Gründlich motivierte moralische Vorwürfe

Der „Falter“ hat veröffentlicht, dass sechs Fußball-Landesverbände Corona-Hilfen bezogen haben, auch der VFV. Der Falter ortet ein sportpolitisches Foulspiel. Eine Einordnung von NEUE-Sportchef Hannes Mayer.
Der „Falter“ berichtet, dass der Vorarlberger Fußballverband während der Corona-Pandemie 201.191 Euro an Corona-Hilfen aus dem NPO-Fonds erhielt. Die Meldung schaffte es in die Vorarlberger Zeitungslandschaft, samt dem Falter-Vermerk, dass es sich bei der Annahme der Fördergelder um ein „sportpolitisches Foul“ gehandelt habe, da der Spielbetrieb ja geruht hätte und die Ausgaben gesunken seien – womit man eigentlich keinen Förderbedarf hatte. Die Vorwürfe zielen also auf eine fehlende Moral und fehlenden Anstand ab. VFV-Geschäftsführer Horst Elsner wird dabei in ein ganz schlechtes Licht gerückt, er habe auf eine Anfrage des Falters lapidar geantwortet, dass er „kein Auskunftsbüro“ sei. Gegenüber der NEUE erklärte Elsner, dass er mehrere Mails mit umfangreichen Fragenkatalogen vom Falter erhalten hätte und nach einem längeren Schriftverkehr schließlich auf die gesetzlichen Förderbestimmungen verwies, samt dem Vermerk, er sei kein Auskunftsbüro, diese allgemeinen Bestimmungen müsse der Journalist schon selbst nachrecherchieren.
Falsche Adresse für Vorwürfe
Sowohl der Originalbericht als auch die Zweitverwertung sind verwunderlich. Der Vorarlberger Fußballverband hat im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen in Abstimmung mit einem Wirtschaftsprüfer Förderanträge gestellt, zwei davon wurden bewilligt. Insgesamt sechs Fußballlandesverbände stellten Förderanträge und erhielten Fördergeld, drei verzichteten auf einen Antrag. Stört man sich an der Förderbewilligung, ist der Antragssteller die falsche Adresse, der Fehler ist dann bei den Förderkriterien und somit der Politik zu suchen.
Außerdem sind beim VFV während der abgebrochenen beiden Frühjahrsspielzeiten der Spieljahre 2019/20 und 2020/21 zwar gewisse Ausgabenposten gesunken, andere wie die Betriebskosten für die VFV-Akademie in der Mehrerau blieben aber aufrecht. Zeitgleich fehlten die Einnahmen aus dem Spielbetrieb oder von den angebotenen Weiterbildungskursen. Auch der Vorwurf, dass der VFV die Förderungen nicht an die heimischen Fußballvereine weitergegeben hätte, ist nicht stimmig, denn der Verband gab die Förderungen durch einen Erlass von Gebühren sehr wohl indirekt weiter. Was aufzeigt, wie wenig der Falter-Autor über die Strukturen im Fußball weiß und versteht.

Akademie-Träger
Zumal der Vorarlberger Fußballverband als nur einer von zwei Landesverbänden alleiniger Träger der heimischen Nachwuchsakademie ist und somit im Verhältnis höhere Ausgaben hat. Der andere Verband ist zwar Tirol, und damit einer der drei Landesverbände, der keine Corona-Hilfe beantragte. Aber dass die Tiroler über ein weitaus höheres Budget und über eine viel breitere Basis als die Mini-Akademie in Bregenz verfügen, sollte – eigentlich – klar sein. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Zukunft der VFV-Akademie am seidenen Faden hängt. Das Aus in der Mehrerau konnte in diesem Jahr gerade noch verhindert werden, ob die Akademie über 2026 hinaus noch bestehen bleibt, ist völlig offen.
Wohl kein Zufall
Der Zeitpunkt des Falter-Artikels lässt vermuten, dass die Veröffentlichung im unmittelbaren Zusammenhang mit der am Sonntag in Bregenz anstehenden ÖFB-Jahreshauptversammlung steht, wo der Ex-Vizekanzler Josef Pröll zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt werden soll. Der Falter ist im politischen Spektrum links der Mitte anzusiedeln, Pröll hingegen steht als ehemaliger ÖVP-Spitzenpolitiker fürs Mitte-Rechts-Politik, zudem ist er Neffe der jahrzehntelangen ÖVP-Gallionsfigur Erwin Pröll sowie Vater von Alexander Pröll, der ÖVP-Staatssekretär im Bundeskanzleramt in der Bundesregierung Stocker ist.
Das sportpolitische Foul, das der Falter dem VFV und den anderen fünf Landesverbänden mit der Annahme der Corona-Hilfen vorwirft, dürfte also das Wiener Nachrichtenmagazin selbst begangen haben. Mutmaßlich im Bestreben, Pröll als neuen starken Mann im österreichischen Fußball zu verhindern. Der Falter wiederum stellt einen völlig anderen Zusammenhang dar: Die Präsidenten der sechs Landesverbände, die Förderungen erhielten – Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Steiermark, Wien und eben Vorarlberg – seien die lautesten Kritiker von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick. Die drei Verbände, die keine Förderung beantragten, dazu aber von Akteuren im Verband gedrängt worden seien, stünden hinter Rangnick.

Es geht um Fußball
Ganz abgesehen davon, dass Horst Lumper kein Kritiker von Rangnick ist, er hat ihn nur für sein Verhalten in der Geschäftsführer-Causa kritisiert, was ein großer Unterschied ist: Wer glaubt, dass Corona-Förderanträge vor fast einem halben Jahrzehnt mit einer aktuellen Bewertung eines Teamchefs zu tun haben, braucht sich über Verschwörungstheorien anderer nicht mehr zu sorgen.
Wenn Lumper noch einen Beweis gebraucht hat, dass er mit dem Rückzug aus dem ÖFB und dem dadurch notwendigen Rücktritt als VFV-Boss richtig lag, dann hat ihn der Bregenzer jetzt erhalten. Denn inzwischen ist der österreichische Fußball zur politisch versifften Spielwiese geworden. Ob darauf ein Ex-Politiker, egal welcher Couleur, die richtige Antwort als ÖFB-Boss ist, sei dahingestellt und wird sich weisen. Aber die politische Vergangenheit eines ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzenden sollte eigentlich keine Auswirkungen haben: Es geht um Fußball, nicht um politische Macht, zumal Josef Pröll längst aus der Politik ausgeschieden ist.

Nationalstadion
Falls Pröll es schafft, dass der ÖFB ein neues Nationalstadion bekommt, wird er es schon nicht türkis oder schwarz anmalen lassen und es auch nicht ÖVP-Arena nennen wollen. Und falls doch, wäre der Aufschrei groß. Auch ganz ohne den Falter.
Hinweis: Die NEUE zählt zu den Kooperationspartnern des VFV.