Schuler siegt sechsfach – Rupp tritt zurück

Leichtathletik. Die VLV-Meisterschaften in Lustenau wurden großteils von Mehrkämpfern dominiert, so sammelten Chiara-Belinda Schuler oder Laura Hehle Titel um Titel. Für Hürden-Ass Zsombor Klucsik geht es zum EYOF, während Angelina Rupp erneut das U23-EM-Ticket verpasste und einen Schlussstrich zieht. Isabel Posch und Anna Mager mit Österreich Siebte bei Team-EM.
Der Parkplatz am Lustenauer Parkstadion war überfüllt, Grund bei Temperaturen um die 32 Grad waren aber weniger die Vorarlberger Leichtathletik-Meisterschaften von der Altersklasse U12 bis zur allgemeinen Klasse, sondern doch eher das angrenzende Parkbad. So war ein Bild während der dreitägigen Titelkämpfe bezeichnend: Dort, wo Schatten war, und sei es nur von einem aufgestellten Schirm, sammelten sich Athleten wie Zuschauer, nur diejenigen, die gerade im Einsatz waren, setzten sich dem erbarmungslos von oben strahlenden Stern aus. Wie jedoch fast immer gab es auch diesmal Athleten, die den kleinen, aber feinen Unterschied ausmachten. Athleten, die bei fast allen Gegebenheiten „funktionieren“, sich keinen Kopf machen über etwaige schwierige Bedingungen und ihre Leistung abrufen.
Mehrkämpferin Chiara-Belinda Schuler (TS Hörbranz) entschied sich gut drei Wochen vor den World University Games im Ruhrgebiet, sechs Disziplinen an drei Tagen zu absolvieren, also beinahe einen Siebenkampf. Über 100 Meter Hürden durfte sich die Hörbranzerin an Tag drei gar über eine neue persönliche Bestleistung (pB) von 13.65 freuen, im Weitsprung sprang sie 5,99 Meter, die Kugel stieß sie auf 13,29. Begonnen hatte die Siegesserie mit dem Diskus, 36,81 Meter (pB) mit dem Gerät, welches Schuler nur hin und wieder auspackt, bedeuteten Bestweite in der Frauenklasse – was eigentlich alles über die Konkurrenz in der allgemeinen Klasse aussagt. Noch bedenklicher sei jedoch laut Landestrainer Sven Benning der achte Platz mit dem Diskus bei den nationalen Titelkämpfen letztes Jahr gewesen. Gold Nummer fünf und sechs heimste die 24-Jährige im Hochsprung (1,61) und Speerwurf (43,57) ein. Vor allem mit dem Speer, vor gar nicht allzu langer Zeit die Paradedisziplin (pB 51,12), hakt es jedoch derzeit ziemlich.

Nicht allein dagestanden
„Früher hatte Chiara eine extreme Rücklage im Weitsprung, jetzt ist das Fluggefühl ein anderes. Sie meinte nach den 5,99, es hätte sich komisch angefühlt, ich entgegnete, nein, nicht komisch, sondern richtig“, meinte Sven Benning, der im Hinblick auf den Siebenkampf in Wattenscheid am 23./24. Juli 6,20 Meter durchaus als machbar ansieht. Benning wird als Teamleiter der neunköpfigen Leichtathletik-Mannschaft ins Ruhrgebiet reisen. Dass sein Schützling nicht bei der zeitgleich stattfindenden Team-EM in Maribor war, ist für den Deutschen „kein Fehler. Wir konnten hier viel mehr testen.“ Schade sei es etwa über die Hürden gewesen, dass Schuler niemanden neben sich hatte. „Gerade im Endspurt wäre eine Konkurrentin gut gewesen“, meinte auch die Hörbranzerin selbst, die jedoch froh sei, dass überhaupt ein paar Trainingskolleginnen da waren, „sonst wäre ich allein dagestanden. Und im Hochsprung oder Diskus war das oberste Podest nicht von vornherein klar, da freut es mich doch ziemlich“, ließ die ehemalige VLV-Siebenkampfrekordhalterin, die dabei die österreichische U18-Meisterin Teresa Geser von der TS Egg (die ebenfalls 1,61 sprang und danach auch die neunköpfige Speerwurfkonkurrenz ihrer Altersklasse klar gewann) mit einbezog, wissen. Von der TS Egg machte zuletzt noch ein weiterer Athlet auf sich aufmerksam: 400-Meter-Hürdenspezialist Zsombor Klucsik, der sich ebenfalls bei den nationalen U18-Meisterschaften in Innsbruck in 53.04 mit über drei Sekunden Vorsprung seinen ersten österreichischen Meistertitel sichern konnte, dort neuen U18-Landesrekord lief und sich damit an die vierte Stelle von Europas U18-Jahresbestenliste setzte, qualifizierte sich für das 18. European Youth Olympic Festival (EYOF) 2025, das vom 20. bis 26. Juli in Skopje (Nordmazedonien) stattfindet.
In Lustenau ließ es sich Klucsik nicht nehmen, jenseits der erwähnten 30 Grad die 400 Meter in 49.69 zu bewältigen. „Das war vor Skopje das letzte Mal, dass ich die 400 flach gerannt bin. Über die Hürden laufe ich die Strecke lieber, da passiert es mir nicht, dass ich zu schnell angehe, da ich dort meinen Rhythmus habe“, erklärt der 15-Jährige, der, wie er meinte, „ganz neutral“ an die Sache herangegangen sei. „Ich habe immer gewusst, dass da mehr geht, auch, als ich das U18-EM-Limit erreicht habe, aber die 53.04 sind schon gut. Aber auch da weiß ich, dass ich noch schneller laufen kann.“
Nur aufwärts
Wie es denn nun sei, in Europa die Nummer vier zu sein? Zsombor Klucsik überlegt nicht lange, „es ist schon ein gutes Gefühl“, aber irgendwie gewinnt man den Eindruck, dass er sich nicht lange damit aufhalten will. Ziemlich rasant geht es gerade aufwärts bei dem 15-Jährigen, der 15 Schritte zwischen den Hürden läuft und sich noch nicht einmal aufregt, wenn jemand Probleme bei der Aussprache seines Namens hat.
Mit Lorenz Wirth (TS Lauterach) war ein weiterer Mehrkämpfer bei den Landesmeisterschaften im Einsatz, der etliche U18-Bewerbe für sich entscheiden konnte, im Diskuswurf stellte er mit 44,97 Metern eine neue pB auf. Allerdings klappte es bei ihm nicht mit einer EYOF-Teilnahme, in Bernhausen (GER) stieg Wirth nach der vierten Disziplin aus, als klar war, dass der Zehnkampf in Skopje ohne ihn und mit Lucas Gschier (ULC Mödling) stattfinden wird. In der weiblichen U16 war es Laura Hehle (SV Lochau), die in Lustenau den hohen Temperaturen trotzte, und nicht „nur“ über 100 Meter, den Hürdensprint, im Weit- und Hochsprung gewann, sondern alle vier Disziplinen auch noch mit persönlichen Bestleistungen abschloss. Weiterhin verletzungsbedingt musste Amy Salzgeber (Jahn Lustenau) in den meisten Disziplinen passen.
Schock für Rupp
Bis zur sechsten Disziplin war für Angelina Rupp bei den Tiroler Mehrkampfmeisterschaften die Welt ebenfalls noch in Ordnung. Doch dann ereilte die Teamkollegin von Chiara Schuler in Schwaz ein Déjà-vu, auf das sie liebend gerne verzichtet hätte. Denn wie bei den Mehrkampfmeisterschaften vor wenigen Wochen in Lustenau bedeutete der Speerwurf das Ende aller Träume, in diesem Fall die Teilnahme an der U23-EM in Bergen (Norwegen). „Wie gehabt, 43 Meter mit dem Speer und 2:19 über die 800 Meter“, rechnete Sven Benning vor den abschließenden zwei Disziplinen von Rupp in Schwaz – was also die gleiche Ausgangslage wie schon in Lustenau bedeutete, als Rupp mit 5589 Zählern zwar eine neue pB aufstellte, jedoch 61 Punkte zu wenig für das EM-Limit sammelte. Weil der Speer zu wenig weit flog und dies über 800 Meter nicht mehr wettzumachen war. In Schwaz waren es 14.13 über die Hürden, 1,70 Meter im Hochsprung, 11,39 mit der Kugel, 24,88 über 200 Meter und 5,69 im Weitsprung, ehe der Speer bei indiskutablen 38,44 abstürzte, weshalb die 21-Jährige zu den zwei Stadionrunden erst gar nicht mehr antrat.
„Ich war den ganzen Tag schon fertig, und einfach froh, dass der Weitsprung noch recht gut funktioniert hat. Dann kam mein Sorgenkind, der Speer. In letzter Zeit hat es einfach nicht mehr funktioniert und ich weiß auch nicht, woran es lag. Beim Einwerfen habe ich mich noch gut gefühlt und der Speer ist recht gut geflogen. Aber es war für mich ein Schock, als sie die Weiten angegeben haben, weil auf dem Rasen auch keine Weitenangaben standen“, blickte Angelina Rupp für die NEUE noch einmal auf das Erlebte zurück und gab zu, sich hernach einfach nur auf den Boden gesetzt und geweint zu haben.
Am späten Abend ließ die Hörbranzerin, die 15 Jahre Leichtathletik betrieben hat, dann wissen: „Ich bin stolz auf meine Leistungen in diesem Jahr, ich habe mein Bestes gegeben, aber es hat nicht gereicht, mich zum Abschluss für die U23-EM zu qualifizieren. Daher ziehe ich einen Schlussstrich und höre auf“, so Rupp, die damit durchblicken ließ, dass sie Ende des Jahres aufhören wollte. „Es gibt in der U23 in nächster Zeit kein Großereignis mehr, und für das Limit in der allgemeinen Klasse müsste ich noch sehr viel mehr Zeit investieren. Ich möchte aber auch Zeit mit meinem Freund verbringen, andere Sportarten ausprobieren. Und weniger arbeiten kommt für mich nicht infrage“, so die Elektrotechnikerin der Firma Doppelmayr – und Ex-Siebenkämpferin.

Platz sieben für Posch und Co.
Bei der 2. Division der Leichtathletik-Team-EM in Maribor (SLO) belegte Österreich in der Endabrechnung der Nationenwertung mit nicht erwarteten 318 Punkten den ausgezeichneten siebten Platz unter 16 teilnehmenden Nationen, der Sieg ging mit 451,5 Punkten an Favorit Belgien. Österreich schaffte somit souverän den angestrebten Klassenerhalt und kann auch 2027 in Istanbul in der 2. Division antreten. In der Gesamtabrechnung aller drei Divisionen belegt das ÖLV-Team damit aktuell die historische Position 23 im Europa-Ranking. Zwei Vorarlbergerinnen hatten dabei einen maßgeblichen Anteil: „Es ist Großereignis und Anna Mager von der TS Jahn Lustenau liefert ab, das ist ja ein altbekannter Grundsatz“, war auf der ÖLV-Homepage nach Tag eins der Team-EM zu lesen. Auch diesmal war die junge Vorarlbergerin auf den Punkt in Hochform und lief die Stadionrunde noch nie so schnell wie zuvor in ihrer Karriere. Mit 54.19 konnte sie 23-Jährige Rang elf belegen, womit sechs Zähler in die Gesamtwertung kamen.
Und Isabel Posch von der TS Lustenau steuerte mit ihrem Team der 4×100-Meter-Staffel im rot-weiß-roten Team gar elf Zähler bei. Die Staffel musste kurzfristig umgestellt werden, da Karin Strametz Schmerzen im Bereich der Achillessehne verspürte. So begann mit Patricia Brunninger die Jüngste im ÖLV-Team, sie übergab auf Magdalena Lindner. Diese und auch die nächste Übergabe auf Isabel Posch gelangen ausgezeichnet, auch der letzte Wechsel auf Viktoria Willhuber klappte ohne Probleme und so kam die Nationalstaffel nach 44.16 Sekunden auf dem insgesamt sechsten Rang ins Ziel. Es war die bisher zweitschnellste Zeit einer österreichischen 4x100m-Frauenstaffel, nur beim Rekord vor gut einem Jahr war das Quartett um 32 Hundertstel schneller gewesen.
von Jochen Dedeleit