Pioneers Vorarlberg vermelden hohe Verluste

In weniger als 100 Tagen beginnt die neue ICE-Saison. Von den Pioneers gibt es seit über zwei Monaten keine Neuigkeiten mehr. Derweil schocken deren neuesten Bilanzzahlen.
Dass das Dasein in der ICE Hockey League schwierig ist für die Pioneers Vorarlberg, ist keine spektakulär neue Erkenntnis. Seit dem Einstieg in die Profiliga im Jahr 2022 kämpfen die Feldkircher darum, finanziell über Wasser zu bleiben. Die neuesten Geschäftszahlen der Pioneers zeigen auf, wie dünn das Eis ist, auf dem da Geschäftsführer Christian Groß als Finanzboss der Feldkircher Eishockeyorganisation wandelt. Die Montfortstädter haben diese Woche das Geschäftsjahr 2023/24 abgeschlossen – und damit jene Saison bilanziert, in der die Pioneers das Play-off-Viertelfinale erreichten. Die Pioneers beenden das Spieljahr 2023/24 laut Jahresabschluss per 30.6.2024 mit einem Bilanzverlust von 928.477,90 Euro. Das bedeutet: Die Aufwände der Feldkircher waren in der Saison 2023/24 um fast eine Million Euro höher als die Einnahmen. Obwohl man in der Spielzeit mit Bemer noch einen Hauptsponsor hatte. Obwohl beim Play-off-Duell gegen den KAC die Vorarlberghalle zwei Mal ausverkauft war. Obwohl man, das Pre-Play-off-Heimspiel gegen Innsbruck mitgerechnet, in Summe über 14.000 Zuschauer in der K.o.-Phase bei den zusätzlichen Heimspielen begrüßen konnte. Über Wasser gehalten haben die Pioneers Kapitaleinlagen in Höhe von über einer Million, die nach NEUE-Informationen mindestens zum überwiegenden Teil, wenn nicht gar zur Gänze von PIV-Präsident Pit Gleim kamen. Doch so langsam erreicht auch Gleims Spendabilität ihre Grenzen. Nach drei Spieljahren muss sich das Projekt ICE-Liga in Feldkirch endlich größtenteils selbst tragen.

Rückgang
Wie gut oder schlecht die zurückliegende Spielzeit 2024/25 wirtschaftlich ohne Hauptsponsor, ohne Play-off-Einnahmen und bei durchschnittlich noch weniger Zuschauern, 1774 statt davor 1924, war für die Pioneers, werden die Geschäftszahlen erst in einem Jahr schwarz auf weiß belegen. Aber: Die aktuelle Situation lässt nichts Gutes erahnen. Zumal ja irgendwer im Feldkircher Eishockeykosmos die fällige Finanzamt-Nachzahlung zahlen musste, oder, falls eine Ratenzahlung vereinbart wurde, zahlen muss, die aufgrund der festgestellten Abgabenhinterziehung beim seinerzeitigen VEU-Spielbetrieb fällig wurde. Zur Unzeit kommt freilich auch die vom Land Vorarlberg verkündete Kürzung der Förderung für Profi- und Halbprofiorganisationen. Das Sportreferat hat diese Strukturförderung mit 100.000 Euro gedeckelt, womit die Pioneers nach NEUE-Informationen auf über 100.000 Euro verzichten müssen. Diese Kürzung führt die Pioneers an den Rand des Machbaren. Klar ist: Mit der drastischen Förderungskürzung hat das Land Vorarlberg die Profiorganisationen massiv unter Zugzwang gesetzt. Für die Pioneers hat die Kürzung regelrecht dramatische Folgen, auch wenn man das im Landhaus nicht gerne liest.
Seit 2. April gibt es von den Pioneers keine Neuigkeiten mehr. Der Dauerkartenverkauf, der im Vorjahr am 18. April begann, ist nach wie vor nicht angelaufen – wir schreiben Anfang Juni, der Saisonstart ist weniger als 100 Tage entfernt. Der bislang präsentierte PIV-Kader umfasst neun Spieler, drei davon, Matthias Mader, Mark Mussbacher und Ben Summer, wird man wohl mehrheitlich bei Kooperationsverein EC Bregenzerwald in der Alps Hockey League sehen. Bleiben sechs Spieler, zu denen auch das Torhüter-Duo Madlener/Caffi zählt. Damit umfasst der Kader vier ligataugliche Skater: die Verteidiger Roni Allén, Ivan Korecky und Ramón Schnetzer sowie Stürmer Julian Metzler. Da Oskar Maier in den vergangenen Tagen nicht mehr auf den Free-Agents-Listen auftauchte und jeder andere Verein die Verpflichtung wohl kommuniziert hätte, könnte er bei den Pioneers verlängert haben. Andere Österreicher wie Tobias Reinbacher oder Jannick Wernicke haben die Feldkircher ob der geringen Spielzeit einigermaßen enttäuscht verlassen, Luca Erne schaffte den (Ab-)Sprung zu Villach.

Verunsicherung
Aus Beraterkreisen ist ganz allgemein zu hören, dass sie die Pioneers aktuell am Markt praktisch nicht wahrnehmen. Zuletzt, man glaubt es kaum, meldeten sich einige völlig verunsicherte Feldkircher Spieler der Vorsaison bei anderen Klubs – um bei ihren Kontakten nachzufragen, ob sie Informationen darüber hätten, wie es bei den Pioneers denn weiterginge. Weitergehen wird es in Feldkirch, davon kann man schon ausgehen, man wird sein Glück wohl wieder am nordamerikanischen Uni-Spielermarkt versuchen und mit einem Low-Budget-Kader in die Saison gehen. Warum die Pioneers noch nicht kommuniziert haben, dass Johannes Nygard der neue Headcoach wird, ist jedoch mehr als nur verwunderlich: Die Entscheidung zugunsten des Assistant-Coaches der Vorsaison soll schon vor vielen Wochen gefallen sein. Eigentlich weiß jeder davon, der sich in der Vorarlberger Eishockeywelt bewegt. Dass Verunsicherung entsteht, wenn selbst solche Entscheidungen nicht kommuniziert werden; und dass ein monatelanges Abtauchen für Spekulationen sorgt, sollte auf der Hand liegen. Zuletzt kursierten in Pioneers-Kreisen immer wieder mal Gerüchte um einen neuen Hauptsponsor. Doch die gab es auch im Vorjahr nach dem Rückzug von Bemer. Außerdem könnten die Gerüchte um einen neuen Geldgeber auch nur verbreitet worden sein, um die Spieler ruhig zu halten: Denn da warten dem Vernehmen nach noch einige auf beträchtliche Geldsummen.
1,77 Millionen Euro
Ob das alles Sinn macht, müssen Gleim und Co. wissen. Vor allem stellt sich auch die Frage, wo dieser ständige Überlebenskampf überhaupt hinführen kann. Die Vorarlberger Fahnen in der ICE Hockey League hochzuhalten ist ja ein hehres Unterfangen, die Frage ist, ob das Risiko, auch im Sinne des Feldkircher Eishockeystandorts, vertretbar ist: In Summe weist die Geschäftsbilanz der Pioneers Betriebs GmbH nach zwei Spielzeiten einen Bilanzverlust von 1,77 Millionen Euro auf. Anders ausgedrückt: Die Teilnahme an der ICE-Liga hat die Pioneers in den Spieljahren 2022/23 und 2023/24 annähernd zwei Millionen mehr gekostet, als sie eingenommen haben – ausgeglichen eben durch private Kapitaleinlagen. Wie der ICE-Spielbetrieb in Feldkirch irgendwann mal profitabel werden soll, erscheint ob solcher Zahlen völlig schleierhaft. Ein neuer Sponsor würde ganz offensichtlich nur die jährlichen Abgänge minimieren und nur bedingt neue sportlichen Perspektiven eröffnen.
Modus
Dieser Tage fand mit Pioneers-Beteiligung die Generalversammlung der ICE-Liga statt, dabei wurde ein Festhalten am aktuellen Modus beschlossen: Die letzten drei Teams scheiden also nach dem Grunddurchgang aus, was die PIV-Klubverantwortlichen um eben Groß und Michael Lampert finanziell und sportlich unter Druck setzt: Stellt man keinen Kader zusammen, der sofort wettbewerbsfähig ist und die Top zehn erreichen kann, droht abermals das Saisonaus nach der regulären Saison: Es wäre das vorzeitige Saisonaus in vier Jahren. Die Konkurrenz um Platz zehn rüstet jedenfalls mächtig auf. Die Vienna Capitals machen einen gewaltigen Sprung nach vorne, beim HC Pustertal scheinen sie die Lehren aus der durchwachsenen Vorsaison gezogen zu haben, und bei Olimpija Ljubljana, die ohnehin schon deutlich stärker als die Pioneers waren, wollen sie offenbar den nächsten Schritt machen. So konnten es sich die Slowenen leisten, den Ex-Feldkircher Clayton Kirichenko aus der Slowakei zurück in die Liga zu holen. Wollen die Pioneers mit der Liga-Entwicklung mithalten, muss man mindestens einen so großen Schritt nach vorne machen wie die Konkurrenz. Das wird gelinde gesagt schwierig.

Offenheit gefragt
PIV-Sportdirektor Lampert weilt derzeit noch im Urlaub, nach seiner Rückkehr in den kommenden Tagen, davon ist auszugehen, werden die Feldkircher Neuigkeiten veröffentlichen: Weil sie es schlichtweg müssen. Dieser Tage starten bei den ICE-Klubs für gewöhnlich die ersten Sommercamps, man muss jetzt durchstarten in der Montfortstadt. Und sowieso: Die Fans lechzen nach Informationen, sie wollen Anreize für einen Dauerkartenkauf und die Aussicht, sich auf eine spannende Saison freuen zu können. Eine weitere Möglichkeit wäre es für die Pioneers-Bosse, mal einfach offen und ehrlich über die aktuellen Umstände zu sprechen, das wäre sympathisch. Dass es in Zeiten wie diesen schwierig ist, in Vorarlberg einen Profieishockeyklub zu führen, versteht wohl jeder, einfach so zu tun, als wäre alles bestens, obwohl völlig offensichtlich ist, dass nichts bestens ist, ist dagegen keine smarte Lösung. Diese Strategie hat die Feldkircher schon in den vergangenen Jahren nicht weitergebracht und eigentlich nur etwas geschürt: Misstrauen. Und das ist kein gutes Klima für Pionierarbeit.