markt hat sich in der Phase nach Corona verändert. Daher bitte ich um Verständnis, dass wir über diese Parameter nicht sprechen.

Nun gab es nach längerer Zeit wieder Erlöse durch Spielerverkäufe. Soll dies auch zukünftig wieder stärker im Fokus sein?
Grabherr: Ganz bestimmt. Ich glaube, der SCR Altach kann sich sportlich nur über diesen Weg entwickeln. Weil wir parallel wieder in die Mannschaft investieren können, den Betreuerstab verstärken oder die Infrastruktur verbessern. Bis der Klub in seiner Vision an dem Punkt angekommen ist, dass mit einem fertigen Stadion inklusive Spieltagsgebäude und einem Business Club mit Logen ganzjährig gewirtschaftet werden kann, braucht es einfach noch seine Zeit. In dieser Phase geht es über Transfers, gutes Scouting und Entwicklungsarbeit. Junge Spieler sollen die Plattform Altach dafür nützen, um in der Bundesliga Spielzeit zu sammeln. Das ist ein Modell, das wir in Zukunft stärker forcieren möchten.
Was ist mit diesem Kader nun möglich? Wo landet Altach am Ende der Saison?
Grabherr: Das Entscheidende ist, dass die Mannschaft wächst und Woche für Woche dazulernt. Wir haben jetzt eine Situation, wo eigentlich fast der gesamte Kader im Training steht. Das gibt dem Trainer die Möglichkeit, etwas vorwärtszubringen. Ich glaube, es ist eine Saison, in der alles möglich ist.
Negativ interpretiert würde das auch einen möglichen Abstieg beinhalten.
Grabherr: Es ist im Moment alles sehr eng. Darum werden die nächsten Wochen eine wichtige Phase. Mit Ried, Austria Wien, Klagenfurt und Admira haben wir vier Gegner, die wir im besten Fall hinter uns lassen, positiv interpretiert. Darum ist es noch schwer einzuordnen. Gegen den WAC haben wir eine Chance verpasst, aber wir werden der Mannschaft diese Phase zugestehen. Klar möchten wir das Maximum herausholen, aber mit dem besprochenen Umbruch kann ich es nicht auf Anhieb erwarten. Aber jeder kann sich sicher sein: Wir geben alles dafür, dass die Mannschaft am Ende so weit oben wie möglich steht.