Persönlicher Beitrag von Werner Gunz

Die NEUE hat SCRA-Vizepräsident Werner Gunz dazu eingeladen, in einem Gastbeitrag Stellung zum Skandal um die versteckten Kameras zu beziehen.
Von Werner Gunz, SCRA-Vizepräsident
Als uns am Freitag die NEUE-Anfrage erreichte, ob wir zu den aktuellen Berichten rund um die Ermittlungen gegen einen ehemaligen Funktionär des SCR Altach Stellung nehmen möchten, war für mich sofort klar: Ja, wir wollen diese Möglichkeit nützen. Das Thema ist zu sensibel und zu bedeutend, als dass wir es unbeantwortet lassen sollten. Jede Stimme, die zu Aufarbeitung und Sensibilisierung beiträgt, verdient Gehör.
Die Aussagen von Nicola Werdenigg schätze ich sehr. Sie spricht offen über erlebten Missbrauch und zeigt, wie wichtig es ist, dass Betroffene nicht schweigen müssen. Ihre Haltung erinnert mich stark an das, was wir in unserer eigenen Familie erfahren mussten. Auch wir haben erlebt, was Missbrauch bedeutet, wie tief das geht und wie entscheidend es ist, dass Opfer ernst genommen werden und Unterstützung erhalten. Diese persönliche Geschichte hat meine Aufmerksamkeit und Sensibilität für das Thema nachhaltig geprägt.
Als wir im Oktober von den Behörden informiert wurden, dass gegen eine ehemals beim SCR Altach tätige Person ermittelt wird, hat uns das tief getroffen. Niemand stellt sich vor, dass so etwas im eigenen Umfeld passieren könnte. Und dennoch müssen wir uns einer Situation stellen, die uns alle erschüttert. Für uns als Verein stellen sich dieselben Fragen wie für die betroffenen Spielerinnen: Wie konnte das passieren – und was müssen wir jetzt tun?
Unmittelbar nach der behördlichen Information wurde über unseren Anwalt ein Betretungsverbot für alle Vereinsräumlichkeiten und das gesamte Klubgelände ausgesprochen. Die betroffene Person hatte zu diesem Zeitpunkt Wochen zuvor ihren Rücktritt erklärt, war aber aufgrund einer vereinbarten geordneten Übergabe noch in einzelne Prozesse eingebunden. Selbstverständlich wurde diese Übergangsphase sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe abgebrochen.
In der Phase unmittelbar nach der Information der Behörden war für uns aber ebenso entscheidend, die richtigen Schritte zu setzen. Da wir selbst keine Expertise in der Betreuung von Betroffenen oder der Aufarbeitung solcher Vorfälle haben, haben wir uns umgehend an professionelle Opferschutzeinrichtungen gewandt.

Wir haben Kontakt mit VERA – der Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport – aufgenommen und wurden dort hervorragend beraten. Diese Unterstützung hat maßgeblich dazu beigetragen, die nächsten Schritte verantwortungsvoll und strukturiert setzen zu können.
Die Ermittlungsbehörden gaben uns gleichzeitig sehr klare Vorgaben: Wir durften aus ermittlungstaktischen und datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Informationen an Dritte weitergeben. Das bedeutete, dass wir die Spielerinnen zunächst nicht informieren durften – nicht aus mangelndem Willen, sondern weil wir ausdrücklich dazu angehalten wurden.
Sobald die Behörden die Freigabe erteilten – nämlich als der Fall über externe Kanäle an die Medien gelangte –, haben wir zwei Informationsabende organisiert. Beim zweiten Termin waren Vertreter der Polizei anwesend, um Fragen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu beantworten. Dank der fachlichen Beratung durch VERA konnten wir den Spielerinnen bereits beim ersten Informationsabend konkrete Unterstützungsmöglichkeiten anbieten – rechtlich wie psychologisch. Trotz der bereitgestellten Unterstützungsangebote ist bisher keine entsprechende Meldung oder Inanspruchnahme dieser Einrichtungen erfolgt.
Wir respektieren das ausdrücklich: Jede betroffene Person entscheidet selbstbestimmt, wann und ob sie Unterstützung benötigt. Zusätzlich haben wir sowohl neutrale Ansprechpartner als auch vereinsinterne Kontaktpersonen, insbesondere weibliche, für die Spielerinnen geschaffen. Dieses Angebot wurde von mehreren Spielerinnen aktiv genutzt.
Wir verstehen sehr gut, wie belastend diese Situation für die Spielerinnen ist. Einige von ihnen äußerten das Bedürfnis, vorübergehend nicht in den eigenen Wohnungen bleiben zu wollen, weil sie sich dort nicht sicher fühlten. Der Verein hat daraufhin umgehend Hotelunterkünfte organisiert und selbstverständlich auch die Kosten übernommen. Den Spielerinnen stellten wir außerdem frei, ob sie trainieren oder spielen möchten – für viele war es wichtig, ein Stück Normalität zurückzubekommen, und die gesamte Mannschaft hat sich entschieden, den Spielbetrieb aufrechterhalten zu wollen.
Ihre Sorgen und Ängste nehmen wir sehr ernst. Niemand im Frauenbereich – weder Spielerinnen noch Trainerinnen oder Betreuerinnen – hatte zuvor Hinweise gegeben, die auf ein Fehlverhalten hingedeutet hätten. Auch wir als Verein wurden getäuscht. Die Verantwortung dafür trägt ausschließlich die beschuldigte Person.
Es handelt sich weiterhin um ein laufendes Ermittlungsverfahren, in dem auch wir nur begrenzte Einblicke haben und viele Informationen – wie die Spielerinnen – hauptsächlich aus den Medien erhalten. Dennoch ist für uns klar, dass wir die in den vergangenen Monaten gemachten Erfahrungen aktiv nutzen werden, um unsere internen Strukturen weiter zu stärken, Prozesse zu überprüfen und dort nachzuschärfen, wo es notwendig ist.
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wollen wir zudem anderen Vereinen zur Verfügung stellen. Unser Ziel bleibt unverändert: Betroffene bestmöglich unterstützen, Vertrauen zurückgewinnen und alles daransetzen, dass derartige Grenzüberschreitungen nicht mehr passieren.