Nicht schwach, nur anders: Frauen stark am Ball

Hintergrund. Nicht aus Anlass des Weltfrauentags, sondern weil Frauenfußball ein wichtiger Bestandsteil der Sportszene ist: Eine Bestandsaufnahme zum Mädchen- und Frauenfußball in Vorarlberg mit VFV-Sportdirektor Andi Kopf und VFV-Frauenreferentin Sonja Baldauf.
Der Mädchen- und Frauenfußball in Vorarlberg entwickelt sich mehr als nur positiv. Inzwischen gibt es in Vorarlberg 52 Frauenmannschaften, 36 davon sind Nachwuchsteams in den Altersstufen U10 bis U16, beachtliche 16 Teams sind im Erwachsenenfußball eingegliedert und nehmen an einem Ligabetrieb teil. „Die Einführung der Landesliga als Unterbau für die Vorarlbergliga war der richtige Schritt, dadurch steht der Mädchen- und Frauenfußball in Vorarlberg jetzt auf sportlich sinnvollen Beinen“, betont VFV-Sportdirektor Andi Kopf. VFV-Vizepräsidentin und VFV-Frauenreferentin Sonja Baldauf erklärt: „Immer mehr Mädchen suchen den Weg zu einem Verein. Dadurch sind auch immer mehr Vereine bereit, Mädchenteams ins Vereinsleben zu integrieren. Der DSV ist beispielsweise gerade dabei, eine U13 zu gründen – und es werden immer mehr Vereine.“

Entwicklung
1153 aktive Fußballerinen zählt das Land Vorarlberg, 929 davon sind im Nachwuchs aktiv. Was nicht zuletzt daran liegt, das es inzwischen zwei LAZ-Vorstufen-Standorte gibt: in Dornbirn und Feldkirch. Die Mädchenakademie zählt in Summe 165 Spielerinnen, im Sportgymnasium und der Mehrerau sind insgesamt rund 20 Mädchen in den Fußballzweigen, und in Dornbirn-Hatlerdorf trainiert der VFV ein landesweites U13- und U15-Ausbildungsteam. Das Projekt „Mädchen an den Ball“ läuft auch im Jahr 2025 weiter. Zudem arbeitet der Verband an der Weiterentwicklung des zertifizierten Mädchen-Leistungszentrums.
Hinzu kommen die beiden Bundesligisten SCR Altach und die SPG FC Lustenau/FC Dornbirn, die jeweils ein Future-Team stellen, sowie Zweitligist RW Rankweil. Alle diese Zahlen unterstreichen: So gut aufgestellt wie aktuell war der Frauenfußball in Vorarlberg noch nie, was nicht zuletzt an Sonja Baldauf liegt, die mit viel Herzblut und Hartnäckigkeit Türen für den Mädchen- und Frauenfußball öffnet. Immer mehr Frauen sind auch als Trainerinnen in den Vereinen im Einsatz und besuchen Trainerkurse. Aber die Entwicklung kann und darf noch lange nicht abgeschlossen sein. So sind weitere Ligen in Vorarlberg angedacht, und aus den vielen kleinen Mädchenabteilungen in den Vereinen sollen optimalerweise weitere größere Frauenteams entstehen. Denn: So richtig und wichtig die Förderung im Mädchenalter ist – es braucht auch Vereine, die einen Spielbetrieb im Erwachsenenalter stemmen.
„Die Mädchen im Jugendalter zu fördern ist deshalb noch etwas einfacher, weil die Mädels auch bei den Burschen mitspielen und dort auch mehr als nur mithalten können. Das mit dem Mithalten ändert sich zumeist erst, wenn die Burschen durch die körperliche Entwicklung kräftiger werden“, bringt es Baldauf auf den Punkt. Ein Problem ist freilich, dass Mädchen- und Frauenmannschaften die Vereine vor infrastrukturelle Herausforderungen stellen. Da der Trainingsbetrieb klarerweise auch bei den Mädchen erst am frühen Abend beginnen kann und die allermeisten Vereine schon mit den bestehenden Teams an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, würde ein Ausbau der Frauenfußballsektion zusätzliche Fußballplätze und Umkleidekabinen erfordern. In den aktuell so fordernden Zeiten fehlt dafür eigentlich überall das Geld – und dass die Zukunft der VFV-Burschen-Akademie aktuell am seidenen Faden hängt, kommt schließlich nicht von ungefähr. Mit einer Vertiefung des Schulangebots könnte man zumindest im Nachwuchs das Platzproblem entzerren.

Schulsport
Ein wichtiger Hebel beim Mädchenfußball ist der Schulsport, eine vertiefte Kooperation mit dem Gymnasium Feldkirch ist daher ebenso das Ziel wie die Zusammenarbeit mit dem PG Mehrerau auszubauen. Weiters braucht es weitere LAZ-Vorstufen-Stützpunkte im Montafon und dem Bregenzerwald.
„Das Potenzial in diesen Regionen ist riesig“, weiß VFV-Sportdirektor Kopf. Gespräche mit potenziellen Trägervereinen in beiden Regionen sind im Gange, der Stützpunkt in Dornbirn ist beim SC Hatlerdorf stationiert, in der Montfortstadt bei Blau-Weiß Feldkirch. Es gibt also Vorzeigevereine, zu denen zählt nicht zuletzt auch Viktoria Bregenz. Klar ist: Auch wenn ähnlich wie im Männerfußball das Verhältnis zwischen Breiten- und Leistungssport wie eine Pyramide verläuft, würde es insbesondere den beiden Bundesligisten helfen, wenn der Nachschub an Talenten groß wäre. „Bei der SPG FC Lustenau/FC Dornbirn spielen viele Vorarlbergerinnen“, weiß Baldauf, „da ist also die Durchlässigkeit nach oben sehr gut gegeben.“
Klare Worte
Der Waffeneklat bei der Unterländer Spielgemeinschaft trübt natürlich die Momentaufnahme, „als Verband distanzieren wir uns vehement von Gewaltandrohung oder Machtspielchen“, lässt Kopf keinen Zweifel daran, dass man die Geschehnisse im Herbst beim FC Lustenau/FC Dornbirn, als ein Funktionär öffentlich mit einer Waffe hantierte, nicht toleriert. Und auch die Beschwichtigungen, wonach es sich dabei um einen aus dem Ruder gelaufenen Scherz handelte, bagatellisieren den Vorfall freilich nicht. Baldauf betont: „Ich weiß offen gestanden nicht, was das mit mir als junge Spielerin gemacht hätte, wenn ein Funktionär vor mir mit einer Waffe hantiert hätte. Mir läuft es kalt den Rücken runter, wenn ich nur daran denke.“ Baldauf sagt aber nicht ganz zu Unrecht: „Wir würden uns jedoch wünschen, dass der Frauenfußball in Vorarlberg diese große mediale Aufmerksamkeit bekommt wie dieser Vorfall bei der SPG FC Lustenau/FC Dornbirn.“

Sichtbarer
Der Frauenfußball in Vorarlberg muss noch viel sichtbarer werden. Denn nur mit einer konstanten Medienpräsenz steigt die Attraktivität für Sponsoren, so steht die Suche nach einem Partner für die Mädchenakademie ganz weit oben in der VFV-Aufgabenliste. Klar ist allerdings auch, dass der Verband durch den exklusiv in der NEUE angekündigten Rücktritt von VFV-Präsident Horst Lumper vor einer neuen Zeitrechnung steht und auch die Zukunft der Burschen-Akademie noch nicht vollends geklärt ist. Klar ist aber: Der Frauenfußball wird in Vorarlberg inzwischen ernster genommen. Im Nachwuchssektor ist diese Entwicklung schneller vorangeschritten, aber dank der Erfolge der heimischen Bundesliga-Teams wächst endlich auch das Verständnis für den Frauenfußball. Einen großen Sprung hat der Frauenfußball in Österreich und in Vorarlberg mit der Euro 2022 gemacht, als die ÖFB-Spielerinnen das Achtelfinale erreichten und dort Deutschland forderten. Umso schmerzlicher ist es, dass Österreichs Fußballfrauen die Qualifikation für die diesjährige EM verpasst haben, da die EM in der Schweiz stattfindet, ist das Verpassen des Endturniers aus Vorarlberger Sicht gleich doppelt bitter, da die Wege zur EM kurz gewesen wären.
Schranken im Kopf
Noch sind nicht alle Barrieren und Schranken im Kopf der Fußballfans abgebaut, was den Frauenfußball betrifft. Und, ja, Frauenfußball ist anders als Männerfußball. Aber das trifft, um nur zwei Beispiele zu nennen, auch auf Tennis oder die diversen Leichtathletikdisziplinen zu, die völlig anerkannt sind. In Vorarlberg kann man die Dinge freilich nur im Kleinen verändern, wie mit dem Projekt „Female Athlete“ das vom Olympiazentrum Vorarlberg zusammen mit dem Vorarlberger Fußballverband umgesetzt wird. Dabei wird zum Beispiel das Bewusstsein für den Umgang mit dem weiblichen Zyklus geschärft, aber auch die Verletzungsproblematik wie zum Beispiel nach Kreuzbandrissen thematisiert – diese schweren Knieverletzungen treten statistisch gesehen nämlich deutlich häufiger im Frauen- denn im Männerfußball auf.
Dass dieser Hintergrundbericht einen Tag nach dem Weltfrauentag erscheint, ist übrigens ein Zufall. Berichte über den Frauenfußball sollten nämlich nicht an irgendwelche Motto- oder Gedenktage gekoppelt sein, sondern am ernsthaften Interesse am Sport.