VFV-Boss Horst Lumper zieht Konsequenzen

Es sollte ein Routinegespräch mit VFV-Boss Horst Lumper über das aktuelle Geschehen werden. Es wurde ein Interview, das in die heimische Sportgeschichte eingehen wird.
Es gibt zwar viele Themen und Fragen, die den ÖFB betreffen, aber lassen Sie uns das Gespräch mit Blick auf den heimischen Fußball beginnen. Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Status quo des Vorarlberger Fußballverbands?
Horst Lumper: Es sind herausfordernde Zeiten. Wir sind gerade dabei, ein sehr spannendes Projekt mit der österreichischen Gesundheitskassa zu finalisieren, ein Vereinscoaching, das mit dem Fokus Gesundheit jährlich bis zu 30 Veranstaltungen für Vereine, Funktionäre und Trainer umfassen wird. Das ist ein wichtiger Schritt für uns als Verband. Die VFV-Meisterschaften laufen geordnet und gut ab, leider bleibt die Zukunft der Regionalliga ein Thema. Es wird zum neuen Austragungsmodus irgendwann im Frühjahr eine österreichweite Entscheidung geben – die dann alle zu akzeptieren haben. Wir sind uns beim VFV natürlich im Klaren, dass bei den Vorarlberger Vereinen die RLW-Aufstiegsfrage kontrovers diskutiert wird.
Interessant ist ja, dass sich öffentlich die Vorarlberger Vereine durchaus für die Regionalliga aussprechen, aber letztendlich keiner wirklich aufsteigen will, wie viele kuriose Aufstellungen und Ergebnisse im Saisonendspurt aufzeigen – was ja auch die Eliteliga entwertet.
Lumper: Ich kann schon verstehen, dass die Regionalliga die Vereine vor große Herausforderungen stellt, aber aus sportlicher Sicht muss es immer das Ziel sein, in der höchstmöglichen Liga zu spielen. Andernfalls wirkt sich das, ich will es mal so ausdrücken, auf den VFV-Spielbetrieb aus. Ich persönlich hätte sehr gut mit der Beibehaltung des Eliteliga-Formats als Ersatz für die Regionalliga leben können. Es war ein praktikabler Kompromiss, im Herbst den Grunddurchgang auf das jeweilige Bundesland zu beschränken und dann im Frühjahr mit den besten Teams der drei Verbände Vorarlberg, Tirol und Salzburg den Aufsteiger auszuspielen. Leider haben sie sich in Salzburg nie so wirklich auf die Idee eingelassen und sehr schnell eine Neuregelung gefordert. Die Eliteliga wurde 2019 eingeführt, konnte aber aufgrund der Corona-Pandemie in den ersten beiden Spieljahren nicht zu Ende gespielt werden. Noch bevor wir eine gesamte Saison mit dem neuen Format beendet haben, hat Salzburg den Ausstieg aus der Spielgemeinschaft angekündigt. 2023 sind wir zur alten Regionalliga zurückgekehrt, jetzt braucht es schon wieder eine Reform.
Lässt sich abschätzen, wie diese Reform aussehen wird?
Lumper: Es gibt eine ÖFB-Arbeitsgruppe, die verschiedene Vorschläge prüft, der Blick geht dabei auch über die Grenzen hinweg. Der Übergang zwischen der dritten und zweiten Liga stellt auch in anderen, mit Österreich vergleichbaren, Ländern wie zum Beispiel der Schweiz eine Herausforderung dar. Aber nach dieser Reform wird beim ÖFB die Gesprächsbereitschaft über die dritte Spielstufe wohl auf Jahre hinaus zu Ende sein.
Wie steht es um die VFV-Akademie in Bregenz?
Lumper: Aus sportlicher Sicht sind wir sehr zufrieden mit der Entwicklung, finanziell ist es schwierig. Durch die gestiegenen ÖFB-Anforderungen an die Nachwuchsakademien sind die Kosten deutlich in die Höhe gegangen. Um die Auflagen zu erfüllen, braucht es für die U18, U16 und U15 jeweils einen hauptberuflich angestellten Trainer, zudem ist ein Physiotherapeut und ein Sportwissenschaftler vorgeschrieben. In Vorarlberg stellt uns das vor doppelte Schwierigkeiten, weil unser Markt klein ist: Fachpersonal ist schwer zu kriegen und daher teuer. Wir stehen jetzt vor der Entscheidung, ob wir uns als Verband die Akademie noch leisten können. Es gibt einen VFV-Präsidiumsbeschluss, wonach wir kein Risiko eingehen werden. Wenn die Finanzierung nicht gesichert ist, müssen wir die VFV-Akademie im Sommer schließen. Und dann gibt es, das sage ich frei heraus, keinen schnellen Weg zurück mehr, auch nicht, wenn sie in Altach, Lustenau oder Bregenz sagen würden, dass sie die Akademie übernehmen wollen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob eine Wiedereinführung überhaupt noch möglich wäre, wenn wir im Sommer schließen müssen.

Das sind ganz schlechte Neuigkeiten, das wäre ein ganz herber Schlag für den Vorarlberger Nachwuchsfußball, quasi ein Rückschritt in die Fußball-Steinzeit.
Lumper: Ich habe beim ÖFB einen Antrag gestellt, wie viele hauptangestellte Trainer es notwendigerweise für eine kleine Akademie wie unsere wirklich braucht. Meiner Meinung nach benötigen wir bei der VFV-Akademie keine drei hauptberuflichen Trainer. Über den Antrag wird in den kommenden Tagen entschieden. Ich befürchte allerdings, man betrachtet unser Anliegen als eine Verwässerung der Auflagen. Nicht förderlich für unseren Antrag ist darüber hinaus die aktuelle Lage beim ÖFB, wo ja nach den Turbulenzen im Herbst wichtige Richtungsentscheidungen bei der Generalversammlung im Mai anstehen.
Wie sieht es mit einer Unterstützung vom Land Vorarlberg aus?
Lumper: Das Land Vorarlberg hat uns bereits mitgeteilt, dass wir keine zusätzliche Förderung erhalten. Aber vielleicht ändert man beim Land ja noch seine Einstellung.
So viel zum Sportland Vorarlberg. Gibt es denn noch eine realistische Hoffnung für die Akademie?
Lumper: Unsere Hoffnung beruht auf einem Schulterschluss der Vereine SCR Altach, Austria Lustenau und Schwarz-Weiß Bregenz. Bei diesen drei Vereinen hat man mittlerweile verinnerlicht, wie wichtig die VFV-Akademie für den Vorarlberger Fußball ist. Denn, und das gilt es mal zu betonen, wir betreiben die Akademie in der Mehrerau ja nicht aus einem Selbstzweck heraus. Wir führen die Akademie nicht für uns, sondern für alle: die Jugendlichen, die Vereine oder einfach ausgedrückt: für und im Sinne des Vorarlberger Fußballs. In der Mehrerau wird unter der Akademieleitung von Didi Berchtold hervorragend gearbeitet wird. Wenn ich zum Beispiel höre, dass Ralf Rangnick den Bregenzerwälder Christopher Olivier als einen der Jahrgangsbesten lobt oder ich an die vielen Vorarlberger in den U-Nachwuchsauswahlen denke, dann bin ich als Verbandspräsident sehr stolz. Leider fehlt weiterhin der A-Nationalspieler. Doch das hat auch viel mit der Vereinsauswahl der Spieler und einer gewissen Portion Glück oder Pech zu tun. Unsere Akademie hat sich in Österreich einen Namen gemacht, ich werde oft gefragt, wie wir das mit unseren Möglichkeiten so hervorragend hinbekommen.

Es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass vor wenigen Jahren deutsche Bundesligisten Interesse an einer Übernahme der VFV-Akademie hatten.
Lumper: So ist es, wobei das eigentlich nie eine ernsthafte Option für uns war. Wir möchten unsere Jugend für den Vorarlberger und österreichischen Fußball ausbilden und nicht im Auftrag des deutschen Fußballs.
Bis wann fällt über die Zukunft der VFV-Akademie eine Entscheidung?
Lumper: Die wird in den kommenden Wochen fallen. Die Akademie-Schließung hätte dramatische Folgen, wir betreuen ja 70 Jugendliche, auch die Schulleitung des Collegium Bernardi, an die wir als Akademie angeschlossen sind, ist informiert, dass es mitunter im Sommer nicht mehr weitergeht bei uns. Ich habe eine gewisse Zuversicht, dass wir mit einem Schulterschluss der Vereine eine Lösung finden werden, das bedeutet, dass sich die Vereine beteiligen, wir intern die Kosten optimieren und so eine Fortführung finanziell möglich ist. Aber ich will und werde sicher nichts versprechen, das ich nicht versprechen kann. Und ich will auch nicht, dass es hinterher heißt, dass nie auf die Schwierigkeiten hingewiesen wurde, solange das Aus noch abwendbar war.
Angesichts der Tragweite, die eine Schließung der Akademie zur Folge hätte, fällt ein Themenwechsel schwer. Aber es gibt weitere Themen. Was sagen Sie zum Vorfall beim Frauen-Bundesligateam SPG FC Lustenau/FC Dornbirn, als ein Funktionär mit einer Waffe vor den Spielerinnen hantiert haben soll?
Lumper: Formell gesehen ist das Sache der Bundesliga, als VFV-Präsident bin ich schockiert. Der Vorfall hat sich nicht ganz so ereignet, wie das medial verbreitet wurde, aber das macht es nicht viel besser. Solche Verhaltensweisen schaden dem Vorarlberger Mädchen- und Frauenfußball, was mich zutiefst bedrückt, weil in Vorarlberg eine Frauenfußball-Kultur zu wachsen beginnt. Die Vereine leisten tolle Arbeit, unsere Vizepräsidentin und zuständige Referentin Sonja Baldauf treibt die Entwicklung des Frauenfußballs vorbildlich voran. Vorarlberg ist in Österreich ein Vorzeigebundesland im Frauenfußball geworden, bei anderen Landesverbänden staunen sie regelrecht über uns. Zur Zeit arbeite ich daran, im Mädchennachwuchs ein Endrundenturnier nach Vorarlberg zu bringen. Es gibt weitere Bewerber, aber die Chancen stehen durchaus gut.
Welche Worte finden sie zum abgebrannten Klubheim von Admira Dornbirn?
Lumper: Das war für die Admira ein Schicksalsschlag, mir tun alle im Verein leid. Ich habe mich sofort nach dem Brand bei den Verantwortlichen gemeldet und jede organisatorische Unterstützung zugesagt, die dem Verein hilft. Geld können wir leider keins besteuern, aber wir können zum Beispiel bei den Spielansetzungen helfen. Das Tragische ist ja, dass die Admira eine moderne Anlage hatte und eigentlich auf viele Jahre hinaus Strukturen geschaffen hatte. Da ich aber die handelnden Personen um Obmann Gerhard Ritter kenne, glaube ich fest daran, dass die Admira die Lage meistern wird.

Wollen wir es hoffen. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass der SCR Altach in der Bundesliga bleibt?
Lumper: Wenn man als Tabellenletzter überwintert, ist die Lage ernst, aber es stehen noch viele Spiele an, die Altacher haben alles in der eigenen Hand. Ein Abstieg wäre eine sportliche Katastrophe: Vorarlberg braucht einen Bundesligisten. Ich glaube mittlerweile sogar, dass in Vorarlberg auch dauerhaft zwei Bundesligisten nebeneinander existieren können. Ich traue Austria Lustenau in der kommenden Saison den Aufstieg zu. Das neue Stadion, oder besser gesagt das, was ich bisher davon gesehen habe, gefällt mir ausgesprochen gut. Die Größenordnung ist stimmig, das Ambiente passt zur Austria. Mit diesem Stadion bekommen die Lustenauer die Infrastruktur, die es für die Bundesliga braucht, jetzt müssen sie sportlich den notwendigen Schritt nach vorne machen. Denn eine Saison wie diese entspricht weder den eigenen Anforderungen noch den Erwartungen der Fans und der Öffentlichkeit.
Trauen Sie perspektivisch auch Schwarz-Weiß Bregenz den Aufstieg zu?
Lumper: Es ist wirklich sehr erfreulich, wie großartig Bregenz in der 2. Liga aufspielt. Ich hätte das nicht erwartet, das sage ich ganz offen, dass Schwarz-Weiß Bregenz nach dem Aufstieg so einen erfolgreichen Weg einschlägt. Erfreulich ist vor allem auch, dass sie mit so vielen Vorarlbergern spielen. Ich gönne es dem Verein von Herzen – nicht zuletzt als alter Bregenzer. Aber für einen Bundesliga-Aufstieg müsste schon noch viel passieren bei Schwarz-Weiß Bregenz. Aktuell stemmt fast alles Predrag Zivanovic im Alleingang. Bei einem Bundesliga-Aufstieg bräuchte es zusätzliche Angestellte. Sportlich traue ich Bregenz tatsächlich zu, in den kommenden Jahren um den Meistertitel in der 2. Liga mitzuspielen. Sollten sie bei Schwarz-Weiß Bregenz wirklich von einer Bundesliga-Rückkehr träumen, muss man dementsprechende Schritte setzen und ein strukturelles Wachstum vorantreiben. Meine persönliche Meinung ist, dass die jetzige 2. Liga ideal für Bregenz ist.
Bevor wir zum letzten großen Thema dieses Gesprächs kommen, den Turbulenzen beim ÖFB, würde ich gerne wissen, wie Ihnen der Legendencup in Hard gefallen hat.
Lumper: Es war eine tolle Veranstaltung, die dem Fußball gut tut. Ich war natürlich in der Halle. Man hat gesehen, dass die Fans so ein Event annehmen, die Halle war voll, die Begeisterung riesig. Da geht es weniger um den sportlichen Aspekt, das Tempo war überschaubar, sondern darum, so große Fußballer wie Horst Hrubesch oder Klaus Augenthaler mit eigenen Augen zu sehen. Plötzlich geht man an einem Toni Polster vorbei, kann mit Andi Herzog ein paar Worte sprechen, das ist natürlich etwas Besonderes. Obendrein war es für einen guten Zweck. Ich glaube, der Legendencup könnte sich in Vorarlberg etablieren, der Termin um Weihnachten herum ist ideal dafür.

Und damit also zum ÖFB. Hinter dem österreichischen Fußballbund liegt ein turbulenter Herbst mit Machtkämpfen, Intrigen und schließlich dem Rücktritt von ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer. Die Nachfolgefrage ist nach wie vor offen. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Lumper: Ich sage es ganz offen: Die Personen müssen sich ändern. Die aktuelle Krise geht nämlich aus meiner Sicht nicht auf ein Strukturproblem zurück, es hat ja davor mit diesen Strukturen funktioniert, bei anderen Verbänden mit einem sehr ähnlichen Organisationsaufbau funktioniert es ebenso. Es liegt beim ÖFB an der Verhaltensweise Einzelner. Nichtsdestotrotz finde ich es gut, dass die Strukturreform umgesetzt wird, ich befürworte diese Veränderung nach wie vor. Wir müssen beim ÖFB weg vom Ehrenamt und hin zum Hauptamt, mit einem Aufsichtsrat, der bewirkt, dass sich die Präsidenten zurücknehmen. Aber jede noch so professionelle Struktur steht und fällt mit den handelnden Personen. Die Vorkommnisse beim ÖFB der vergangenen Monate waren ganz, ganz schlecht für den österreichischen Fußball, sie haben dem Ansehen des ÖFB enorm geschadet. Ich kann nur appellieren, dass alle ihre eigenen Befindlichkeiten hinten anstellen und sich in den Dienst des rot-weiß-roten Fußballs stellen. Die Voraussetzungen dafür sind prinzipiell ja sehr gut: Das Herren-Nationalteam spielt einen erfolgreichen Fußball und ist so populär wie schon lange nicht mehr, es kommt ja nicht von ungefähr, dass wir Ralf Rangnick verpflichten und auch halten konnten. Der Frauenfußball entwickelt sich, verpasste EM-Qualifikation hin oder her, sehr gut, der Nachwuchs entwickelt sich stark, mit der Fertigstellung des Trainingszentrums in Aspern werden wir einen gewaltigen Schritt nach vorne machen. Und dann macht man alles mit internen Streitigkeiten kaputt, weil einzelne Präsidenten, aus der Ecke Oberösterreich und Tirol, alles bekämpfen, wo es ansonsten Einstimmigkeit gäbe.
Auf den Punkt gebracht: Was heißt das?
Lumper: Man kann anderer Meinung sein, selbstverständlich, aber, und das ist schon zu erwarten: Es gilt, auch die Mehrheit der anderen zu akzeptieren – und nicht Mehrheiten zu untergraben, mit Rechtsstreit zu drohen, nur, weil einem die Mehrheitsmeinung nicht passt. Das entspricht nicht meinem Verständnis des Miteinanders. Das ist ein gefährlicher Weg, das entzweit den ÖFB, wie man gesehen hat, selbst in der Geschäftsführung. So kann und darf es nicht mehr weitergehen. Ich finde, Interimspräsident Wolfgang Bartosch macht seine Sache ganz gut, doch der neue Präsident wird stark gefordert sein, es braucht zudem einen CEO, der den Laden in den Griff bekommt und durchgreift.
Sollte der Präsident aus der Wirtschaft kommen, oder muss es wer mit Fußballbezug sein?
Lumper: Nachdem der Präsident jemand sein muss, der sich auch gegen Widerstände durchsetzt, sollte er zumindest aus dem erweiterten Fußballumfeld kommen. Es muss kein Ex-Spieler sein, es sollte nur keiner aus der Wirtschaft sein, der den Verband wie ein Unternehmen führt und sportlich nicht so recht weiß, wovon er spricht. Weil solche Quereinsteiger anfällig für Einflüsterer und damit steuerbar sind. Außerdem lässt sich ein Sportverband auch gar nicht wie ein Unternehmen führen, weil die Voraussetzungen völlig andere sind. Es ist offen, wer neuer Präsident wird. Ich weiß von Interessensgruppen, die mit ihren möglichen Kandidaten gewisse Ziele verfolgen, was aber legitim ist, solange mit offenen Karten gespielt wird. Der ÖFB-Wahlausschuss wird wohl noch im Jänner einbestellt – dann wird man sehen, wohin die Reise geht.
Auch Teamchef Ralf Rangnick hat sich in den vergangenen Monaten mit seinen Einmischungen nicht mit Ruhm bekleckert?
Lumper: Meine Meinung ist da ganz klar. Wir haben mit Ralf einen außergewöhnlich guten Trainer, der sportlich einen großartigen Job leistet. Ob es so geschickt ist, wenn er sich in andere Personalentscheidungen einmischt, glaube ich allerdings nicht. Das habe ich ihm auch persönlich gesagt. Ralf ist motiviert, wir kennen ihn, er hat auch schon wichtige Anregungen gegeben, das ist unbestritten. Doch es liegt schon am Präsidenten und in Zukunft am Aufsichtsrat, Entscheidungen voranzutreiben und zu treffen – weil die dafür verantwortlich sind.

Welche Auswirkungen hat das alles auf Sie als ÖFB-Funktionär?
Lumper: Ich bin seit 20 Jahren im ÖFB-Präsidium, so mühsam wie jetzt war es noch nie. Diese Machtkämpfe sind mir zutiefst zuwider, ich will etwas bewirken und nicht meine Energie mit anstrengenden und noch dazu völlig unnötigen Streitereien verschwenden. Darum habe ich meinen Vorsitz der Finanzkommission zurückgelegt. Für mich ist klar, ich werde nicht beim ÖFB bleiben, denn ich kann das nicht mehr Mitverantworten, was da passiert – und weder mir noch meinem Umfeld gegenüber rechtfertigen, dass ich weiterhin Teil dieses Apparats bin. Ich kann mich mit diesem ÖFB nicht mehr identifizieren.
Das heißt, Sie verlassen den ÖFB?
Lumper: Ja, und das hat auch zur Folge, dass ich beim Vorarlberger Fußballverband mein Amt zurücklege, weil du nicht Landesverbandspräsident sein kannst, ohne beim ÖFB ein Amt zu übernehmen. Diese Konsequenz war mir bewusst, aber mich hat diese bösartige Konfliktaustragung belastet. Die ungeheuerlichen Vorwürfe bei den Sitzungen, die Mitschnitte, die in der Presse gelandet sind, die persönlichen Unterstellungen unter der Gürtellinie, denen manche ausgesetzt waren: das kann ich nicht hinnehmen. Dafür will ich nicht mit meinem Namen einstehen. Ich erwarte eine gewisse Gesprächskultur und auch eine gewisse Streitkultur. Man kann einen Konflikt austragen, aber nicht so, wie das beim ÖFB passiert ist.

Habe ich Sie richtig verstanden: Sie treten als VFV-Präsident zurück?
Lumper: Ja, die Entscheidung steht, ich werde demnächst als VFV-Präsident zurücktreten, offen ist nur mehr der zeitliche Rahmen. Es stehen noch wichtige Beschlüsse an, sobald alles auf den Weg gebracht ist, werde ich mich beim VFV zurückziehen. Ich war lange dabei, 20 Jahre, eigentlich wollte ich diese Amtszeit noch zu Ende bringen, aber ich kann dieses schlechte Bild, das der ÖFB nach innen und nach außen abgibt, nicht mehr mittragen.
Dieses Interview nimmt fast von der ersten Minute an einen völlig unerwarteten Verlauf. Bleiben Sie denn dem Fußball in einer anderen Funktion erhalten?
Lumper: Ob ich bei der UEFA bleibe, wird sich zeigen. Das ist noch ein Stück weit offen. Ich war eine Zeit lang sogar als ÖFB-Präsident im Gespräch, doch das kam und kommt für mich nicht infrage, weil ich meinen Lebensmittelpunkt in Vorarlberg habe; und ein ÖFB-Präsident muss vor Ort in Wien greifbar sein. Außerdem habe ich einen Beruf. Nein, abgesehen von meinem möglichen Verbleib bei der UEFA werde ich im Laufe der nächsten Monate zum ganz normalen Fußballfan und Stadionbesucher.