Auf großen Wurf gegen die Jungs aus

In Hard gibt es mit den Bandidas das einzige U13-Mädchenteam Österreichs, das in einer Liga für Jungs mitspielt.
Direkt neben der Sporthalle am See, der Heimat der Harder Handballer, befindet sich das Areal der Baseball-Mannschaft der Hard Bulls. Gegründet 1991, trainiert dort nicht nur das in der höchsten Spielklasse Österreichs etablierte Herrenteam, auch Kinder- und Jugendmannschaften, von der U8 bis zur U16, treffen sich dort zum gemeinsamen Ballspiel. Seit 2020 gibt es auch eine U13-Mädchenmannschaft, die Bandidas.
Namenssuche
Verantwortlich für deren Gründung ist Natalie Scherer, die beim Olympiazentrum Vorarlberg die Pressearbeit verantwortet und Trainerin bei den Bandidas ist. Die Höchsterin war als Jugendliche selbst professionelle Softball-Spielerin, das ist die Baseball-Damenvariante. Scherer kennt also den Sport bestens. „Wir hatten 2020 einen enormen Zulauf von Mädels bei den Hard Bulls, alle etwa im selben Alter. Da ist sofort eine Dynamik entstanden, ein richtiger Teamspirit, eine große Motivation war spürbar. Darum musste ich einfach ein Mädchen-Team gründen“, erklärt Scherer und betont: „Den Namen haben wir zusammen ausgesucht, die Mädchen haben sich sofort damit identifiziert.“ Bandidas ist, wie durchaus zu erahnen ist, die spanische Bezeichnung für Banditinnen.
Keinesfalls ergaunert haben sich die Harder Mädchen, dass sie nur ein Jahr später österreichweit für Furore sorgten – mit dem Einstieg in die U13-Baseball-Liga Vorarlberg. Das besondere, eingangs erwähnte landesweite Novum daran ist nämlich, dass die Bandidas damit als Mädchenmannschaft in einer Liga für Jungs mitspielen, was es so im österreichischen Baseball kein zweites Mal gibt. Notwendig wurde dieser mutige Schritt, weil es in dieser Altersstufe in Vorarlberg keine Liga für Mädchen gibt. „Alle waren Feuer und Flamme“, erinnert sich Scherer an den außergewöhnlichen Ligaeinstieg. „Viele Vereine haben große Augen gemacht, als wir mit einem Mädchenteam angetreten sind“, erzählt die Trainerin sichtlich stolz.

Alles für das Team
Als ehemalige Spielerin auf Europacup-Niveau ist Scherer bewusst, dass Baseball nicht jedermanns Sache ist: „Die Zuschauer, die sich mit den Regeln, geschweige denn mit dem Spiel nicht auskennen, fragen sich, was beim Baseball überhaupt vor sich geht, und finden es langweilig. Aber wenn man den Sport versteht, sieht man welche schlauen und taktischen Spielzüge dahinterstecken.“
Auch die körperlichen Anforderungen sind nicht zu unterschätzen, Baseball verlangt Vielseitigkeit. „Du musst rennen, werfen, schlagen und fangen können“, betont die 41-Jährige.
Ohne Reaktionsschnelligkeit geht im Baseball nichts. Spielverständnis ist selbstverständlich auch wichtig – und ein Auge für die Situation. Diese Attribute bringen die Mädchen der Bandidas allesamt mit, wie ein Trainingsbesuch der NEUE beim Ball-Park in Hard deutlich machte. „Mir gefällt diese Sportart, vor allem weil es ein Teamsport ist. Unser Team ist cool und hält immer zusammen“, erzählt Laura (12), die seit vier Jahren dabei ist. Durch ihren Bruder ist Gigi (11) zum Baseball gekommen: „Ich bin mit hierher gegangen, und es hat mir gleich sehr gut gefallen. Dann wollte ich das Spiel einfach einmal ausprobieren. Jetzt bin ich seit Ende der letzten Saison dabei.“ Seit 2020 spielt auch Runa (10) bei den Bandidas. „Mir gefällt eigentlich alles an Baseball. Besonders die Camps im Sommer sind immer super.“

Zu diesem sogenannten SummerBallCamp im oberösterreichischen Attnang-Puchheim kommen Kinder aus verschiedenen Altersklassen aus ganz Österreich. Zudem nehmen die Bandidas an Turnieren im In- und Ausland teil. Einigkeit herrscht bei den jungen Damen vor allem, was ihre männlichen Gegner betrifft: „Es ist cool, gegen Jungs zu spielen, weil wir zeigen können, dass Mädchen genauso gut sein können!“ Recht haben sie. In der aktuellen Saison liegen die Bandidas mit einer Siegquote von 75 Prozent auf dem ersten Platz, die vier Vereinsderbys gegen die Burschen der Hard Bulls haben die Mädchen alle gewonnen.
Randsportart
Bei den Hard Bulls liegt ein Fokus auf der Nachwuchsarbeit. „Wir hatten schon amerikanische Coaches hier, die speziell mit den Mädchen trainiert haben. Sie haben sehr guten Input bekommen und Erfahrungen gesammelt“, erklärt Scherer, die einst Spielerin der Dornbirn Sharks war. Die Sharks, das war die Damenmannschaft, sind übrigens mittlerweile bei den Indians integriert.
Bei den Harder Bandidas steht jedenfalls nebst regelmäßigem Training jedes Wochenende ein Ligaspiel an. Die Meisterschaftssaison startet Ende April, die Finalspiele sind für Anfang Oktober angesagt. Die Saison gestaltet sich für den gesamten Verein sehr intensiv. Dabei gilt: Ehrenamt ist oberstes Gebot. Ohne die freiwilligen Helfer wäre vieles nicht möglich, verdeutlicht Scherer, die auch betont, dass immer Bedarf an helfenden Händen besteht, auch im Coaching-Bereich. Ehrenamtlich deshalb, weil Baseball weder für Spieler noch die Vereine wirklich lukrativ ist und in Österreich eine absolute Randsportart ist. „Hauptberuflich kannst du hierzulande nicht von Baseball leben, obwohl sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan hat. Die Jungs, die das wirklich professionell in der ersten Liga spielen, buttern extrem viel Freizeit in den Sport. Sie alle haben einen Job, sind in Ausbildung. Im Sommer wird teilweise täglich trainiert, an den Wochenenden fahren sie im ganzen Land umher“, weiß Scherer aus eigener Erfahrung.

Familiär
Sie selbst hat nach dem Studium mit der Annahme des ersten Jobs ihre Karriere beendet. Nach einer längeren Pause hat sie im Jahr 2016 als Kindertrainerin bei den Hard Bulls wieder angefangen. Seither ist viel passiert im Klub, es wurde in die Infrastruktur investiert und ein Feld für den Nachwuchs gebaut. Die Spiele sind mittlerweile gut besucht, die Atmosphäre familiär. „Wir haben eine super Gemeinschaft bei uns. Zu den Spielen kommen die Eltern mit Kind und Kegel, Großeltern, Verwandte, Freunde. Jeder ist willkommen“, betont die Mitarbeiterin des Olympiazentrums in Dornbirn. Nachsatz: „Auch jeder, der den Sport einmal ausprobieren möchte, ist willkommen. Wir haben unter anderem auch eine reine Hobbymannschaft bei uns im Verein.“

Keine Wundermittel
Baseball kann jeder. Prinzipiell. Aus Sicht von Scherer gibt es nicht das eine Wundermittel. Abgesehen von den genannten körperlichen Attributen ist sehr wichtig, dass das Umfeld im Verein passt. Die Höchsterin kann sich durchaus vorstellen, dass manche der Mädchen in ihre Fußstapfen treten und ebenfalls internationale Spiele bestreiten. „Absolut. Sie brauchen die Möglichkeit, in jedem Alter Liga spielen zu können. Das ist wichtig für die Motivation. Der Wettbewerb, das Kräftemessen mit anderen Teams, die Nervosität vor dem Spiel, das Adrenalin und die Erfolgserlebnisse – dafür trainieren sie. Wenn ein reibungsloser Übergang vom Kinder- über den Jugend- bis in den Erwachsenenbereich gewährleistet ist, glaube ich, dass viele dabeibleiben.“
Wie für jeden Sportverein ist das, nennen wir es: „Moped-Alter“ der Spielerinnen eine kritische Phase, oft geht es darum, die Jugendlichen vom Weitermachen zu überzeugen. „In meinem Beruf im Olympiazentrum bekomme ich mit, dass die Teenager-Jahre im Sport entscheidend sind. Ich habe in diesem Alter mit Baseball angefangen, eine ganz andere Situation. Außerdem, mein ganzer Freundeskreis war im Verein. Das wünsche ich mir für die Mädchen auch. Schon jetzt haben sie teilweise ihre besten Freundinnen im Team. Sie kommen sogar am Wochenende auf den Platz, wenn sie gar kein Spiel haben. Um die Buben anzufeuern. Das ist bei uns sehr speziell, dieser Zusammenhalt ist da und auch spürbar“, schwärmt Scherer.
Beste Voraussetzungen also. Und wer weiß, vielleicht hört man in Zukunft noch einiges von Laura, Gigi, Runa oder einer ihrer Teamkolleginnen. Wenn sie, wie ihre Trainerin zuvor, in einer Damen-Softball-Mannschaft im Europacup mitspielen.