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„In drei Jahren sehe ich mich mit dem Stanley Cup“

21.07.2024 • 14:43 Uhr
„In drei Jahren sehe ich mich mit dem Stanley Cup“
Marco Rossi nahm sich Zeit für ein Gespräch mit der NEUE. Dietmar Stiplovsek

NHL-Profi Marco Rossi ist aktuell auf Heimatbesuch. Der NEUE gibt der Center bemerkenswerte Einblicke in sein Leben – und erzählt von Aha-Momenten.

Dass Marco Rossi inzwischen regelmäßig im Mittelpunkt der Berichterstattung steht und auch auf der Straße von Fans erkannt wird, ist für den Rankweiler noch immer eine große Ehre: „Es ist etwas Besonderes, wenn du Berichte über dich liest oder wenn Kinder und Erwachsene in der Öffentlichkeit auf dich zukommen. Aber ich versuche, immer derselbe Marco zu sein. Ich möchte mich nicht wegen irgendetwas verändern oder verstellen“, zeigt sich Marco Rossi beim Gespräch sehr ruhig und reflektiert.

Gerne blickt der mittlerweile 22-Jährige auch auf seinen langen Weg in die beste Eishockey-Liga der Welt zurück. Denn um dieses Ziel zu erreichen, musste Rossi bereits früh Prioritäten setzen. „Ich habe als Kind sehr viel geopfert. So war ich halt beim Training, während andere Kinder im gleichen Alter schon im Schwimmbad waren.“
Nebenbei erwähnt der Profi eine interessante Anekdote aus seiner Kindheit: „Mit etwa 14 Jahren fragte uns ein Betreuer im Trainingslager, wo wir alle mal spielen wollen. Einer wollte in der Schweiz spielen, ein anderer in Österreich, und ich war der einzige im Raum, der gesagt hat: Ich will in die NHL. Da haben mich alle angeschaut und gesagt: Was? Ein Vorarlberger will in die NHL? Aber ich war schon immer selbstbewusst und wusste, dass ich das schaffen kann“, so Rossi. „Natürlich gehört auch eine Portion Glück dazu, aber rückblickend ist es umso schöner, dass es funktioniert hat.“

Eishockey-Supertalent
Gefühlt eine Ewigkeit her: Marco Rossi im Jahr 2018 vor seinem Elternhaus. Hartinger

Rückschlag

Das Abenteuer NHL begann für Marco Rossi beim NHL-Draft 2020. Damals wurde der Rankweiler bekanntlich in der ersten Runde von den Minnesota Wild an neunter Stelle gedraftet. Auch wenn sich Rossi damals schon bereit gefühlt hat, in der NHL für Furore zu sogen – das Schicksal wollte es anders.
Infolge einer Coronainfektion entwickelte der Mittelstürmer eine Herzmuskelentzündung, die ihn in der Saison 2020/21 außer Kraft setzte. Nach zwei Jahren in der American Hockey League, mit vereinzelten und weniger erfolgreichen Spielen in der NHL arbeitete Rossi im Sommercamp 2023 noch härter an sich und bekam so erneut die Chance bei den Wild. Diese Chance nutzte der 22-Jährige in der zurückliegenden Spielzeit auf eindrucksvolle Art und Weise. Rossi schloss die Saison mit 40 Punkten (21 Tore, 19 Assists) auf Platz fünf bei den „Rookies“, also den Liganeulingen ab. Seine Leistungen wurden am Saisonende mit der Berufung ins „Rookie-Team of-the Season“ gewürdigt. „Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung, sie ist der Lohn für meine harte Arbeit und eine große Ehre“, so ein stolzer Rossi.

HOCKEY-NHL-TOR-MIN/
Am 14. Oktober 2023 konnte Marco Rossi über sein erstes NHL-Tor jubeln. USA Today

Vorbild

Der 1,76 Meter große Linksschütze lebt seit mittlerweile fast vier Jahren in den Vereinigten Staaten. Auch wenn die Unterschiede zum „Ländle“ groß sind, fühlt sich Rossi sehr wohl. „Die Menschen in den USA sind sehr offen und freundlich. Egal wer du bist oder was du machst, sie gönnen dir dort jeden Erfolg.“
Angesprochen auf den ansteigenden Bekanntheitsgrad hält der Center fest: „Mir ist erst in den letzten paar Jahren so richtig bewusst geworden, dass Kinder langsam zu mir hochschauen und mich als Vorbild sehen.“
Rossi wohnt in St. Paul, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Minnesota. „In Minnesota sind alle verrückt nach Eishockey. Die Menschen dort lieben den Sport, das ist für sie wie eine Religion. Also, ich würde sagen, wenn es gut läuft, ist es richtig cool, wenn nicht, dann weniger“, so ein lächelnder Rossi. Als große Unterstützung hat der NHL-Profi in den USA seine Freundin an seiner Seite, die nicht nur eine moralische Stütze ist, sondern auch bei der richtigen Ernährung hilft: „Sie ist in einer Kochschule und kann sehr gut kochen, da bekomme ich dann eigentlich immer das Essen zu Hause. Zum Glück, weil die Umstellung, was Restaurants in den USA angeht, schon sehr groß war. Aber klar, ab und zu gönne ich mir mal einen Burger“, beschreibt Rossi.

Canucks Wild Hockey
Rossi hat sich in der NHL durchgesetzt. AP

Großer Traum

Die kommende NHL-Saison ist für Marco Rossi auch die letzte, in der sein Einstiegsvertrag noch gültig ist. Bereits jetzt ist zu lesen, dass bei einem neuen Vertrag mindestens rund fünf Millionen Euro pro Saison herausschauen würden. Doch das alles will der Rankweiler nicht zu nahe an sich ranlassen: „Es wäre nicht gut, wenn ich mir da einen zu großen Kopf machen würde. Der volle Fokus liegt darauf, Tore zu machen und mit dem Team so erfolgreich wie möglich zu sein. Am besten mit dem Stanley Cup.“ Nichtsdestotrotz sind das Summen, die an keinem spurlos vorüber gehen: „Natürlich ist das ein Thema. Bereits als Kind weiß man, wie viel Geld die Superstars verdienen. Aber ich weiß das absolut zu schätzen, was ich jetzt schon bekomme. Ich persönlich bin auch nicht aus den leichtesten Verhältnissen gekommen, darum sind die Wertschätzung und Dankbarkeit sehr groß“, zeigt sich der NHL-Profi trotzdem sehr bodenständig und mit Demut.
Vor drei Jahren musste Rossi mit einer Herzmuskelentzündung einen herben Rückschlag verkraften, jetzt ist er im „Rookie-Team der Saison“, und wo sieht er sich selbst in drei Jahren? „In drei Jahren sehe ich mich mit einem Stanley Cup in der Hand. Das ist das größtmögliche Ziel. Ich glaube, jedes Kind träumt davon, diesen Pokal einmal in den Händen zu halten“, sagt ein erneut lachender Rossi. Doch neben seinem Lachen ist bei den Worten „Stanley Cup“ in seinen Augen ein Glänzen zu sehen. Der Wille, diesen Titel zu gewinnen, ist deutlich zu spüren. Dieser Tage steht Rossi in der Vorarlberghalle in Feldkirch mit 23 Kindern zwischen 7 und 15 Jahren auf dem Eis. Für Rossi ist es eine große Freude, den Kindern seine Erfahrung weiterzugeben: „In dem Alter ist es am wichtigsten, dass man, auch wenn es viel Gegenwind geben wird, immer an sich glaubt. Die Kinder sollen wissen, dass auch sie es schaffen können.“ So wie Marco Rossi, der aus Rankweil auszog, um die Eishockeywelt zu erobern.

Von Florian Gabriel