Mit dem Segen von oben nach Versailles

Die 32-jährige Dornbirnerin Katharina Rhomberg reist morgen nach Paris ab. In ihrem letzten vorolympischen Gastbeitrag gibt die Springreiterin Einblicke in ihr Gepäck.
Ich freue mich riesig, dass es endlich losgeht: Olympia, wir kommen. Ich bin so stolz, dass ich dabei sein darf! Morgen ist die Abreise. Die knapp elfmonatige Vorbereitungszeit auf Paris ist wie im Flug vergangen, weil es viel zu tun gegeben hat, nur die vergangenen zwei Wochen waren etwas zäh: Ich und Cuma haben uns eine Turnierpause gegönnt, wir waren daheim in Dornbirn und haben es etwas ruhiger angehen lassen. Dadurch kamen mir die zwei Wochen sehr lang vor.
Eine riesige Überraschung war, dass mein Reitverein CRV Dornbirn am Freitag eine Verabschiedung für mich veranstaltet hat. Ich habe mich so darüber gefreut. Es waren so viele Leute da, und es war so wertvoll und schön mitzuerleben, wie sie sich so viele für mich mitfreuen. Dieser große Rückhalt tut mir so gut, ich bekomme auch schon so viele Nachrichten: So viele wünschen mir Glück und drücken mir die Daumen. Danke vielmals!

Abreise
Erstaunlicherweise bin ich nach wie vor sehr ruhig, um nicht zu sagen gechillt. Wobei es am Freitag schon etwas gekribbelt hat, als bei meiner Verabschiedung die Eröffnungsfeier lief. Das war schon sehr beeindruckend – Teil einer Veranstaltung zu sein, die so eine Eröffnungsfeier hat, ist schon speziell. Ich denke mal, eine gewisse Nervosität wird sich einschleichen bei mir, wenn ich das erste Mal im Schlosspark von Versailles am Reitplatz bin, wo ja die Reitbewerbe stattfinden. Aber Cuma und ich werden genügend Zeit haben, um uns an die Umgebung und das pompöse Drumherum zu gewöhnen.
Ich fliege morgen um 12.55 Uhr von Zürich ab, nach Zürich fahre ich gemütlich mit dem Zug. Ich habe nämlich gar nicht so viel Gepäck, ich reise nur mit einem Koffer an. Etwas Spezielles habe ich eigentlich nicht dabei. Einen Großteil meines Gepäcks macht meine Olympia-Ausstattung aus, die ich bei der ÖOC-Einkleidung in Wien bekommen habe.
Viel mehr an privater Kleidung braucht es gar nicht. Meine wichtigsten Utensilien sind natürlich meine Reitsachen: Reithose, Bluse, Sakko, Helm, Stiefel, Handschuhe und den Rückenprotektor. Das Gepäck von Cuma ist deutlich umfangreicher. Für ihn nehmen wir Späne, Heu, Futter, Kübel und natürlich die Sattel, das Zaumzeug und noch einiges mehr an Material mit.
Cuma wird dem Lkw nach Paris gebracht. Seine Anreise dauert etwas länger als meine, ich werde übrigens in Paris am Flughafen abgeholt. Die Anreise ist wirklich perfekt organisiert. Cuma wird etwa neun bis zehn Stunden unterwegs sein. Aber er hat danach einen ganzen Tag zur Erholung. Am Dienstagmorgen kommen die Pferde nach Versailles, am Nachmittag steht nur eine lockere Bewegung für seine Muskulatur an. Am späteren Dienstagnachmittag habe ich im Österreichhaus in Paris einen Pressetermin, ich freue mich schon darauf, dabei auch ein bisschen was von der Stadt zu sehen.
Gesundheitstest
Der Mittwoch geht für mich und Cuma sehr früh los. Um 7.30 Uhr steht der Gesundheitstest für Cuma an, davor gehen wir schon reiten, damit Cumas Muskulatur beim Check warm ist. Am Mittwochabend steht dann das Warm-up am olympischen Parcours an. Es wird uns beiden guttun, die Gegebenheiten am und um den Wettkampfort kennenzulernen. Es ist gerade auch wichtig, einen Eindruck von den Tribünen zu bekommen – natürlich werden sie am Mittwochabend leer sein, aber dann haben wir zumindest schon mal ein Bild davon im Kopf, was uns am nächsten Morgen erwartet. Am Donnerstag geht es nämlich los, da beginnt am Vormittag die Qualifikation für den Teambewerb. Am Freitag sind wir dann hoffentlich im Finale dabei, und am Montag und Dienstag in einer Woche steht das Einzelspringen an.
Am Vorbereitungsablauf für die Wettkämpfe selbst werde ich nichts ändern. Olympia ist schon speziell genug, es wäre völlig falsch, mit einer veränderten Vorbereitung den Ablauf durcheinanderzubringen. Ich werde versuchen, meine übliche Routine vor den Einsätzen durchzuziehen. Denn am Parcours selbst ist es bei Olympia wie bei anderen großen Turnieren. Klar, alles ist bunter und größer, aber am Ende ist die Aufgabe in Paris dieselbe wie immer: Es gilt, den Parcours möglichst fehlerfrei und so schnell wie möglich zu absolvieren. Das heißt, Cuma und ich müssen uns für Olympia nicht neu erfinden, sondern das abrufen, was wir können. Und wir haben bewiesen, dass wir als Team viel schaffen können – sonst wären wir ja auch nicht in Paris dabei.

Glücksbringer
Natürlich werde ich versuchen, die Vorbereitung noch besser und noch penibler zu absolvieren, aber ich darf auch nicht überdrehen, es gilt, mir selbst und Cuma ein gutes Gefühl zu bereiten. Das Drumherum ist cool, doch das müssen wir ausblenden. Ich muss bei mir bleiben, fokussiert und konzentriert sein, Cuma Sicherheit geben. Vor dem Eingang zum Parcours bekommt Cuma dann wie immer ein Bussi von mir auf den Hals. Das ist unser kleines Ritual. Bei den Umläufen werde ich als Glücksbringer eine Uhr von meinem verstorbenen Opa tragen, so ist er bei mir dabei. Ich weiß, dass er und meine zwei anderen verstorbenen Großeltern sehr stolz auf mich wären, sie werden mir von oben zuschauen und mir helfen, wenn ich etwas Glück brauche.
Von meiner Familie habe ich auch noch ein Glücksarmband bekommen, meine Mutter ist sogar ins Kloster gegangen, um es weihen zu lassen. Ich bin also, auch, was die Glücksbringer angeht, sehr gut ausgestattet.
Bevor es morgen losgeht, werde ich versuchen, noch etwas den Kopf frei zu kriegen. Das wird auch in Paris wichtig sein, dass ich zwischendurch mal loslassen kann. Natürlich ist es als Athlet wichtig, sich auf seine Sache zu konzentrieren. Gerade bei Olympia. Aber man darf auch nicht zu verbissen werden, es braucht eine gewisse Lockerheit, sonst erdrücken einen die äußeren Einflüsse.
Ich reise mit einem sehr, sehr guten Gefühl nach Paris. Zu was es dann am Ende reicht, werden wir sehen – aber ich spüre es ganz deutlich, dass ich bereit für die Spiele bin, und Cuma ist es auch. In diesem Sinne: Olympia, wir kommen!
Von Katharina Rhomberg